Nette Menschen

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Die Orangenscheibe darf nicht fehlen! (Foto: Rainer Sturm/pixelio.de)

Schon den ganzen Morgen rennt Elli kopfschüttelnd durchs Büro. Wie ein Mantra murmelt sie immer wieder den selben Satz: „Es liegt nicht an mir. Es liegt nicht an mir. Es liegt nicht an mir.“ Die letzten Tage waren hart für sie, sehr viel Arbeit, ein krankes Kind zuhause, Auto kaputt. Trotzdem hat sie noch für jeden, der ihr begegnet, ein Lächeln übrig und begrüßt alle Kollegen mit einem beschwingten „Guten Morgen!“ So schaffst sie es einigermaßen gut gelaunt durch den Vormittag. Pünktlich um 12.20 Uhr macht sie sich auf den Weg runter in die Küche, um sich dort über ihren mitgebrachten Nudelauflauf herzumachen. Ihr Magen knurrt schon seit einer Stunde, denn bei all dem Stress hatte sie natürlich keine Zeit zu frühstücken. Als sie die Tür zur Küche öffnet und ein fröhliches „Mahlzeit!“ in die Runde wirft, hört sie nur Herrn Schmidt laut rufen: „Abhauen! Mir platzt hier bald der Kragen!“

„Na, danke!“, entgegnet Elli verwirrt, „ich reiße mich hier seit Tagen zusammen und bin immer freundlich und jetzt muss ich mir ohne Grund so etwas anhören?“
„Ich mein doch nicht dich. Da draußen marschieren mal wieder zehn Idioten mit Plakaten vorbei!“ „Na immerhin, grad noch die Kurve gekriegt!“, Elli schnauft erleichtert, „das war gestern bei meinem Interview anders.“ Am Tag zuvor hatte Elli einen Interviewtermin mit einer berühmten Schauspielerin. Sie hatte sich intensiv vorbereitet und sich auch sehr auf die Begegnung gefreut. Nun sind Menschen im wahren Leben manchmal ganz anders als man sie aus den Medien kennt. Besagte Schauspielerin entpuppte sich als eher schlechtgelaunte und sehr verkrampfte Gesprächspartnerin, die auf das Angebot von Elli, ihr doch eine Visitenkarte dazulassen, mit folgendem Satz reagierte: „Nein danke, die schmeiß ich eh gleich weg.“ Was soll man da noch sagen? Elli war jedenfalls einigermaßen sprachlos und froh, dass das Interview dann auch zu Ende war.

Nun, heute hat sie sich ja wieder gefangen, das Missverständnis mit Herrn Schmidt ist auch geklärt – also kann man zur gemeinsamen Abendplanung übergehen. „Wie schaut’s aus, Kollegen? Steht der Termin heute Abend noch? Kleines After-Work-Treffen?“, fragt Paula. „Unbedingt!“, sind sich alle einig.

Ein paar Stunden später steht Elli an der Bar. Nach kurzem Grübeln entscheidet sie sich: „Einen Sekt-Aperol, bitte. Den hab ich mir heute echt verdient!“ „Sekt-Aperol?“, fragt die Bedienung zurück. „Ja, bitte! Das haben sie doch, oder?“, fragt Elli zurück. „Ja“, murmelt er schlecht gelaunt, „aber jetzt muss ich ja nur wegen Ihnen eine Orange aufschneiden!“