„Jedes Kind hat ein Recht auf ein gesundes und gewaltfreies Aufwachsen“ – hinter dieser Forderung steht das Netzwerk Kindeswohl und Kindergesundheit, das landesweit in Rheinland-Pfalz, in jeder Stadt und jedem Landkreis seine Kräfte bündelt, um allen Mitgliedern unserer Gesellschaft eine sorgende und zukunftsweisende Stütze zu sein immer dann, wenn sie es brauchen. Seit zehn Jahren besteht das Netzwerk nun auch im Landkreis Germersheim. Ärzte, Lehrer, Juristen, Mitarbeiter von Sozial- und Jugendämtern sowie der Agentur für Arbeit, Hebammen, Polizisten, Physiotherapeuten u. v. m. ziehen an einem Strang, um Familien einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten jeglicher Art zu ermöglichen. Indem die Netzwerkmitglieder ihre Expertise zur Verfügung stellen, bauen sie eine Brücke zwischen dem Menschen auf der einen und dem für manch einen schier undurchdringlich erscheinenden Dschungel aus Behörden, Ämtern und Anträgen auf der anderen Seite.

Germersheim steht Eltern und Kindern seit zehn Jahren im Behörden-Dschungel zur Seite
„Netzwerkarbeit ist für mich ein wertvoller Austausch.“ „Ich bin dabei im Netzwerk Kindeswohl des Kreises Germersheim, weil nur mit vielen Maschen ein sicheres Netz für Kinder gestrickt werden kann.“ „Denke ich an Netzwerk, denke ich an ein Schutzkonzept.“ Im Vorfeld der diesjährigen Netzwerkkonferenz wurden die Mitglieder des Netzwerks Kindeswohl und Kindergesundheit im Landkreis Germersheim gefragt, warum sie sich dazu entschieden haben, Teil des Netzwerks zu werden, und was Netzwerkarbeit für sie bedeutet. Die Antworten der Mitglieder lassen erkennen: Eltern und Kindern eine schnelle, unkomplizierte und vor allem kostenfreie Hilfe anbieten zu können, ist für jeden einzelnen eine Herzenssache. „Schnell und unkompliziert bedeutet zum Beispiel, dass es in unserem Netzwerk für unsere Frühen Hilfen durch Familienhebammen und Familiengesundheits- und -kinderpflegerinnen keine Anträge und keine Wartezeiten gibt“, betont Annette Heck, Netzwerkkoordinatorin im Landkreis Germersheim, und nennt ein reales Beispiel, bei dem die Arbeit des Netzwerks deutlich wird: „Vor einiger Zeit rief eine verzweifelte Frau bei mir im Jugendamt an. Sie weinte. Die Frau erzählte mir, dass ihr Baby neun Monate alt sei, keine Nacht schliefe und immer nur am Schreien sei. Sie berichtete zudem, dass sie selbst unter Herz-Rhythmus-Störungen leide. Der Frau musste schnellstmöglich geholfen werden. Mit ihrem Einverständnis gab ich ihre Telefonnummer an die Familienhebamme unseres Netzwerks weiter. Schon am nächsten Tag besuchte diese die Frau und schon nach wenigen Tagen entspannte sich die Situation merklich für Mutter und Kind. Nach einiger Zeit begann das Kind sogar durchzuschlafen. Das ist das, was wir uns unter Frühen Hilfen vorstellen“, beendet Annette Heck ihre Ausführungen.

Vor zehn Jahren trat das neue Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit in Kraft. „Entstanden ist es aus einem traurigen Anlass heraus. Leider gab es im Bundesgebiet einige Fälle, bei dem es Kindern sehr schlecht erging oder sie sogar zu Tode kamen, obwohl Jugendhilfe, Beratungsstellen und Schulen involviert waren“, erinnert sich Heck. „Informationen wurden nicht weitergegeben, niemand wusste, an wen man sich wenden kann. Jeder wusste zwar ein bisschen etwas, aber die Informationen wurden nicht zusammengetragen. Und niemand übernahm die Verantwortung.“ Das Landeskinderschutzgesetz ist entstanden, um eine Brücke zwischen den verschiedenen Beteiligten im Netzwerk zu bauen. „Die Mitglieder kennen sich untereinander und wissen, wer für welche Bereiche zuständig ist“, so Heck.

Ziel des Gesetzes ist, die Lebensbedingungen von Kindern und ihren Familien „im Blick zu haben“. Belastungen von Familien sollen frühzeitig erkannt werden, um rechtzeitig und angemessen Hilfe und Unterstützung anbieten zu können.

„Netzwerk funktioniert nur auf Augenhöhe und nur, indem man gemeinsame Zielsetzungen hat“, betont Denise Hartmann-Mohr, Leiterin des Kreisjugendamts. An diese Haltung knüpft auch der Leitgedanke des Landeskinderschutzgesetzes in Rheinland-Pfalz an: Gemeinsam mit und für Familien. „In den Verbandsgemeinden haben wir Runde Tische zum Thema ‚Familien stärken‘ und auch hier sind die Akteure vor Ort sehr präsent“, erzählt Hartmann-Mohr. „Dieses Selbstverständnis zeichnet unseren Landkreis aus – gemeinsam haben wir das Ziel, Kinder, Jugendliche und Familien in unserem Landkreis zu unterstützen.“
Schon vor Inkrafttreten des Landeskinderschutzgesetzes gab es Hilfen für Familien, „aber für Außenstehende war dies manchmal in einem Dschungel, viele fanden sich nicht zurecht“, sagt Heck. „Durch das Netzwerk hat sich erheblich etwas geändert.“ „Wir sind zunehmend die Lotsen durch dieses Dschungel-Dickicht“, ergänzt Hartmann-Mohr stolz.
Trotz der sehr positiven Entwicklungen besteht nach wie vor Bedarf zu einer engeren Vernetzung mit dem Gesundheitssektor. „Wir haben leider nur wenig Kontakt zu Ärzten, was wahrscheinlich der völligen Überarbeitung dieser geschuldet ist“, glaubt Annette Heck. „Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir es schaffen, auch diese Brücke zu bauen – damit es Kindern gut geht!“ „Dazu gibt es auch erste Ideen, die wir bald konkretisieren und mitteilen können“, fügt Denise Hartmann-Mohr hinzu.