Offenbach. Jahrelang wurde in Offenbach diskutiert: Soll das alte Rathaus saniert oder doch besser abgerissen werden. 2015 dann, nach zahlreichen Prüfungen, Berechnung Abwägungen etc., stand der Beschluss fest: Abriss. Die Sanierung wäre am Ende doch teurer als ein kompletter Neubau geworden. Seit einigen Monaten wird also kräftig gearbeitet: Ein Teil des alten Rathauses ist bereits entfernt, um Platz für den Neubau zu machen, dessen Rohbau vor kurzem abgeschlossen werden konnte. Zeitplan und Kosten – alles im Rahmen, so heißt es aus dem Rathaus. 

Neben den Kosten muss aber, in der heutigen Zeit dringender denn je, auch der Nachhaltigkeitsaspekt betrachtet werden. Und so spielt Klimaschutz auch bei diesem Projekt eine zentrale Rolle: Im Zuge der Bauarbeiten wird in der Verbandsgemeinde Offenbach ein „Konzept der kalten Nahwärme“ umgesetzt. Der Keller des alten Rathauses könnte dabei eine zentrale Rolle spielen. 

Kalte Nahwärme – was auf den ersten Blick merkwürdig klingt, wird in Zukunft für emissionsarme (Heiz-)Energie sorgen. Queichtal Energie und die Projektentwicklung von Energie Südwest haben gemeinsam ein Konzept für Offenbach entwickelt: Dabei wird ein (Wasser-)Netz errichtet, dessen Systemtemperatur bei rund 10°C liegt. Dezentrale Wärmepumpen sorgen in den einzelnen angeschlossenen Gebäuden für Wärme, im Sommer kann mit diesem System auch gekühlt werden. Eines der zentralen Elemente des Systems ist also die Wassertemperatur, die durch verschiedene Wärmequellen gehalten werden soll. Einen großen Beitrag leistet dabei die oberflächennahe Geothermie, aber auch Trinkwasser, das an Wärmetauscher angeschlossen ist, Solarthermie, Abwärme aus Gewerbe und Industrie usw. kann genutzt werden, um die Systemtemperatur zu halten. 

PVT-Kollektoren auf dem Dach des neuen Rathauses in Offenbach versorgen das Netz mit Wärme und Energie. (Foto: Consolar)

Damit das alles optimal funktioniert, braucht es außerdem Wärmespeicher, auf die man bei Bedarf zurückgreifen kann. Und an dieser Stelle kommt der Keller des alten Rathauses ins Spiel, wo ein solcher Speicher untergebracht werden könnte. Verbandsbürgermeister Axel Wassyl hat diese Idee ins Spiel gebracht: „Den alten Keller zu nutzen, spart einerseits Abrisskosten und ist außerdem eine nachhaltige Lösung!“, erklärt er im Gespräch. „Da die Keller-Räume vom Speicher nicht komplett genutzt werden müssten, könne man freie Flächen außerdem als Lager für feuchtigkeitsunempfindliche Dinge nutzen.“ Sein Konzept zur Nutzung des alten Rathauskellers muss noch mit dem Verbandgemeinderat abgestimmt werden. „Mir fällt aber kein Argument ein, das dagegen sprechen könnte“, so Wassyl. Eine bauliche und statische Prüfung steht allerdings noch aus. Wassyl ist jedoch zuversichtlich, dass bei Problemen in dieser Hinsicht, einfache Lösungen gefunden werden können.

Unabhängig von der Nutzung des alten Rathauskellers wird das Netz der kalten Nahwärme bereits in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen. Erste Leitungen sind verlegt und sobald die Hybridmodule der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Neubaus montiert sind, ist das System einsatzbereit. Angeschlossen an das Netz sind zunächst neben dem Rathaus selbst vor allem öffentliche Gebäude wie die Sporthalle, das Feuerwehrhaus und der Kindergarten, aber langfristig sollen auch die Offenbacher Privathaushalte integriert werden. Der Verbandbürgermeister berichtet, dass einige Anwohner bereits konkrete Absichten formuliert haben, ihr Haus ans Netz anzuschließen, sobald die Rahmenbedingungen alle feststehen. (hea)