Palmer auf dem Holzweg

Boris Palmer hat ein Problem mit der Deutschen Bahn. Nicht, weil sie nicht pünktlich kommt – gut, deswegen vielleicht auch, aber das wissen wir nicht sicher. Was wir wissen: Ihm gefällt eine aktuelle Werbekampagne und die Auswahl der Models dafür nicht. Das hat er vergangene Woche in einem Facebook-Beitrag verlauten lassen.

Eins vorweg: Ich glaube gar nicht – wie die Bahn – dass Boris Palmer bewusst ein Problem mit einer offenen und bunten Gesellschaft hat. Er hat ja letztendlich nur hinterfragt, warum die Bahn ausgerechnet diese fünf Bilder gewählt hat. Hinterfragt hat er das, weil die Bilder „den Eindruck erwecken, dass (er) nicht mehr Teil der Gesellschaft (ist) oder sein soll“.
Nun muss man aber doch trotzdem die Gegenfrage stellen: Warum denn? Es gibt so viele Gemeinsamkeiten mit Boris Palmer: Wir sehen Männer, wir sehen graue Haare, wir sehen Deutsche Staatsbürger, wir sehen Menschen, die gerne Bahn fahren … Wir sehen noch viel mehr, was Herrn Palmer mit diesen Menschen verbindet. Aber für den Anfang reicht das doch schon. Dass die Bahn mit fünf Bildern einer Werbekampagne kein repräsentatives Bild der (deutschen) Gesellschaft abbilden kann, ist doch logisch! Das schafft man mit fünf Bildern nicht, egal wer oder was darauf zu sehen ist. Die Bahn hat prominente Persönlichkeiten für die Kampagne gewonnen und zusätzlich noch unbekannte Gesichter verwendet. Sehr wahrscheinlich, dass da Menschen im Hintergrund bewusst nicht lauter „weiße, alte Männer“ gewählt haben. Aber sie wollten ja auch nicht „die Gesellschaft abbilden“ – das ist schließlich eine Werbekampagne der Deutschen Bahn. Nicht das Statistische Bundesamt.

Ist man in der heutigen Zeit verpflichtet, eine möglichst „bunte“ Werbung zu machen? (Das suggeriert Palmer in weiteren Statements.) Nein. Verpflichtet ist niemand. Aber ja, vermutlich gäbe es Kritik, wenn die Bahn sich ausschließlich auf „Bio-Deutsche“ konzentriert hätte. Ist das schlimm? Überhaupt nicht. Warum sollte es? Weil es „Rassismus andersrum“ ist, wie Boris Palmer zu erklären versucht? So ein Quatsch. Das ist ein bisschen wie „Toleranz für Intoleranz“ zu fordern. Hier wird niemand bewusst ausgegrenzt. Im Gegenteil, es wird sich bewusst geöffnet.

Und da kommen wir wieder zum Ausgangspunkt: Hat Boris Palmer ein Problem mit einer offenen und bunten Gesellschaft? Ein Problem vielleicht nicht, aber wenn er meint, sich mit diesem Personen nicht identifizieren zu können und wenn er denkt, als Deutscher ohne Migrationshintergrund ausschließlich von Deutschen ohne Migrationshintergrund repräsentiert werden zu können, dann hat er das Grundprinzip einer offenen und bunten Gesellschaft zumindest nicht verstanden.

Hintergrund:
Hier finden Sie den Original-Beitrag von Boris Palmer.

Anne Herder

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