Bellheim. Obwohl Dr. Christian Beck aus Bellheim seine Praxis bereits an eine Nachfolgerin übergeben hat, springt er noch gerne als Vertretung ein und unterstützt wo er kann. „Ich habe keine Lust mehr auf Organisationskram“, sagt der Siebzigjährige, „Aber als Arzt arbeiten und meine Patienten wiedersehen – das macht immer noch Freude!“ Selbst im Urlaub ist Beck ganz Mediziner. Er fährt als Schiffsarzt auf Großseglern, sogenannten „Windjammern“, über die Weltmeere. 

„Obwohl die Großsegelei auf den ersten Blick ziemlich unfallträchtig wirkt, passiert eigentlich nie etwas“, erzählt Beck, „Die gefährlichen Sachen machen ausgebildete Leute. Aber wenn mal was schiefgehen sollte, habe ich einen wohlsortierten Notfallkoffer dabei.“ Über Funk kann jederzeit Expertenrat eingeholt und Hilfe durch Rettungskreuzer oder Hubschrauber angefordert werden. In den vergangenen Jahren sei es bei Schnitten in der Küche, Kopfweh, Schnupfen und gelegentlich Seekrankheit geblieben, beschwichtigt Beck. „Wir machen da schließlich Urlaub!“ So ist es auch selbstredend, dass auf den Schiffen gerne Pfälzer Wein mitgeführt wird.

Wenn Christian Beck von seinen Reisen auf hoher See erzählt, wird er fast schon verklärt. Er erzählt, wie er vorn auf einem Windjammer das Wasser beobachtet, das der Bug rauschend, klatschend und spritzend durchschneidet. Er berichtet vom sternklaren Himmel bei Nachtfahrten, wenn sich Stille übers Deck ausgebreitet hat und nur noch Wasser, Wind und das Klappern der Takelage zu hören sind. 

Besonders hat es dem Mediziner der Rhythmus des Schiffsbetriebs angetan: „Du kommst auf das Schiff und bist sofort in einer anderen Welt: Keine Termine, keine Anrufe, keine Mails. Kein ‚Herr Doktor‘, sondern ‚Christian‘. Ein klarer Plan sagt Dir, wann Du mit der Wache dran bist. Ansonsten kannst Du gucken, lesen, in Deiner Kabine schlafen, duschen, plaudern, essen und trinken. Oder Pflaster auf Schnittwunden kleben. Und wenn es Männer sind, sie besonders bedauern“.

Vor acht Jahren hatte Beck mit der Segelei angefangen. Er buchte eine Windjammerreise beim „Hessischen Lloyd“ und blieb fortan der Großsegelei treu. „Man klebt nicht so aufeinander wie auf Yachten. Bei mehr als 20 Leuten finden sich immer welche, die man mag und kann anderen auch aus dem Weg gehen“, erzählt der Schiffsarzt. 

Der „Hessische Lloyd“ nennt sich leicht ironisch „Hessens größte Hochseereederei“. „Die nehmen aber auch Nicht- Hessen mit“, sagt Beck, „da sammeln sich Berufsseeleute, Hobbysegler und völlige Laien, die alle gemeinsam romantisch zur See fahren wollen. Wenn man mit einem großen Zwei- oder Dreimaster in einen Hafen einfährt, ist das schon auch eine tolle Sache“. Anfang Juli fährt Schiffsarzt Dr. Christian Beck aus Bellheim wieder los: Mit „2G plus“ auf einem 37 Meter langen Großsegler nach Kopenhagen. Der Notfallkoffer steht bereit. (per)