Viele Menschen träumen von einer Pilgerreise – egal ob Spanien, Frankreich oder Deutschland. Ein Gefühl von Freiheit, auch das Gefühl wieder zu sich selbst zu finden, sind nur einige Aspekte, die Menschen zu einer Pilgerreise bewegen. Sicherlich macht auch der Reiz des Ungewissen und Unvorhersehbaren eine derartige Reise aus. So ist es nicht verwunderlich, dass schon ein wenig Mut zur Pilgerreise gehört.

Auch viele Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, wünschen sich das besondere Pilgergefühl und möchten sich der Herausforderung stellen. Die Idee, einen barrierefreien Pilgerweg zu entwickeln wurde bereits vor acht Jahren von der Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz – Saarland ins Leben gerufen. Der Verlag Peregrinus in Speyer griff die Idee auf und begann mit der Umsetzung und Erstellung eines barrierefreien Pilgerführers.

Für die Planungen und Realisierung des Weges wurde der Südwestpfälzer Michael „Mitsch“ Schreiner zugezogen. Seit einem Autounfall vor 38 Jahren ist er an den Rollstuhl gebunden. Sofort war er fasziniert von der Vorstellung, einen Weg zu kreieren, den man komplett mit dem Rollstuhl „abrollen“ kann.

(Foto: honorarfrei)

Prüfung im Selbsttest

Für die Tauglichkeit der Strecke ist es enorm wichtig, dass diese im Vorfeld von einem Betroffenen getestet und abgefahren wird. „Oftmals sieht der Fußgänger die kleinste Stufe nicht“, erklärt Schreiner. So machte er sich mit dem Handbike auf den Weg von Worms nach Lauterbourg. Begleitet wurde er von Klaus Jürgen Tischendorf mit dem Rad – 120 Kilometer ohne Stufen, größere Steigungen bzw. größeres Gefälle durch die Rheinebene. Kilometer für Kilometer haben die Beiden die Strecke auf Hindernisse und Zugänglichkeit geprüft.

Zur Barrierefreiheit gehören allerdings nicht nur stufenlose Wege, sondern ganz wichtig sind auch barrierefreie Toiletten. Mit einem sogenannten Euroschlüssel können alle mit diesem System ausgestatteten Toiletten europaweit geöffnet werden. Momentan sei die Zahl dieser Toiletten an der Pilgerroute noch ausbaufähig, wie Schreiner berichtet. Er konnte u. a. Gemeindehäuser und Bäckereien finden, die die Nutzung der Toilettenräume gerne anbieten. Auch die an der Strecke gelegenen Bahnhöfe sowie Unterkünfte hat Mitsch Schreiner genau unter die Lupe genommen. Die Höhepunkte der Pilgerreise wie z. B. der Speyerer Dom bieten die Voraussetzung eines barrierefreien Zugangs.

Es ist beeindruckend, mit wie viel Freude und Energie Mitsch Schreiner den Weg gemeistert hat. Mit Hilfe seines Engagements konnte der Pilgerverlag den neuen Pilgerführer „Pilgern für Alle – Barrierefrei unterwegs“ herausbringen. Er ist für alle Menschen mit Mobilitätseinschränkungen geeignet, egal ob Rollstuhl, Gehhilfe oder Kinderwagen. Ein besonderes Augenmerk legt er auf barrierefreie Toiletten, Restaurants sowie Unterkünfte. Die Gesamtstrecke ist in neun einzelne Etappen unterteilt, die je nach Beeinträchtigung einzeln oder auch am Stück gemeistert werden können. Zwei dieser Etappen führen sogar auf dem richtigen Jakobsweg entlang. In Rülzheim können sich die Pilger als Andenken ein echtes Jakobszeichen holen.

Pilger-Spenden-Tour

In wenigen Wochen macht sich Mitsch Schreiner zum zweiten Mal auf den Weg. Über einen Freund hat er vom Neubauprojekt und der Verdoppelung der Plätze des Hospiz-Hauses Magdalena in Pirmasens erfahren. Schnell war die Idee der Pilger-Spenden-Tour „Pilgern für Alle“ zur Unterstützung des Projekts geboren. Am 18. September um 10 Uhr geht es am Bahnhof in Worms los. Dieses Mal rollt er den Weg nur mit dem Rollstuhl ab und ist in Begleitung von Ursel Moser und ihrer Hündin Leni. Viele Interessierte haben sich bereits zum Mitlaufen einiger Tagesetappen angemeldet. „Über weitere Unterstützung vor Ort würde ich mich freuen“, so Schreiner.

Geplant ist, die 120 Kilometer des Pilgerwegs in zehn Tagen zu meistern. Die Ankunft in Lauterbourg ist für den 28. September geplant. Eventuelle wetterbedingte Unterbrechungen wie Regenpausen könnten die Ankunft allerdings verschieben – der Start findet jedoch bei jeder Wetterlage statt.

Mit der Tour erhoffen sich Mitsch Schreiner und alle Beteiligten ein großes Spendenaufkommen zugunsten des Hospiz-Hauses Magdalena. Jede Spende kommt dort vollumfänglich an. Gespendet werden kann entweder ein Eurobetrag pro Kilometer, was bei einem Euro pro Kilometer einen Spendenbetrag von 120 Euro ergeben würde, oder ein Betrag nach Wahl.

„Trotz Schicksalsschlag geht das Leben weiter“ – so lautet das Motto von Mitsch Schreiner, was er in beeindruckender Weise mit viel Lebensfreude, Energie und einer gewissen Portion Humor tagtäglich umsetzt. (plp)

Spendenkonto: Sparkasse Südwestpfalz, IBAN: DE89 5425 0010 0000 0012 55, BIC: MALADE51 SWP, Kennwort: Pilgern für alle

(Foto: honorarfrei)