Ramon Chormann: „Die Pfälzer haben das Herz an der richtigen Stelle.“

Unter vier Augen: Kabarettist Ramon Chormann über den Pfälzer Dialekt, die Männerkrankheit „Schluckmuskelüberfunktion“ und echte Aufreger

Ihre Bühnenkarriere begann bei der Mainzer Fastnacht 2006. Damals stellten Sie sich dem Publikum als Neuling vor. Wie groß war die Aufregung vor dem ersten Auftritt?

Ramon Chormann: Die war nicht so besonders groß, weil ich vorher nicht wusste, was alles auf mich zukommt. Eigentlich begann meine Fastnachtskarriere auch schon 1992. Nur die Fernsehfastnacht begann für mich 2006. Insgesamt habe ich 25 Jahre lang Fastnacht gemacht. 2016 wurde ich bei „Hessen lacht zur Fastnacht“ verabschiedet. Bühnenaufregung und Auftrittsangst hatte ich aber Gott sei Dank nie sehr ausgeprägt. Das hat sich schon als Kind herauskristallisiert. Aber ich muss schon zugeben, als der erste Auftritt im Fernsehen vorbei war und ich dann im Nachhinein erfahren habe, dass 2,8 Mio. Zuschauer die Sendung verfolgt haben, dann wäre ich wahrscheinlich ein bisschen aufgeregt gewesen.

Also ging es schon 1992 für Sie los…

Ramon Chormann: Das war bei der Dorffastnacht in Bolanden. Später war ich dann bei der Kibo-Karnevalgesellschaft in Kirchheimbolanden. Dort war ich bis 2008 und ab 2006 – also überlappend – war ich bei den Mombacher Bohnebeitel in Mainz. Und ab 2009 in der großen Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht“.

Ihre bekannteste Rolle ist „De Pälzer“. Sind Sie stolz, Pfälzer zu sein?

Ramon Chormann: Ich habe immer gedacht, das wäre ein Aushängeschild, bis mir klar wurde, dass die Pfälzer mich selbst nicht als Pfälzer anerkennen – wegen meiner Dialektfärbung. Die Pfälzer, insbesondere die aus der Südpfalz und Ludwigshafen, sagen über mich: So babbelt doch kein Pälzer, wie der reddet. Ich hatte größte Probleme als Pälzer anerkannt zu werden. Wenn ich in Mainz als Pälzer aufgetreten bin, haben die Mainzer behauptet, ich käme aus dem Saarland wegen meiner Dialektfärbung. Ich komme aber aus der Nordpfalz – und das ist ein bisschen das Stiefkind der Pfalz.

Warum ist die Rolle des Pälzers in Ihrem Programm etwas, sagen wir, einfältig dargestellt?

Ramon Chormann: Die Rolle des Pälzers habe ich nur in den fünf Jahren bei der Mainzer Fastnacht gespielt. Später als Kabarettist habe ich immer versucht, keine Rollen zu spielen, sondern authentisch zu sein. Vielleicht liegt es aber einfach daran, dass ich ein bisschen einfältig und langsam bin. Das will ich aber nicht auf die Mentalität der Pfälzer übertragen. In der Gegend, aus der ich komme, geht es sehr ehrlich und bodenständig zu. Und das spiegel ich in meinem Programm wider.

Wenn Sie den Pfälzer charakterisieren sollten – nicht die Rolle, sondern den echten Pfälzer – wie würden Sie das tun?

Ramon Chormann: Der Pfälzer ist sehr direkt. Manchmal auch ein bisschen grob. Aber er hat das Herz an der richtigen Stelle. Trink- und feier-launisch ist er auch. Der Pfälzer liebt es, Weinfeste zu besuchen. Dort wird gesungen, getanzt und getrunken – und auch viel gegessen.

Sie sind Kabarettist, Musiker und Betriebswirt – wie passt das zusammen?

Ramon Chormann: Ich dachte, Sie können mir das erklären… So auf dem Blatt passt das nicht zusammen, das stimmt. Ich war übrigens auch noch Kirchenmusiker und Chorleiter. Ich würde es daher als vielseitig bezeichnen.

Spielen Sie nur Klavier bzw. Keyboard oder auch noch andere Instrumente?

Ramon Chormann: Als Kirchenmusiker muss man Orgel spielen. Das ist hochkompliziert. Und das konnte ich auch nicht besonders gut. Das habe ich dann aber wieder gutgemacht durch den Gesang. Ich bin aber auch ein absoluter Späteinsteiger. Ich habe erst mit 17 Jahren angefangen, Noten zu lesen und Klavier zu spielen.

Sie haben mittlerweile zwei Theater – eines in Kirchheimbolanden und eines in Mainz – wann eröffnen Sie ein Theater in der Südpfalz, also im Herzen der Pfalz?

Ramon Chormann: Ich habe es nicht vor. Und ich muss auch ehrlich sagen, wenn die Zuschauerzahlen so gering bleiben, werde ich mich aus der Gegend ganz zurückziehen. Das Kurhaus in Bad Bergzabern war immer eine gute Anlaufstelle für mich, früher war ich auch öfter in Dahn. Ich habe die Orte regelmäßig bespielt, aber es war immer ein Kampf, die Säle vollzukriegen. Dort verkaufe ich in drei Monaten so viele Karten wie in Mainz an einem Tag.

Das ist bedauerlich.

Ramon Chormann: Ihre Eingangsfrage ist fast tragisch – ich kann fast überall auftreten, aber in der Pfalz selbst wird das moderat honoriert.

Was glauben Sie, woran das liegt?

Ramon Chormann: Eigentlich ist das ganz normal. Gerd Dudenhöffer hat mal gesagt, er tritt im Saarland nicht mehr auf, denn wenn er woanders hingeht, hat er es einfacher. Ich habe das anfangs nicht geglaubt, aber es ist einfach so. Hinzu kommt, dass die Südpfälzer nicht unbedingt die Superfastnachter sind. Ganz anders ist das in Mainz, und deswegen habe ich in Mainz auch große Beliebtheit erfahren.

Sie sind zurzeit auch mit dem Programm „25 Jahre Fastnacht“ unterwegs und blicken darin auf Ihre Fastnacht-Laufbahn zurück – was ist Ihnen in den 25 Jahren besonders in Erinnerung geblieben?

Ramon Chormann: Die Stimmung des Publikums, die man an Fastnacht erzeugen kann. Da geht schon jeder mit dem Willen hin, heute Abend Spaß zu haben und mal richtig Quatsch zu machen und einen zu trinken und zu feiern. Bei anderen Anlässen, bei denen man als Künstler auftritt, reagiert das Publikum zwangsläufig steifer als an Fastnacht. Es wird sehr viel getrunken, da ist die Stimmung losgelöster – das ist bei Damensitzungen und auch bei Herrensitzungen das Gleiche.

Weil die Menschen zu schnell trinken? Sie haben mal gesagt, dass vor allem Männer das Syndrom haben, zu schnell zu trinken…

Ramon Chormann: Schluckmuskelüberfunktion.

Können Sie der Frauenwelt erklären, was das genau ist?

Ramon Chormann: Die Frauen sagen immer: trinkt nicht so viel. Aber die meisten Männer trinken gar nicht so viel, sondern nur zu schnell. Viele Männer können dafür nichts. Die trinken nur deshalb zu schnell, weil sie eine Schluckmuskelüberfunktion haben.

In Ihrem Programm „Oder sunscht was“ geht es um Alltagsentscheidungen, die uns das Leben schwermachen…

Ramon Chormann: Es geht um Entscheidungen allgemein, um solche, die auf unser gesamtes Leben Auswirkungen haben. Welchen Beruf ergreife ich, habe ich einen Partner an meiner Seite oder nicht. Will ich Kinder haben, will ich heiraten. Wo will ich leben.

Welches war Ihre bisher schwerste Entscheidung im Leben?

Ramon Chormann: Mein Berufswechsel vor zehn Jahren. Ich war in einem sehr sicheren Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst, in einer leitenden Position. Wenn man so etwas in jungen Jahren erreicht, ist es eher unüblich, die Position aufzugeben. Das war definitiv eine schwere Entscheidung. Mein letzter Wohnortwechsel war auch eine schwere Entscheidung. Ansonsten entscheide ich eigentlich immer recht schnell und direkt.

In dem Programm geht es darum, was wir eigentlich wollen. Wussten Sie schon immer, was Sie wollten?

Ramon Chormann: Nein. Ich glaube auch, dass derjenige, der behauptet, immer genau zu wissen, was er will und wohin er will, nicht ganz ehrlich ist. Mich selbst macht es rasend, wenn ich nicht weiß, was ich will. Ich brauche die schnelle Entscheidung. Viel Arbeit macht mir nichts aus, aber wenn Sachen nicht entschieden sind oder in der Luft hängen und ich nicht loslegen kann, dann werde ich nervös. Diese Zeit, wenn man mit sich selbst ringt, das ist die schlimmste Phase.

Gibt es unabhängig davon etwas, worüber Sie sich richtig aufregen können?

Ramon Chormann: Ich habe vor Kurzem meine Leitungswasser- und Sturmversicherung gekündigt. Da kam dann ein Brief zurück, dass die Kündigung zurückgewiesen wird. Bei der Hotline, die angegeben war, bin ich nicht durchgekommen. Als ich meiner Sachbearbeiterin eine E-Mail schreiben wollte, kam die Mail zurück, weil es die Adresse scheinbar nicht gab. Da kann ich mich richtig aufregen. (pdp)