Raumübergreifendes Großgrün

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Behördisch als eigene Sprache? (Foto: imago images/Panthermedia)

Als Paula den Pausenraum betritt, sitzt Günther mit gerunzelter Stirn am Tisch und brütet über einem Stück Papier. „So habe ich auch immer geguckt, wenn ich in der Schule Textaufgaben lösen musste“, lacht Paula. „Keine Textaufgabe, aber auf jeden Fall ein Rätsel“, murmelt Günther vor sich hin. „Ich habe einen Brief von der Gemeinde bekommen. Sie haben wohl ein Anliegen, aber ich verstehe kein Wort“, schließt Günther und zeigt Paula das Schreiben. „Bitte beschneiden Sie ihr raumübergreifendes Großgrün, welches über die nicht lebende Einfriedung Ihres Grundstücks hinausragt. Weiterhin bitten wir Sie, den Gehweg von spontaner Vegetation zu befreien“, liest Paula vor.

„Raumübergreifendes Großgrün? Gehweg befreien? Sag mal Günther, versuchst du die Weltherrschaft an dich zu reißen?“ „Anscheinend versucht das mein Großgrün, was auch immer das ist“, lacht Günther. „Die nicht lebende Einfriedung meines Grundstücks ist bereits von der spontanen Vegetation überrannt worden!“ Während Günther und Paula sich über die Wortwahl des Briefs amüsieren, betritt Elli den Pausenraum und hört interessiert zu. „Leute, das ist Behördendeutsch. Da muss man nur ein bisschen um die Ecke denken, ganz einfach“, erklärt Elli und betrachtet das Schreiben. „Günther, du sollst deine Bäume zurückschneiden, die wachsen über den Zaun. Außerdem musst du das Unkraut auf dem Gehweg zupfen.“ Beeindruckt blicken die Kollegen zu Elli. „Ich geb‘s zu: Google hat’s mir verraten. Ohne Wörterbuch kann niemand behördisch verstehen.“ Nach einer kurzen Suche im Internet stellt sich raus, dass es ganze Wörterbücher mit den kuriosen Begriffen deutscher Behördensprache gibt.

„Wisst ihr was? Ich habe am Wochenende meinen einachsigen Dreiseitenkipper benutzt“, lacht Günther. „Oder auch: meine Schubkarre!“ „Meins ist besser!,“ ruft Paula. „Meine Nachbarin hatte bei ihrer Hochzeit ihre Lebensberechtigungsbescheinigung vergessen. Auch genannt: Stammbuch. Da hat sie geguckt wie eine Raufutter verzehrende Großvieheinheit bei negativ atmosphärischen-Einwirkungen. Anders gesagt: Eine Kuh, wenn’s blitzt.“