Ist Trainer ein Traumberuf für Sie?
Sascha Hildmann: Ja, absolut. Darauf habe ich hingearbeitet, ich habe alle Ausbildungen durchlaufen und ich habe jetzt schon ein paar Trainerstationen gehabt. Wenn du jetzt auch noch beim FCK arbeiten kannst, dann ist es – trotz all dem Stress – ein absoluter Traumberuf, keine Frage.

Sie waren vorher Trainer in Groß-Aspach, wenn man da ein Testspiel verliert interessiert es nicht wirklich jemanden. In Kaiserlautern ist das anders …

Sascha Hildmann: Ich gewöhne mich da so langsam dran. Das hört sich jetzt komisch an, aber dieses Schwarz-Weiß-Denken ist bei einigen Fans nun einmal vorhanden. Das wird sich auch nicht ändern, solange du keinen sportlichen Erfolg hast. Aber ich kann mich auch beim FCK an Zeiten erinnern, da wurde in der Vorbereitung kein einziges Spiel gewonnen, aber während der Saison wurde alles niedergeknüppelt.

Beeinflusst Sie das in Ihrer täglichen Arbeit?

Sascha Hildmann: Nein. Das darf mich auch nicht beeinflussen. Soziale Medien meide ich größtenteils, alle möglichen Foren meide ich komplett, weil da hunderte Kommentare auf dich einprasseln. Und auch, wenn von diesen hunderten Kommentaren nur 20 Kommentare negativ sind, lässt man sich leiten. Das ist schlecht und deshalb lese ich es nicht. Jeder Trainer denkt sich etwas bei dem, was er tut.

Sie waren ja auch mal Spieler. Früher ist man in der Vorbereitung viel gerannt und es gab Zirkeltraining. Wie läuft eine Vorbereitung heute ab?

Sascha Hildmann: Wir haben da eine ganz klare Struktur drin. Wir haben einen Plan in der Vorbereitung – welche Schwerpunkte wir wo setzen wollen. Man muss berücksichtigen, dass wir nur zweieinhalb Wochen Pause hatten. Da verliert man wenig an Substanz und Grundlage in der Ausdauerarbeit. Trotzdem muss man natürlich die Grundlage, die man hat, stabilisieren, noch weiterentwickeln und verbessern. In den ersten zehn Tagen geht es viel um Kraft-Ausdauer – also noch gar nicht so sehr auf die reine Grundlagen-Ausdauer. Deshalb waren auch viele Spieler im Spiel gegen den FSV Frankfurt stocksteif, da ging gar nichts. Das hat mich aber auch nicht beeinflusst. Wir haben das Programm durchgezogen. In den letzten eineinhalb Wochen vor Saisonstart macht man gruppentaktische und individualtaktische Dinge – und dann geht man an die Mannschaftstaktik, um den letzten Schliff zu erhalten.

Gehen Sie in den Wald?

Sascha Hildmann: Doch, wir waren im Wald und haben Widerstandsläufe und Treppenläufe gemacht – so richtig Old School.

Sascha Hildmann im Gespräch mit Markus Eisel. (Foto: privat)

Lässt das die moderne Trainingslehre noch zu?

Sascha Hildmann: Ja, natürlich. Du brauchst einfach diese Widerstände. Wir haben in der Runde Widerstände ohne Ende. Jedes Stadion ist voll, die Mannschaften sind motiviert bis unters Dach, haben Messer zwischen den Zähnen, und wenn der FCK kommt, haben sie nichts zu verlieren – so heißt es zumindest immer. Das sind Widerstände, die wir brechen müssen. Deshalb haben wir in der Vorbereitung sehr, sehr hart trainiert, viele Widerstandsläufe gemacht – die so richtig ekelhaft waren – sehr viele Treppenläufe gemacht. Wenn man in der 89. Spielminute weiß, dass noch etwas geht, kann man nach so einem Training und so einer Vorbereitung den letzten Schritt noch machen.

Sie versuchen der Mannschaft eine Spiel-Philosophie oder Spiel-Anlage beizubringen – wird das auch auf die U23 und auch auf die A- und B-Jugend übertragen, damit eine Durchgängigkeit besteht?

Sascha Hildmann: Natürlich ist es immer der Traum, dass man oben das spielt, was auch unten gespielt wird – und nicht umgekehrt. Das ist aber viel zu allgemein und viel zu oberflächlich. Jede Mannschaft hat eigene Spieler und eigene Charaktere und eigene Qualitäten. Ich möchte z.B. flexibel sein. Wir spielen 4:4:2 oder ein 3:5:2. Wir wollen ein Mittelfeld-Pressing, ein Situativ-Angriffs-Pressing, Opferbälle. Das ist so komplex, dass ich das nicht von einer U21 erwarten kann. Ich kann es natürlich anreißen. Aber die Ausbildung steht in der U21 im Vordergrund, das ist das Wichtigste. Das Gleiche gilt für die Jugend. Mir ist es wichtiger, dass ein einzelner Spieler den nächsten Schritt geht und seine Schwächen verbessert, als im mannschafttaktischen Bereich ein Pressing durchzuspielen.

Die Frage ist ja auch, inwieweit man eine Spiel-Philosophie lange durchhalten kann bei der heutigen Kurzlebigkeit…

Sascha Hildmann: Eine einzige Philosophie habe ich sowieso nicht. Ich finde es gut, wenn ein Trainer verschiedene Philosophien zur Hand hat.

Sie waren früher auch Trainer in Hauenstein und Idar-Oberstein. Legen Sie das Training ähnlich an oder kann man das nicht vergleichen?

Sascha Hildmann: Von der Grundstruktur her ist das ähnlich, aber es gibt natürlich schon einen großen Unterschied. Mit Idar-Oberstein hatte ich die Voraussetzung gar nicht. Wir waren zwar zwei Jahre in der Regionalliga – und wir haben uns sehr gut verkauft – aber wir hatten nur drei- bis viermal Training in der Woche, ich hatte keinen Athletiktrainer, ich musste alles selbst machen und steuern. Beim FCK habe ich natürlich Ressourcen. In Aspach hatte ich auch einen Athletik- und einen Torwarttrainer – wenn man viele Leute an seiner Seite hat, die einem helfen, kann man viel individueller in Gruppen trainieren – und man kann viele Dinge umsetzen, die in anderen kleinen Vereinen nicht möglich sind.

Der FCK ist Freude und Belastung zugleich…

Sascha Hildmann: Ist das eine Frage oder eine Feststellung?

Eine Frage.

Sascha Hildmann: Ach, Belastung… es wird immer so viel hineininterpretiert. Wenn mich etwas belastet, dann wenn in den Medien Unwahrheiten verbreitet werden.

Kippt die Stimmung schneller als früher, weil heute innerhalb von Sekunden im Live-Ticker steht, wenn etwas schiefgeht?

Sascha Hildmann: Ich glaube schon und da möchte ich mal ein bisschen ausholen: Das Schlimmste, was diesem Verein jemals passiert ist, ist der Abstieg in die Dritte Liga. Das hätte nicht passieren dürfen. Es ist aber passiert. Früher sind aber die Spieler geblieben, die abgestiegen sind. Der FCK ist 1996 in die Zweite Liga abgestiegen, der ganze Kern blieb, stieg sofort wieder auf und wurde Deutscher Meister. Das ist heute unmöglich! Diesmal sind alle weggegangen, bis auf drei. Wir hatten 19 Neuzugänge! Und wenn es nicht läuft, bekommen diese 19 Spieler und das Trainerteam den ganzen Frust ab! Da müssen wir alle sensibler sein. Deswegen bin ich auch demütig und sage: Ich gewinne nicht einfach in Rostock, auch nicht als FCK. Und ich gewinne nicht einfach in Magdeburg. Wir müssen demütig an unsere Aufgaben rangehen und uns mit dem Gegner beschäftigen. Die anderen Mannschaften können nämlich auch Fußball spielen. Lesen Sie mal die Kommentare der anderen Trainer. Unsere Dritte Liga ist mit die beste in ganz Europa. (eis)

Trainingsalltag beim 1. FCK. (Foto: 1. FC Kaiserslautern)