Steckbrief: Michael Englert, Gründer und Geschäftsführer, ITK Engineering GmbH

  • Geboren 1959
  • Studium Elektrotechnik (Abschluss: Diplomingenieur)
  • Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungszentrum Karlsruhe (heute: KIT)
  • 1994
    Firmengründung ITK (als „Ingenieurbüro für technische Kybernetik“)

Unternehmensprofil: ITK Engineering GmbH

  • International anerkanntes Technologieunternehmen mit Expertisen in der Digitalisierung, Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung von Systemen.
  • Das Unternehmen mit Sitz in Rülzheim verfügt über Niederlassungen in München, Ingolstadt, Stuttgart, Lollar, Frankfurt a. M., Braunschweig, Friedrichshafen, Berlin, Köln, Wien, Barcelona, Tokyo und Detroit (USA).
  • Mitarbeiter: ca. 1300

(Foto: ITK Engineering)

Herr Englert, aus welchem Bereich kommen Sie ursprünglich und wie sind Sie zur ITK gekommen?

Michael Englert: Ich habe direkt nach dem Abitur in Karlsruhe Elektrotechnik studiert und bin nach dem Abschluss als Diplomingenieur ans Forschungszentrum Karlsruhe gegangen. Heute sind Universität und Forschungszentrum zum KIT (Karlsruher Institut für Technologie) zusammengefasst, damals waren das noch zwei getrennte Institutionen. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war ich im Bereich der Robotik tätig, wo ich mich intensiv mit der Regelung und Simulation von elektromechanischen Systemen befasst habe, z.B. auch von Robotersystemen für die Medizintechnik. Dieses Knowhow, das ich mir im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte aneignen konnte, war dann auch ausschlaggebend für die Firmengründung. Die ITK ist sozusagen als Spin-off aus dem Forschungszentrum Karlsruhe entstanden.

Der Bereich, in dem Sie damals tätig waren, war also schon sehr verwandt mit der heutigen Arbeit.

Michael Englert: Genau, meine Tätigkeit am Forschungszentrum Karlsruhe hat den Grundstock für unser Geschäftsmodell geliefert, das wir aber natürlich über die Jahre weiterentwickelt haben. So ist die Medizintechnik neben der Automobilindustrie auch heute noch eine unserer wichtigsten Branchen.

Hatten Sie sich vorgestellt, irgendwann über 1.300 Mitarbeiter weltweit zu beschäftigen?

Michael Englert: Nein. (lacht) Mein Ziel war ursprünglich ein kleines, hochspezialisiertes Ingenieurbüro mit fünf bis zehn Mitarbeitern. Mit hochspezialisiert meine ich insbesondere die Kybernetik, in die ich mich während meines Elektrotechnikstudiums und in der anschließenden Forschung vertiefen konnte. So war die Kybernetik neben der modellbasierten Softwareentwicklung das Kern-Knowhow der ITK, welches zu Beginn der neunziger Jahre sehr gefragt war, vor allem in der Automobilindustrie und der Luftfahrt. Diesen Schwung konnte ich dann natürlich positiv für die Firmenentwicklung nutzen.

Was war denn eines der ersten Projekte, die Sie mit Ihrer Firma umgesetzt haben?

Michael Englert: Der erste Kunde in meinem kleinen Kellerbürowar ein großer österreichischer Technologie- und Industriegüterkonzern. Eigentlich hätte ich das Treffen lieber vermieden – so spärlich wie ich damals eingerichtet war (lacht). Aber es hat sich doch gelohnt und ich habe den Kunden überzeugt: Aus dem Treffen wurde mein erstes Industrieprojekt, die Entwicklung einer Telerobotersteuerung.

Ist das auch heute immer noch das, was Sie als Kerngeschäft Ihrer Firma beschreiben würden?

Michael Englert: Unsere Kernkompetenz ist breites Methodenwissen, das ermöglicht uns als Entwicklungspartner für viele Branchen tätig zu sein – sei es für die Automobilbranche, die Medizintechnik, die Bahnindustrie oder für den Land- und Baumaschinenmarkt. Wir sind ein Lösungsanbieter, d.h. unser „Produkt“ ist die maßgeschneiderte, individuelle Lösung für unsere Kunden, bei Bedarf von den Anforderungen bis zur fertigen, serienreifen Lösung.

Und wie kam es dann dazu, dass Ihre Firma so groß geworden ist? Durch einen glücklichen Zufall oder vielleicht durch das Gespür dafür, dass in diesem Bereich viel möglich ist und sich ein Dranbleiben lohnt?

Michael Englert: Sicherlich gehört ganz viel Glück dazu bei allem, was man erfolgreich tut. Ein glücklicher Umstand war, dass der Bereich, in dem wir tätig waren, gerade am Wachsen war, unsere Kompetenz am Markt sehr gefragt war und viel Wachstumspotential aufwies. Heute dominiert die Software in fast allen Produkten. Das war damals gerade in den Anfängen. Ein anderer wesentlicher Grund für den Erfolg ist bestimmt auch darin zu sehen, dass für mich Stillstand immer auch eine Art Rückschritt bedeutet hat. Es musste immer weiter gehen, und ich habe mir von Jahr zu Jahr immer wieder neue Ziele gesetzt.

Was ist für Sie der größte Zukunftsmarkt in Ihrer Branche?

Michael Englert: Alles spricht momentan über künstliche Intelligenz. Wir schreiben uns das ja auch auf unsere Fahnen. Meine Vision war, Maschinen und Systeme mit Algorithmen intelligent zu machen. Die zunehmende Komplexität zuverlässig zu beherrschen und Intelligenz in technische Systeme zu bringen, ist nach wie vor unser Geschäftsmodell. Das ist ein Wachstumsmarkt über alle Branchen hinweg. Ein wesentlicher Treiber ist dabei der digitale Wandel, in dem wir uns zurzeit befinden. Die Digitalisierung betrifft aber nicht nur die Großkonzerne, die bisher unsere Hauptkunden waren, sondern auch den Mittelstand, der durch die Digitalisierung der Geschäfts- und Produktionsprozesse die Wettbewerbsfähigkeit deutlich steigern kann. Das ist eine Riesenchance für unser Land. Industrielle Produktion, die in den letzten Jahren aus Kostengründen immer mehr ins Ausland verlagert wurde, kann künftig konkurrenzfähig durchaus wieder in Deutschland stattfinden.

„Die Mitarbeiter sind das Kapital der Firma“, sagt Englert. (Foto: Nico Bohnert)

Trotzdem ist der Erfolg ihrer Firma kein Selbstläufer – auch wenn der Markt sehr viel Potential bereithält. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Michael Englert: (überlegt) Wenn ich in die Vergangenheit schaue, erkenne ich, dass ein Großteil des Erfolges von den Mitarbeitern abhängt, die man einstellt. Die Mitarbeiter sind das Kapital der Firma. Die Motivation, das Engagement sowie die Kreativität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Daher ist das Erfolgsrezept – wenn ich meinen Werdegang anschaue – sicherlich darin begründet, dass ich ein gutes Händchen bei der Einstellung meiner Mitarbeiter bewiesen, ihnen vertraut und Freiraum gegeben habe, um sich zu entfalten. John F. Kennedy soll einmal gesagt haben „Ein erstklassiger Unternehmer stellt nur erstklassige Mitarbeiter ein, ein zweitklassiger nur drittklassige.“ Das war immer mein Motto: die bestmöglichen Leute einzustellen und für eine hohe Zufriedenheit und Motivation zu sorgen.

Fachkräftemangel betrifft mit Sicherheit auch Sie und Ihr Unternehmen. Wie schwer ist es denn momentan, gut Leute zu finden?

Michael Englert: Im Moment haben wir natürlich gerade eine sehr außergewöhnliche Situation. Da die meisten Unternehmen nicht nur keine Mitarbeiter mehr einstellen, sondern auch Stellen abbauen, fällt es zurzeit nicht so schwer, gute Mitarbeiter zu finden. Aber noch vor einem halben Jahr war es deutlich schwieriger, an die Richtigen zu kommen. Die Firmen mussten sich bei den Talenten bewerben, nicht die Mitarbeiter bei den Unternehmen – also ein ausgesprochener Bewerbermarkt. Und in diesem Wettbewerb um die besten Mitarbeiter, die besten Absolventen der Universitäten, waren wir von Anfang an und haben uns als Kleinunternehmen gegenüber den bekannten Namen der Großindustrie oft entsprechend schwergetan. Aber es ist uns ganz gut gelungen, hier zu punkten, auch aufgrund der Nähe zu den großen Universitäten und Hochschulen in der Umgebung.

Nun ist der Standort Rülzheim nicht gerade eine Metropole. Stand es je zur Debatte, den Firmensitz zu verlegen?

Michael Englert: Die Südpfalz ist tatsächlich ein ganz wichtiger Faktor. Zum einen bin ich hier geboren und begeisterter und überzeugter Pfälzer, ich liebe diese Gegend und engagiere mich hier auch sehr für die Region. Es war nie ein Thema, den Firmensitz zu verlegen. Ich sehe entscheidende Vorteile hier: Wir sind verkehrstechnisch extrem gut angebunden. Außerdem ist die ländliche Region für uns ein Vorteil, aber dennoch sind wir mittendrin in der Wirtschaftsregion Karlsruhe/Rhein-Neckar. Die Nähe zu unseren Kunden aus anderen Regionen haben wir durch unsere neun Standorte in ganz Deutschland.

Ist die ITK auch von der aktuellen Krise betroffen?

Michael Englert: Selbstverständlich sind wir auch betroffen. Ein großer Bereich bei uns ist der Automobilsektor. Da spürt man die Krise schon. Da wir als Entwicklungspartner der Automobilhersteller nicht direkt von den Produktionszahlen abhängig sind, haben wir allerdings keine allzu massiven Einbrüche. Da jedoch für meine Mitarbeiter und mich die Gesundheit und Sicherheit an erster Stelle steht, haben wir seit Anfang März das komplette Geschäft ins mobile Arbeiten verlagert. Unsere Büros sind im Moment also nahezu verwaist. Das funktioniert ganz gut, die Infrastruktur war ja bereits vorbereitet und die Projekte können größtenteils weiterlaufen.

Gibt es denn rückblickend Momente in Ihrer beruflichen Karriere, vor denen Sie auch Angst oder zumindest Respekt hatten?

Michael Englert: Als Unternehmer trifft man ja täglich Entscheidungen, und es gibt auch fast täglich Momente, in denen ich nicht weiß, welche Entscheidung jetzt die richtige ist – ich bin ja kein Prophet. Das ist eigentlich Dauerzustand, aber Angst ist vielleicht das falsche Wort. Ich rede hier lieber über Herausforderungen, denen man als Unternehmer permanent gegenübersteht. Ich vertrete den Standpunkt, dass es besser ist, überhaupt eine Entscheidung zu treffen – auch wenn man Gefahr läuft, dass es vielleicht die falsche ist –, als alles vor sich her zu schieben. Insofern ist es schwierig für mich, auf diese Frage direkt zu antworten. Ja, ich hatte Respekt vor der ein oder anderen Herausforderung. Nein, es gibt keine expliziten Momente oder Entscheidungen, denn diese Situation hat man permanent.

Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind und von dem Sie sagen: “Das war genau die richtige Entscheidung“?

Michael Englert: (überlegt) Ich tu mir schwer damit, zu sagen: „Da lag ich goldrichtig“. Ich habe immer das Gefühl, ich hätte es noch besser machen können. (lacht)

Können Sie privat einen Ausgleich schaffen? Oder sind Sie rund um die Uhr im Dienst?

Michael Englert: Es gab Zeiten in den ersten Jahren – da war das tatsächlich so: an Werktagen habe ich selbst Projektarbeit gemacht und am Wochenende wurden Angebote und Rechnungen geschrieben und dergleichen. Gerade also die Aufbauphase war von Sieben-Tage-Arbeit geprägt und ich hatte daher leider sehr wenig Zeit mit meiner Tochter. Umso mehr genieße ich heute meine Freizeitgestaltung. Es macht mir sehr viel Spaß, meine freie Zeit mit meinen beiden Enkeln zu verbringen, was das Schönste ist, was ich mir überhaupt vorstellen kann. Ich habe einen kompetenten und erfahrenen Partner in der Geschäftsleitung der ITK, auch das schafft durchaus Raum für mehr freie Zeit. Ich laufe gerne, bin außerdem begeisterter Cabriofahrer und bewege ab und zu mal mein Motorrad. Die Südpfalz und das nahegelegene Elsass bieten ja vielfache Möglichkeiten für wunderschöne Ausfahrten mit Freunden und natürlich auch genügend Gelegenheiten zum Einkehren, was zu einer Ausfahrt unbedingt dazu gehört. (lacht)

Schon alleine deshalb wäre ein Standortwechsel des Hauptsitzes nicht in Frage gekommen…

Michael Englert: Für mich niemals. (hea)