Steckbrief

  • Geboren am 2. Mai 1967 in Bonn.
  • Ab 1989: Meteorologiestudium an der Universität Köln.
  • 2. März 1999: Erste Moderation von „Das Wetter im Ersten“.
  • Auszeichnung: Bester Wettermoderator Deutschlands (Extremwetterkongress in Bremerhaven)
  • Aktuelle Veröffentlichung: „Zieht euch warm an, es wird heiß!“ (Verlag: Westend)

 

Als einer der bekanntesten Wettermoderatoren Deutschlands spricht Sven Plöger abends zu einem Millionenpublikum. Im Fernsehen vor der Wetterkarte zu stehen und die Hochs und Tiefs zu deuten, ist aber nur eine Facette seiner Arbeit als Medien-Meteorologe. Plöger hält jedes Jahr eine Vielzahl an Vorträgen in ganz Deutschland. In der SWR Youtube-Reihe „Sven Plögers Klimablick“ entwirft Plöger in neun Folgen seine Vision davon, wie wir es schaffen können, die Veränderung des Erdklimas nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.

Herr Plöger, haben Sie eigentlich eine Wetter-App auf dem Handy?

Sven Plöger: (lacht) Ich habe nicht nur eine, sondern ganze 13 Stück installiert. Das hat natürlich einen Grund: Ich sollte vor einiger Zeit für die ARD Wetter-Apps testen, seither sind sie alle auf meinem Smartphone. Ab und zu schaue ich auch drauf, aber wenn ich mich ernsthaft informieren möchte, nutze ich natürlich meine Profi-Instrumente. Was man aber durchaus sagen kann: Die Apps werden immer besser, vor allem, wenn sie ein gutes Radar integriert haben.

Dürfen Sie verraten, welche Sie persönlich am besten finden?

Sven Plöger: Das wäre Werbung, das darf ich leider nicht – aber es gibt ein paar allgemeine Empfehlungen, die ich geben kann: Der Nutzer sollte nicht den Fehler machen, sich nur auf die Symbole zu konzentrieren und sich auch auf keinen Fall auf die Voraussagen für in zwei Wochen verlassen. Verlässliche Voraussagen sind nur für rund drei Tage möglich. Wer wissen will, wie es bei ihm zuhause in den kommenden zwei bis drei Stunden aussieht, sollte sich vor allem am Radar orientieren.

Wie erklären Sie sich denn die Faszination der Menschen fürs Wetter?

Sven Plöger: Jeder Mensch ist zwangsläufig ständig dem Wetter ausgesetzt. Noch bis vor wenigen Generationen war es sogar essentiell, dass wir Menschen mit dem Wetter umgehen konnten. Heute geht es eher um freizeitliche Nutzung dieses Wissens. Wir richten die meisten unserer Aktivitäten am Wetter aus und stecken viel Zeit in die Planung – und so kommt es, dass wir alle so oft auf diese Apps schauen. Ich persönlich freue mich natürlich über jeden, der sich fürs Wetter interessiert!

Die meisten Zuschauer kennen den Wissenschaftler vom „Wetter im Ersten“.

„Sven Plögers Klimablick“ ist eine YouTube-Reihe zum Thema Klimaschutz. Welche Motivation steckt dahinter? Welche Zielgruppe haben Sie dabei im Fokus?

Sven Plöger: Nachdem ich schon mehrere Bücher veröffentlicht und einige Dokumentationen gedreht habe, die sehr gut beim Publikum ankamen, war es für mich spannend, auch mal dieses Medium kennenzulernen, mit dem ich bisher nur wenige Berührungspunkte hatte. Ich habe durch das YouTube-Format nun eine noch viel bessere Möglichkeit, mich mit jüngeren Generationen auszutauschen. Ich fand die Zusammenarbeit in Vorbereitung auf die Folgen extrem interessant und bereichernd. Mir wurde als 53-Jähriger von 23-Jährigen die mediale Welt erklärt! Das war mal etwas ganz Neues und ein sehr fruchtbarer Austausch. Der Klimawandel ist ein Generationen übergreifendes Thema. Deswegen möchte ich – unter anderem mit diesem Format – einen Beitrag zur Aufklärung leisten und allen Generationen ein inhaltliches Fundament an die Hand geben.

Sie sehen sich selbst also als Aufklärer?

Sven Plöger: Ich will vor allem eines: Wissenschaft übersetzen. Ich sehe mich selbst auf keinen Fall als Missionar. Meteorologie und Klimaforschung – das ist harter Tobak! Den möchte ich gerne herunterbrechen in Thesen und Botschaften, die jeder verstehen und dadurch auch besser einschätzen kann. Ein Satz der mich immer schon begleitet, stammt von Sir Francis Bacon: „Wissen ist Macht!“ Ich drehe ihn aber sehr gerne um: „Unwissen ist Ohnmacht!“ Diese Aussage finde ich sehr passend im Bezug auf den Klimawandel.  Denn wenn wir als Menschheit ohne vernünftige Wissensgrundlage gemeinsam an einem solch umfassenden Projekt arbeiten, wird uns das nicht gelingen. Es ist deswegen enorm wichtig, ein wissensbasiertes Fundament zu schaffen.

Wie waren denn die ersten Reaktionen auf die Reihe?

Sven Plöger: Obwohl es bisher kaum beworben wurde, haben schon einige tausend Menschen die Videos gesehen und viele positive und konstruktive Kommentare dagelassen. Darüber freue ich mich. Auch vernünftige Kritik schätze ich sehr, denn sie fördert die Debatte und bereichert den Diskurs! Aber natürlich sind auch ein paar unreflektierte, negative Beiträge darunter. Das ignoriere ich einfach. Beleidigungen und Ähnliches wandern direkt in die Ablage P, das ist der Papierkorb. Ich war auch schon mit einigen jüngeren Zuschauern in Kontakt, die sich lobend geäußert haben. Und zwar nicht nur zu den Inhalten, sondern auch wegen der Aufbereitung. Mein Team hat dabei tolle Arbeit geleistet, die grafischen Darstellungen zur Erklärung von wissenschaftlichen Phänomenen ist großartig umgesetzt. Und auch die Gestaltung des Studios mit den kleinen Hermetosphären in den Glasbehältern kommt sehr gut an und gefällt mir auch persönlich extrem gut! Inhalt und Optik sind toll aufeinander abgestimmt – und das ist das Ergebnis von Generationen übergreifender Teamarbeit. Eine große Bereicherung, die offensichtlich auch bei den Zuschauern gut ankommt.

Wann war der entscheidende Punkt in Ihrem Leben, sich nicht nur mit Wetter, sondern auch mit Klima zu befassen?

Sven Plöger: Es gab zwei entscheidende Momente. Der eine war noch während des Studiums, wo ich mit immer eindeutigeren physikalischen Erkenntnissen konfrontiert wurde, die über die normale Wettervorhersage hinausgingen. Der zweite Moment war, als der Sturm „Lothar“ über Süddeutschland hinweg fegte. Das war am 26. Dezember 1999. Ich war damals in der Schweiz und habe auf 1200 Metern Höhe Windböen von 180 km/h miterlebt. Wenn man bedenkt, dass Winddruck quadratisch wächst, kann man sich ungefähr vorstellen, wie heftig das war. Wir haben diese Situation für die Dokumentation „Wo unser Wetter entsteht“ auch im Windkanal nachgestellt: Ab 212 km/h konnte ich mich nicht mehr auf dem Boden halten. Zurück zu „Lothar“: Damals ging ein Drittel des Waldes vor meiner Nase durch den Sturm zu Bruch und es wurde mir zum ersten Mal klar, dass wir womöglich Opfer unserer eigenen Taten sind. Ich habe diese Erkenntnis zum Anlass genommen, mich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen, um auch selbst nachforschen und fundiert argumentieren zu können – zum Beispiel gegenüber den Leugnern des Klimawandels.

Wie begegnen Sie denn heute so genannten „Klimaskeptikern“?

Sven Plöger: Mit Wissen! Wir müssen die Physik hinter dem Klimawandel  verstehen. Es ist doch so: Das gesamte Erdsystem interessiert sich überhaupt nicht für uns. Dieser Planet braucht uns nicht. Aber wir brauchen ihn! Deswegen ist es wichtig, genau zu verstehen, was gerade passiert und auf Grundlage dieser Erkenntnisse zu handeln. Es ist nicht zielführend, die Veränderungen zu leugnen und sich die Welt schön zu reden. Das hilft niemandem jetzt und ist für die folgenden Generationen sogar richtig gefährlich. Es muss uns Menschen klar sein: Wir sind die einzigen, die sich um uns sorgen und deswegen auch die einzigen, die uns retten können.

Wenn man sich manche Modellrechnungen und Zukunftsprojektionen zum Thema Klimawandel anschaut, kommt einem das beinahe apokalyptisch vor. Es scheint ja fast schon zu spät, um noch etwas zu tun. Wie schaffen Sie es, trotzdem motiviert zu bleiben?

Sven Plöger: Natürlich fragt man sich ab und zu, wie wir das eigentlich realistisch schaffen sollen bei den enormen Dimensionen dieses Themas. Deswegen ist es extrem wichtig, die Gegenmaßnahmen in viele kleine Schritte einzuteilen. Wir haben es ja immerhin schon einmal geschafft, das Klima aus eigener Kraft aus dem Gleichgewicht zu bringen, jetzt muss es in die andere Richtung – also quasi wieder zurück – dringend auch funktionieren! Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sprechen dafür, dass wir es schaffen können, wenn wir kluge Maßnahmen ergreifen. Das Problem ist bisher, dass wir nicht das tun, was erforderlich wäre. Wenn man A sagt, aber B tut, kommt man nicht ans Ziel. Für diese Erkenntnis muss man kein Wissenschaftler sein! Wir müssen uns also Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer wir agieren. Es müssen Leuchtturm-Projekte sichtbar gemacht werden, die positive Effekte zeigen. Und wir müssen uns zurückerinnern an die Herausforderungen, die wir als Gesellschaft in der Vergangenheit bereits gemeistert haben: Man muss sich nur mal vor Augen führen, wie die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern lag und die Menschen trotzdem nicht aufgegeben haben.

Aufgeben ist nie eine Option.

Sven Plöger: Richtig! Wir sollten immer das tun, was wir tun können. Etwas einfach liegen zu lassen und zu jammern, führt nirgendwo hin. Wir müssen jetzt also von unserem Wohlstandssockel, auf dem wir sitzen, runter. Dieser Sockel ist nicht stabil gebaut. Unser Wohlstand beruht auf Ausbeutung von Natur und Menschen – so kann auf Dauer kein stabiles System funktionieren. Nicht nur im Bezug auf das Klima. Dieses Wissen gibt es schon lange, allerdings sind Menschen Gewohnheitstiere. Wir haben immer Angst, das zu verlieren, was wir schon haben und machen deswegen wider besseres Wissen so weiter wie bisher. Das ist ein schwerwiegender Fehler, weil genau das am Ende dazu führt, dass es den nachfolgenden Generationen deutlich schlechter gehen wird. Und das ist in allerhöchstem Maße unfair!

Wie könnte denn idealerweise eine Zukunft in 20 oder 30 Jahren aussehen? Was ist Ihre persönliche Vorstellung davon?

Sven Plöger: Ich würde mir zunächst wünschen, dass unserer Demokratie wieder mehr Respekt entgegengebracht wird und dass gesellschaftliche Debatten konstruktiver geführt werden. Ein kontroverser Austausch ist enorm wichtig, aber er sollte gesund und anständig passieren. Wenn wir das schaffen, können wir auch gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Es ist wichtig, dass es weltweit eine vernünftige Preispolitik gibt. Ein T-Shirt darf einfach nicht für 3,99 Euro angeboten werden und ein Flug von München nach Hamburg für 29 Euro ist ebenfalls absurd. Außerdem muss sich bei der Tierhaltung einiges verändern und auch hier wird das Auswirkungen auf die Preise haben. Wir brauchen deshalb Lösungen, die es verhindern, dass sich am Ende die Reichen alles und die Armen fast nichts mehr leisten können. Die Schere darf nicht größer werden. Es braucht ein kluges Konzept, mit dem wir die Gerechtigkeit einführen, über die wir schon so lange sprechen. Gemeinsam mit neu gedachter Mobilität und der Bereitschaft der Menschen, da auch mitzumachen, ergibt sich daraus eine riesige Chance auf eine positive Zukunft. Wir müssen nur den Mut fassen, endlich damit anzufangen.

Ich habe das Gefühl, es gibt immer mehr Menschen, auch in entscheidenden Positionen, die bereit dazu sind. Wie ist Ihr Eindruck?

Sven Plöger: Das ist so, ja! Wir fangen an, den Klimawandel tatsächlich zu spüren und das sorgt für ein größeres Bewusstsein. Es ist schade, dass es so lange gedauert hat und dass diese Haptik – also die Spürbarkeit der Veränderungen – nötig ist. Aber dass sich etwas bewegt, ist schon mal ein gutes Zeichen!

„Sven Plögers Klimablick“: Zu sehen auf dem Youtube-Kanal der ARD und in der
ARD-Mediathek.