Technischer Fortschritt

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Retro oder Fortschritt? (Foto: Designed by visnezh/Freepik)

„Die Kinder meiner Nachbarn haben jetzt auch ein Smartphone“, erzählt Paula etwas ratlos. Seit langem überlegt sie schon, wann wohl der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um ihrer Tochter ein Smartphone zu kaufen. „Die sind erst fünf und sieben Jahre alt. Sowas muss doch nicht sein, oder?“
„Ich habe mich bereits damit abgefunden“, gibt Elli zu. „Meine Tochter hat von der ganzen Technik heute schon mehr Ahnung als ich. Wenn mein Computer zickt oder mein Handy ein Update braucht, wende ich mich vertrauensvoll an die Jüngste im Haus.“ Paula schüttelt den Kopf. „Ich war 21 Jahre alt, als ich mein erstes Handy gekauft habe, und bin davor auch ohne klar gekommen.“ „Da warst du aber arg spät dran“, spottet Günther. „Na und? Ich konnte am Anfang nicht mal eine SMS schreiben. Nur telefonieren ging und selbst dazu musste ich erst einmal die Antenne ausziehen.“ Paula macht eine Handbewegung, die der Nutzung ihres früheren Handys gleicht. „Damit würdest du heute keinen Preis mehr gewinnen. Heute gibt es kein Handy mehr, es gibt ein Smartphone und das muss eine super Kamera haben, um möglichst viele Selfies zu schießen, es muss E-Mails verschicken können und das Wetter acht Wochen im Voraus vorhersagen. Natürlich braucht es noch eine Sprachsteuerung, damit ich auch während dem Nichtstun telefonieren kann, ohne die Hände zu benutzen, und zu guter Letzt muss es sich noch mit dem Fernseher koppeln lassen, damit ich Videos auf dem großen Bildschirm schauen kann.“ Günther hat Ahnung von Technik und lässt dies auch gerne ein bisschen raushängen. Paula weiß das und verdreht nur die Augen: „Wir haben jetzt auch einen neuen Fernseher, der sich mit dem Handy verknüpfen kann. Das ist für mich schon ein großer technischer Fortschritt. Ich schaue aber nur noch wenig Fernsehen. In meiner Lieblingssendung sprechen sie nämlich jetzt immer mit, was man sieht. Das nervt!“ Am Mittagstisch herrscht große Verwunderung. „Wie, die sprechen mit, was man sieht?“, fragt Günther nach. „Na, zum Beispiel: ‚Er betritt den dunklen Raum und findet den Schlüssel.‘“ Großes Gelächter bricht aus. Günther fängt sich wieder und klärt Paula auf :„Du bist wirklich genial! Euer Fernseher hat noch die Werkseinstellungen drin und was du meinst, ist kein technischer Fortschritt, sondern die Funktion für sehbehinderte Menschen.“