Die aktuelle Debatte um die Legalisierung des sogenannten Containerns (Entnahme von entsorgten Lebensmitteln aus Müllcontainern) ist nicht nur auf politischer Ebene aktueller denn je. Nach neuesten Gerichtsurteilen bleibt es zunächst illegal, nicht verkaufte Lebensmittel aus den Abfallbehältern großer Supermärkte zu entnehmen und gegebenenfalls noch zu verbrauchen – aus juristischer Sicht ein klarer Diebstahl und eine gesundheitliche Gefährdung. Wenngleich das Containern verboten bleibt, werden einige Alternativen angeboten, um nicht gewolltes Essen vor dem Müll zu bewahren.

Unterschiedliche Organisationen haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Teilen wieder modern zu machen und weggeworfene Lebensmittel aus der Nutzlosigkeit zu befreien. Auch in der Südpfalz werden Verbrauchern und Händlern Möglichkeiten geboten, der Verschwendung den Kampf anzusagen.

Laut Bundeszentrum für Ernährung werden deutschlandweit jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll entsorgt. Die Menge ergibt sich sowohl aus Privathaushalten, Händlern, Erzeugern als auch Verarbeitungsbetrieben. Schuld an der Müllmasse ist häufig das Mindesthaltbarkeitsdatum auf Verpackungen, aber auch gesetzliche Vorschriften, die den Verkauf von Lebensmittel regulieren. Die Folge: Genießbare und unbedenkliche Nahrungsmittel landen häufig in Abfallbehältern.

Sowohl die moralische Empörung darüber als auch die reale Bedürftigkeit mancher Menschen, ließen vor einigen Jahren das Containern auch in Deutschland publik werden. Eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erklärt, dass es sich beim Containern um einen Eingriff in das Eigentum anderer handle und auch vor dem Hintergrund der Lebensmittelsicherheit dringend davon abzuraten sei. Doch herrsche Einigkeit darüber, dass der Verschwendung ein Riegel vorgeschoben werden soll. Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner dazu: „Weniger Lebensmittel wegzuwerfen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jeder entlang der Lebensmittelkette kann seinen Beitrag leisten.“

(Foto: imago images/epd)

Einen Beitrag leisten bereits Organisationen wie die Tafeln, Initiativen wie foodsharing (dt.: Essen teilen) und Apps wie „too good to go“ (dt. zu gut, um zu gehen). All diese Beispiele verfolgen ein Ziel: Lebensmittel retten und verteilen, bevor sie im Müll landen.
Insgesamt 65 Tafeln in 104 Ausgabestellen sind in Rheinland-Pfalz und dem Saarland vertreten. Die meist ehrenamtlichen Helfer sammeln nichtverkaufte Waren direkt bei den Händlern und stellen sie Bedürftigen zur Verfügung. In ganz Deutschland retten die Tafeln damit pro Jahr über 260.000 Tonnen Lebensmittel.

Nach einem ähnlichen Prinzip verfährt die Initiative foodsharing. Gegründet 2012 in Berlin, sind seit 2016 auch immer mehr Anlaufstellen in den südpfälzischen Regionen aktiv. Auch hier werden Produkte, die weder verkauft noch von den Tafeln genutzt wurden, in sogenannte Fair-Teiler gebracht. So sind die Lebensmittel für jeden zugänglich und auch Privatpersonen können überschüssige Lebensmittel spenden. Sabrina Stolarczuk, foodsharing-Botschafterin für Neustadt und den Landkreis Südliche Weinstraße unterstreicht das Ziel der Initiative: „Das Konzept foodsharing soll alle ansprechen, die etwas gegen die Lebensmittelverschwendung unternehmen möchten. Wir wollen aufklären und Bewusstsein für den Wert von Nahrung schaffen. Die Ressourcen unserer Welt sind nicht unendlich, doch wenn wir gute Arbeit leisten, wird unsere Initiative überflüssig. Es wird nur so viel produziert und verkauft, wie auch verbraucht werden kann. Das wäre unser Wunsch.“

Bei der App „too good to go“ rettet der Verbraucher selbst die Lebensmittel vor der Entsorgung im Supermarkt. Kooperierende Geschäfte sind in der App hinterlegt und sichern überschüssige und nicht verkaufte Waren in einer Wundertüte, die der Kunde selbst abholt.
Regionale Geschäfte, welche sich an Aktionen der Tafeln oder des foodsharing beteiligen, sind meist mit einem Aufkleber markiert. In der App „too good to go“ sind die teilnehmenden Märkte ebenfalls gelistet. Am Ende sollen jedoch noch weitere, wichtige Instanzen nicht vergessen sein, welche essbare Lebensmittel von Müll unterscheiden können: die menschlichen Sinne. Manchmal kann man auch auf diese vertrauen. (stm)