Rheinland-Pfalz. Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa jährte sich am 8. Mai zum 77. Mal. Als Folge des von Nazideutschland entfesselten Eroberungskriegs wurden Millionen Männer und Frauen zum Arbeitseinsatz ins Deutsche Reich verschleppt, Zehntausende auch in die Pfalz. Zwangsarbeiter gehörten ab 1942 zum Alltag. Sie waren in der Landwirtschaft, im Handwerk und in Fabriken eingesetzt. 

Das Forschungs- und Gedenkprojekt „Zwangsarbeit in der Pfalz 1939 bis 1945“ des Bezirksverbands Pfalz wurde im Frühjahr 2021 initiiert. Mit der Umsetzung sind das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde (IPGV) und das Zentralarchiv des Kommunalverbands beauftragt. Ziel ist es, erste lokale Forschungsansätze zur Zwangsarbeit miteinander zu verknüpfen und möglicherweise zu erweitern.

Ein für 26. April geplantes Bürgerforum in Bad Dürkheim wurde aufgrund der geringen Zahl von Anmeldungen abgesagt. Eine identische Veranstaltung wird nun am Mittwoch, 6. Juli, 18 Uhr, in Rodalben angeboten. Dr. Christian Decker vom IPGV und Zentralarchivar Ulrich Burkhart werden dabei das Forschungsvorhaben vorstellen. Eingeladen sind alle Interessierten, insbesondere Zeitzeugen, die berichten können oder historische Dokumente und Fotos zum Thema Zwangsarbeit besitzen, die sie der Forschung zur Verfügung stellen möchten. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung unter forschung-zwangsarbeit@bv-pfalz.de oder Telefon 0631-89290338. 

Zwangsarbeiterlager „Biebermühle“ bei Pirmasens 1942-43.               (Foto: Foto-Striemann-Lichtbildwerkstätte-Pirmasens)

Die regionale Forschung hat bereits einige verdienstvolle Beiträge hervorgebracht, ein pfalzweiter Ansatz fehlt bisher. Dies betrifft nicht zuletzt das Netz der Zwangsarbeiterlager, das ab Ende 1939 entstand. Zu den größten Lagern in der Pfalz gehörte mit 50 Baracken für über 4.000 Menschen der Standort „Biebermühle“ bei Pirmasens, mit dem sich der Ausschuss für Gedenkarbeit und Demokratieförderung des Bezirksverbands Pfalz unter Vorsitz von Felix Schmidt befasst hat. Über Zwangsarbeiter in Landau hat der damalige Stadtarchivar Dr. Michael Martin 2001 einen Beitrag veröffentlicht. Nach einer Liste der Stadt waren in den Jahren 1943 bis 1945 in Landau 3.282 Ausländer und Ausländerinnen wenigstens zeitweise beschäftigt. Die größten Gruppen kamen aus der Sowjetunion, Frankreich und Polen.

Tragische Schicksale verbergen sich hinter lapidaren Aktennotizen

 „Erschießung bei Fluchtversuch in Hambach oder Rhodt“, heißt es zur Todesursache eines italienischen Zwangsarbeiters am 24. November 1944. Der französische Gefangene Henri Fournier wollte am 8. Oktober 1941 fliehen und verunglückte auf der Eisenbahnstrecke Landau-Winden tödlich. „Dass das acht Tage alte Baby der ukrainischen Arbeiterin Pyrka aus Nußdorf wenige Tage nach seiner Geburt an Lebensschwäche starb, fügt sich in das trostlose Bild der Verhältnisse ein“, so Dr. Martin.

Wie Eginhard Scharf in einem 2001 veröffentlichten Aufsatz dargelegt hat, wurden pfälzische Frauen, die mit Ausländern „verbotenen Umgang“ pflegten, hart bestraft. Seine Auswertung einer Aktengruppe aus der Neustadter Gestapo-Überlieferung kommt zu dem Schluss, dass französische Gefangene als „Liebhaber“ bei den pfälzischen Frauen besonders begehrt waren. Zur Abschreckung wurden „ehrvergessene“ Frauen mit Namen in der Presse angeprangert. Sicherheitskräfte vermuteten eine erhebliche Dunkelziffer, Spitzel wurden eingesetzt. In Forst an der Weinstraße wurde sogar eine BDM-Führerin verbotener intimer Kontakte überführt. Eine 20-Jährige aus Herxheim, die „ihrem Franzosen“ heimlich mehrere Briefe zugesteckt hatte, wurde vom Amtsgericht Landau im September 1942 zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. (ebl)

Porajmos-Denkmal, Wiesbaden (Teilansicht), hergestellt in der Sinti-Werkstatt Albersweiler/Pfalz. Das Romanes-Wort Porajmos bezeichnet den Völkermord an den europäischen Roma in der Zeit des Nationalsozialismus. Er bildet einen Höhepunkt der langen Geschichte von Diskriminierung und Verfolgung. Die Zahl der Opfer ist nicht bekannt.
(Foto: Wikipedia)