Sie sind derzeit mit ihrem Programm „TILT-der Jahresrückblick 2018“ unterwegs. Wie sieht denn so ein typischer Tourtag von Ihnen aus?

Urban Priol: Der typische Tourtag beginnt morgens um 7.30, 8 Uhr mit dem Morgenmagazin. Dann schaue ich mir an, was am Tag vorher war, weil wir auch im Jahresrückblick immer gucken, dass wir Aktuelles mit einarbeiten. Dann wird gefrühstückt, einige Zeitungen quergelesen und dann fahren wir auch schon meist zum nächsten Auftritt. So sieht die übliche Tourneewoche aus. Wir schauen immer, dass wir relativ frühzeitig am Ort sind, damit wir dort noch etwas von der Stadt mitbekommen. Vielleicht entdeckt man ja noch einige Besonderheiten, die für einen räumlichen Bezug ganz gut passen. Eine Stunde vor dem Auftritt findet eine technische Probe statt, dann geht es in die Garderobe, man überfliegt den Text nochmal und bereitet sich auf den Auftritt vor. Es ist im Prinzip ein Zwölf-Stunden-Tag – bevor der Auftritt beginnt.

Gibt es da einen gewissen Reiz, auf der Bühne zu stehen?

Urban Priol: Ja, schon. Der direkte Kontakt mit dem Publikum, das ist 1:1. Man überlegt sich etwas Neues und fragt sich: „Wie kommt das an?“. Wenn ein Programm sehr frisch ist und man dann das direkte Feedback vom Publikum bekommt – das ist einfach toll!

Sie sind ja ein Allround-Talent: Kabarett-Tourneen, Live-Auftritte und Sie präsentierten knapp sieben Jahre lang die politische Kabarettsendung „Neues aus der Anstalt“ im ZDF – was macht eigentlich davon am meisten Spaß?

Urban Priol: Alles! Alles hat zu seiner Zeit im Rahmen immer Spaß gemacht. Ich habe auch Radio gemacht – und mache immer noch Radio. Da hast du dein Mikro, kannst dich ausprobieren und deine Texte einsprechen. Im Fernsehen, die sieben Jahre beim ZDF, das war wie eine große Familie. Wir hatten vom ersten bis zum letzten Tag – bis zur letzten Folge der Staffel –, bis auf zwei Abweichungen, ein identisches Team, da wächst man schon zusammen. Die Zeit war zwar sehr arbeitsintensiv, aber man hat sich immer auf die Zusammenarbeit gefreut. Und da ich ja vorher schon vier Jahre lang 3Sat-Live gemacht habe, war ich nach elf Jahren im Fernsehen eigentlich ganz froh, dass ich vermehrt live auf der Bühne sein konnte. Da musste ich nicht mehr so genau darauf achten, ob ich in der Zeit bleibe oder in welche Kamera ich schauen muss. Auf der Bühne bist du einfach frei! Ich habe ja auf der Bühne angefangen und daher wird die Bühne für mich auch immer das Spannendste bleiben.

Gibt es da noch Zeit für ein Privatleben?

Urban Priol: Ja, das geht, wenn man es sich einteilt. Seit über 30 Jahren Privatleben kein Wochenende – so kenne ich das. Das ist ganz spannend. Man hat hier und da schon mal eine gemeinsame Auszeit und kann die Zeit unter der Woche ganz anders genießen. Das hat bis jetzt immer gut geklappt.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten? Haben Sie ein bestimmtes Hobby?

Urban Priol: Ja, einige. Ich lese sehr gerne – abseits der Lektüre der Tageszeitung – und gehe wahnsinnig gerne ins Kino. Mit meiner Tochter mache ich an Heilig Abend immer die lange Filmnacht bis morgens um 6 Uhr – das hat auch schon eine lange Tradition. Seit meiner Kindheit bin ich Autofan und habe mir eine kleine Oldtimersammlung zugelegt. Zur Entschleunigung fahre ich sehr gerne mit den Oldtimern herum und nehme gemeinsam mit Freunden an Oldtimer-Rallyes teil. Außerdem gehe ich sehr gerne spazieren und fahre sehr gerne Fahrrad. Von daher habe ich kein Problem, einen Tag zu füllen, wenn ich abends nicht auftreten muss. Und ich koche sehr gerne! Das ist für mich die schönste Entspannung, wenn ich an meinen Herd gehe.

Was gibt es dann?

Urban Priol: Ganz unterschiedlich. Ich mache das immer frei Schnauze – so wie auf der Bühne eigentlich auch. Ich denke mir, das müsste eigentlich schmecken und dann kommt alles rein. Und dann wird alles eingedampft, wie ein Text auch. Und dann kommt meist eine ganz gute Soße heraus. (lacht)

Haben Sie den Landauer Weihnachtsmarkt besucht?

Urban Priol: Auf dem war ich schon! Leider war heute die Zeit dazu zu knapp. Einen Glühwein kurz vor dem Auftritt zu trinken, das geht dann doch nicht. Aber ich habe ihn in sehr guter Erinnerung, weil er so nett und überschaubar ist.


Steckbrief
Geboren:
Urban Priol wurde am 14. Mai 1961 in Aschaffenburg geboren. Als Kind lebte er in Obernburg am Main.
Studium:
An der Universität Würzburg begann er ein Lehramtsstudium in Englisch, Russisch und Geschichte, brach es aber kurz vor dem Examen ab.
Auszeichnungen:
Deutscher Kleinkunstpreis, Deutscher Kabarettpreis, Bayerischer Kabarettpreis, Deutscher Fernsehpreis in der Kategorie Beste Comedy für Neues aus der Anstalt, gemeinsam mit Georg Schramm, Kulturpreis der Stadt Aschaffenburg, Schweizer Kabarettpreis Cornichon, Berlin-Preis „Das große Kleinkunstfestival“, und viele weitere.
Markenzeichen:
Untermainländische Mundart, abstehende Haare, trinkt während seiner Auftritte alkoholfreies Weizenbier.
Hobbys:
Priol sammelt Oldtimer und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur.
Besonderes:
Nach ihm wurde der Asteroid „Urbanpriol“ benannt.


Wie haben Sie denn Ihr Unterhaltungs-Talent entdeckt? Und wann stand für Sie fest, dass Sie Kabarettist werden?

Urban Priol: So fest stand das eigentlich gar nicht. Ich habe mich im Leben eigentlich immer treiben lassen, verschiedene Sachen angeguckt und ausgewählt, was mir gefällt. In der Schule war ich immer schlecht in Sport, aber mit irgendetwas musste man ja auf sich aufmerksam machen – gerade bei den Mädchen. In der 9., 10. Klasse habe ich mein parodistisches Talent entdeckt, weil ich eben in Sport gnadenlos schlecht war, aber die Lehrer nachmachen und die ganze Klasse unterhalten, das konnte ich! Das kam ganz gut an. Während meines Zivildiensts dann, lernte ich Liedermacher kennen, die zu dritt gerade eine Produktion hatten. Sie meinten: „Du unterhältst uns ja immer so gut, wenn wir Pause haben. Du kannst den Kohl und den Brandt so gut nachmachen. Hättest du nicht mal Lust, bei uns mal fünf Minuten mitzumachen? Das wäre etwas Neues.“ Und ich sagte: O.K., mach ich“ Und so ging es los. Ich habe Englisch, Geschichte und Russisch studiert und in der englischen Theatergruppe gearbeitet, was mir sehr viel Spaß gemacht hat, und wir gründeten ein Kabarett-Ensemble. Das wuchs einfach so. Es war eine stetig ansteigende Rolltreppe, die ewig läuft. Das war mir lieber, als eine Rakete an Silvester nach oben zu schießen und dann zu verpuffen.

In Deutschland gibt es ja recht viele Kabarettisten bzw. Comedians. Wie schafft man es denn in diesem Umfeld, sich durchzusetzen und über einen so langen Zeitraum vorne mit dabei zu sein?

Urban Priol: Ich kann es nicht erklären. Das ist eben die tägliche Arbeit. Wie der alte Spruch: „Wer schreibt, der bleibt!“ Ich schreibe halt auch jeden Tag. Ich habe meine kleinen Kladden, da wird alles aufgeschrieben, was mir einfällt. Das kann mal etwas aus der Zeitung sein oder ich höre etwas im Radio, lese etwas im Netz, schaue etwas im Fernsehen. Ich laufe auch mit offenen Augen durch das Leben. Ich glaube die Haupttriebfeder ist eine unstillbare und permanente Neugier auf alles. Also, ich könnte immer! (lacht) Und es macht mir Spaß. Ich hatte auch viel Glück im Leben. Ich wache morgens auf und sage als erstes: „Danke!“

Haben Sie ein Vorbild? Welche Musik hören Sie privat und welchen Schauspieler sehen Sie gerne?

Urban Priol: Also, mein satirisch-kabarettistisches Vorbild ist Dieter Hildebrandt. Als ich 15, 16 Jahre alt war, machte er gerade die „Notizen aus der Provinz“ im ZDF. Das habe ich mir immer angeschaut und am nächsten Tag in der Schule nachgespielt. Dieter Hildebrandt hat mich immer begeistert! Wir haben uns oft getroffen, uns immer gut verstanden und viel miteinander gemacht. Er selbst – schon weit über 80 – war immer neugierig auf alles. Das hat mich schon beeindruckt und geprägt. Vorher, in der 8. Klasse schon, liefen Schobert & Black im Fernsehen. Auf einer Ski-Freizeit habe ich alle genervt, weil ich ihre Lieder gesungen und ihre Limericks erzählt habe (lacht). In Sachen Musik habe ich mit den Rolling Stones und den Beatles angefangen. Man musste sich ja damals entscheiden: Stones oder Beatles? Ich habe beides gemocht. Dann kam noch Elton John dazu. Außerdem hatten wir die Hitparade im Bayerischen Rundfunk und hörten, was eben so kam. David Bowie habe ich in der Jugend sehr geschätzt, Pink Floyd natürlich auch. Das einschneidenste Erlebnis für mich war 1978. Ich kam gerade vom Pilze sammeln und fuhr mit meinem Auto nach Hause. In der Radiosendung „Fritz und Hits“ auf Bayern kam „Sultans of Swing“ von den Dire Straits. Und ich fragte mich: „Was ist denn das? Nichts, was man vorher gehört hatte, konnte da mithalten. Mein Auto fuhr schon automatisch auf zwei Spuren (lacht). Am nächsten Tag sind wir sofort in den Plattenladen und wollten die Platte bestellen. Der Händler fragte uns, was denn los sei, denn scheinbar waren schon etliche Leute vor uns da. Dann kam die LP und es war für uns wie ein Bruch mit allem, was man vorher gehört hatte. Die Dire Straits waren für mich schon sehr einschneidend. Mein Lieblingsschauspieler ist Michael Caine, den ich wirklich sehr gerne sehe. Eigentlich alle aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum wie Sean Connery oder Donald Pleasence. Zudem bin ich großer Bond-Fan. Ich kann zwar nicht alle Filme mitsprechen, aber viele Stellen schon. Im deutschsprachigen Raum habe ich immer Götz George sehr geschätzt.

Was war bis jetzt Ihr persönliches Highlight?

Urban Priol: Die Geburt meiner Tochter!

Wenn Sie sich auf die Anfänge Ihrer Karriere zurückbesinnen, was würden Sie anders oder was würden Sie genauso machen?

Urban Priol: Ich glaube, ich würde alles wieder genauso machen wie jetzt auch! Es ist so gut gelaufen, es war alles so ungeplant. Es hat immer Spaß gemacht und macht jetzt auch immer noch Spaß! Also, ich würde es wieder genauso machen!

Wenn Sie Ihr Leben als Kabarettist in einem Satz zusammenfassen müssten, wie würde dieser lauten?

Urban Priol: Leiden halbieren, Lachen verdoppeln! Das ist mein Motto.

Waren Sie schon oft in der Südpfalz unterwegs, bzw. was kennen Sie von unserer Region?

Urban Priol: Wir waren neulich erst da. Wir sind mit vier Oldtimern hier herumgefahren. Ich bin hier öfters. Vor allen Dingen die kleinen, engen Sträßchen haben riesen Spaß gemacht. Wir hatten richtig tolles Wetter erwischt und das Laub war schon richtig schön bunt. Wir sind dann über Fischbach und Pirmasens gefahren. In Zweibrücken hatten wir unser Hotel und von dort aus haben wir immer Ausflüge gemacht. Ich liebe diese Gegend! Es ist ja auch von mir nicht sehr weit weg. Es ist schön, gemütlich und ein bisschen locker. Hajo, mache mer n Ausflug, fahre mer in die Palz oder rüber ins Elsass! (lacht) Wir Nordbayern, wir sind ja Beutebayern bzw. Beutepfälzer. Wir hatten ja früher mal – Anfang des 19. Jahrhunderts – miteinander zu tun. Ich denke, das ergänzt sich ganz gut! Ich habe auch schon einmal gedacht – in manchen Gegenden Mitelfrankens gibt es ja etwas muffige Leute – „Mensch, die Gegend ist schon toll, man sollte sie halt mit Pfälzern bevölkern.“ (lacht)

Auf was dürfen sich Ihre Fans als Nächstes freuen? Können Sie unseren Lesern schon etwas verraten?

Urban Priol: Im nächsten Jahr gibt es dann ein neues Tourprogramm, da arbeiten wir dann ab Juni, Juli dran. Ansonsten bin ich hier und da in der ein oder anderen Fernsehproduktion zu sehen. Wenn es die Zeit zulässt, dann veröffentlichen wir auch noch ein Buch.
Haben Sie vor Ihren Auftritten Lampenfieber oder wird dies im Laufe der Zeit besser?
Urban Priol: Es ist nicht mehr so schlimm, wie am Anfang. Da war ich ja schon Wochen vorher am Ende und nervös. Aber es ist immer noch so, dass 20 Minuten vorher die Spannung steigt. Und wenn es dann auf die Bühne geht, dann ist die innere Spannung schon da. Wenn die aber irgendwann nicht mehr da wäre, dann müsste ich mir Gedanken machen. Nervös bin ich nicht mehr, aber positiv angespannt.

Was tun Sie, um sich fit zu halten?

Urban Priol: Ich gehe viel an die frische Luft, laufe gerne und fahre Fahrrad. Die zweieinhalb, drei Stunden auf der Bühne ersetzen eigentlich das Fitness-Studio. Und ich habe ja einen Lauf! (lacht) (teu)