Appenhofen/Siebeldingen. Früher als sonst sind in diesem Jahr die Getreidefelder in der Südpfalz abgeerntet. Die Mähdrescher haben in den letzten drei Wochen den größten Teil ihrer Arbeit schon erledigt. Störche und andere Vögel nehmen die abgemähten Felder für sich ein. Für das Getreide bedeutet das nun also: Ab ins Silo – oder direkt zur Mühle. Diese gab es in der Vergangenheit sehr zahlreich in der Region, viele Orts- oder Gebäudenamen deuten noch darauf hin: Bienwaldmühle, Mühlhofen, Neumühle bei Offenbach, Zeiskamer Mühle, diverse Mühlgräben, usw. Die Liste kann beinahe unendlich fortgeführt werden. Aber durch Industrialisierung und Globalisierung sind inzwischen eigentlich nur noch die Namen geblieben. In der Südpfalz gibt es heute nur noch eine aktive Mühle, in der ganz klassisch Mehl zum Backen hergestellt wird: die Bischoff-Mühle in Appenhofen. In Siebeldingen stellt die Kügler-Mühle aus dem Getreide der Region Tierfutter her.

Theresa und Johannes Frey von der Bischoff-Mühle. (Foto: hea)

„Klassisch“ stimmt in diesem Zusammenhang natürlich nicht ganz: Denn auch wenn praktisch immer noch genau wie vor hunderten von Jahren dort aus Körnern Mehl entsteht, ist die Technik topmodern. Theoretisch könnte eine Mühle heutzutage also überall stehen, aber meist verbirgt sich eine lange Tradition dahinter und der heutige Betrieb steht immer noch am ursprünglichen Standort am Wasserlauf. So ist das auch in Appenhofen, wo zu dieser Jahreszeit regelmäßig Traktor-Stau entsteht. In den kleinen Billigheimer Ortsteil liefern Landwirte aus der ganzen Region ihr Getreide. So entstehen dort verschiedene Mehlsorten in unterschiedlichen Typen – regional und hochwertig. Regelmäßig wird die Qualität des Mehls und dessen Eigenschaften überprüft. Letztere variieren nämlich je nach Jahrgang und Witterungsbedingungen. „Wir können den Bäckern dann auch Tipps an die Hand geben, wie sich das Mehl in dieser Saison verhält“, beschreibt Junior-Chef Johannes Frey. In diesem Jahr sei die Qualität besser, als ursprünglich erwartet – das trockene Frühjahr hat den Landwirten Sorgen bereitet. Das Korn konnte sich aber rechtzeitig erholen.

Moderne Walzenstühle. (Foto: hea)
Historischer Walzenstuhl in der Bischoff-Mühle. (Foto: hea)

Seit dem 18. Jahrhundert ist die Mühle schon im Besitz der Familie von Johannes Frey, die Leidenschaft für das Getreide und die Region wird von Generation zu Generation weitergegeben. Auch seine Schwester Theresa Frey engagiert sich im Betrieb: Unter ihrer Federführung entstand in den letzten Wochen ein Online-Shop. Schon seit einigen Jahren können auch Privatkunden im Mühlenladen vor Ort einkaufen. Als die Nachfrage nach Mehl im März so immens stieg, entstand die Idee, die Produkte auch online zu verkaufen. „Es wurde auch sofort sehr gut angenommen, man merkt, dass die Leute die Regionalität schätzen!“, so Theresa Frey.

Julia Kügler in der Brotwerkstatt. (Foto: honorarfrei)

Ähnliche Erfahrungen hat gerade in den letzten Monaten auch Julia Kügler von der Kügler-Mühle in Siebeldingen gemacht: Auch sie hat die Zeit genutzt und Online-Shops erstellt, um ihr Vor-Ort-Angebot zu ergänzen. Denn auch wenn in der Kügler-Mühle selbst kein Mehl hergestellt wird, gibt es auch dort im Mühlenladen seit einigen Jahren alles rund ums Thema Backen. „Der Trend ist seit vier bis fünf Jahren deutlich zu sehen: Die Menschen achten auf Nachhaltigkeit und Regionalität. Seit ich den Mühlenladen führe, habe ich das ganz deutlich erlebt, es ist immer mehr geworden“, berichtet Julia Kügler.

Den Laden in Siebeldingen gibt es bereits seit 40 Jahren. Hinzugekommen ist in den letzten Jahren aber auch die Botwerkstatt, wo Workshops rund ums Brotbacken angeboten werden. Auf dem dazugehörigen Instagram-Kanal verbindet sich so altes Handwerk und Regionalität mit modernen digitalen Trends. (hea)

www.bischoff-muehle.de
www.kuegler-muehle.de