Herxheim. Unter Biodiversität versteht man alle Arten und Organisationsstufen von Lebewesen, deren genetische Vielfalt, die Vielfalt von Ökosystemen sowie die in diesen Systemen wirkenden Prozesse. Da jede Art der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion, wie beispielsweise die Bewirtschaftung eines Ackers, einen künstlichen Eingriff in das Ökosystem der Natur darstellt, stellt sich die Frage, ob und wie moderne Landwirtschaft und der Erhalt der Artenvielfalt zusammenpassen. In Herxheim ist es den Landwirten gelungen, auf den Feldern Nahrungsmittel zu produzieren und mit Blühstreifen, Feldlerchenfenstern und anderen Maßnahmen, gleichzeitig etwas für den Artenschutz zu tun.

Bienen summen zwischen duftenden Malven, Sonnen- und Kornblumen umher, daneben flattern Schwalbenschwänze, Tagpfauenaugen und Kohlweißlinge: Auf dem etwa zwei Meter breiten Blühstreifen, der entlang eines Feldwegs in Herxheim verläuft, herrscht reges Treiben.

Matthias Detzel in einem Feld mit Zuckerrüben. Rechts: konventioneller Anbau mit Pflanzenschutzmitteln, links: ohne Pflanzenschutzmittel; das mannshohe Unkraut hat die Zuckerrüben überwuchert. (Foto: teu)

„Wir vom Bauernverband Herxheim haben uns Gedanken gemacht, wie wir den Erhalt der Artenvielfalt unterstützen können“, erklärt Matthias Detzel, Erster Vorsitzender des Bauernvereins Herxheim und Initiator sowie Organisator der Radtour „Faszination Landwirtschaft und Umwelt“, die am 16. Juni, stattfand. Teil des Programms war die Mitmach-Aktion „Schau ins Feld!“ der Initiative „Die Pflanzenschützer“. „Die Aktion ‚Schau ins Feld!‘ fand in diesem Jahr zum zweiten Mal statt, die Radtour zum ersten Mal“, so Detzel. Seit vier Jahren existieren Biodiversitätsprojekte wie das Anlegen von Blühstreifen und Feldlerchenfenstern oder das Abtragen von Feldrain als Nistmöglichkeit für Wildbienen. „Wir haben uns eine speziell für Herxheim zugeschnittenen Blühmischung kreiert und diese in Streifen, den sogenannten Blühstreifen – als Ackerrandstreifen oder vollflächig auf stillgelegten Äckern – ausgesät. Die Gemeinde unterstützt uns dabei und jeder Landwirt bekommt zehn Kilogramm dieser Blühmischung gratis, das reicht für einen Hektar“, weiß der 34-Jährige. „Unterstützt wurden wir bei unserem Vorhaben auch durch den Beigeordneten Hans Müller, der ebenfalls Landwirt ist und die Biodiversitätsstrategie für Herxheim entwickelt hat. In seiner Veröffentlichung ‚In Herxheim blüht uns was‘ entwickelt er eine Drei-Säulen-Strategie, die sich auf das Engagement der Kommunen, der Landwirtschaft und der Bürger stützt.“

Blüh- oder Pufferstreifen am Feldrand sind Lebensraum für viele Wildtiere. Die bunte Farbenpracht bietet Schutz und Nahrung für Insekten, Vögel und Säugetiere. Auch in Herxheim säumen nun zahlreiche Blühstreifen die Felder. Zudem wurden 114 ca. drei mal zehn Meter große Feldlerchenfenster eingerichtet. „Das sind doppelt so viele, wie im letzten Jahr“, so Detzel. In diesen bewusst angelegte Fehlstellen im Getreidebetand, welche durch das Aussetzen der Drillmaschine bei der Einsaat entstehen, finden Vögel Lande- und Brutplätze sowie genügend Futter und Schutz vor Greifvögel. Darüber hinaus wurden in Herxheim die Böschungen eines Feldweges steil abgetragen, um in diesem Feldrain Nistmöglichkeiten für Wildbienen zu schaffen.

Zwei Feldlerchenfenster aus der Vogelperspektive.
 (Foto: honorarfrei)

Die Projektflächen „Schau ins Feld“ hingegen zeigen, die Auswirkungen auf verschiedene Kulturpflanzen der konventionellen Landwirtschaft, wenn diese nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. „Pflanzenschutzmittel dienen dem Schutz der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen und sind für die Nahrungmittelproduktion unerlässlich“, erklärt Detzel. „Natürlich gibt es auch Biohöfe, die auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Diese benötigen jedoch völlig andere Verfahren wie mechanische Hacken, Abbrennfunktion, Distelwasser, haben einen über 50 Prozent höheren Aufwand und weniger Ertrag. Wir in Herxheim sind jedoch konventionell wirtschaftende Betriebe. Wir sind auf Pflanzenschutzmittel angewiesen und wollten zeigen, wie und warum wir diese einsetzen und was passiert, wenn wir keine einsetzen – ein nahezu totaler Ernteausfall. Der sachgerechte, gezielte und zentimetergenaue Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch fachkundige Landwirte sorgt dafür, dass nur so viel wie nötig verwendet wird. Durch die verschiedenen Projektflächen ‚Ernte in Gefahr!‘ wollten wir dies verdeutlichen und verständlich machen“, so Detzel.

„In Sachen Biodiversität kann jedoch jeder von uns einen kleinen Beitrag zum Artenschutz beitragen“, erklärt Detzel. „Mit Blühmischungen beispielsweise lassen sich im eigenen Garten oder sogar auf dem eigenen Balkon blühende Oasen für Bienen und Insekten schaffen. Das ist nicht nur ein wertvoller Beitrag, den jeder einzelne leisten kann, sondern sieht auch wunderschön aus.“