Sascha Zeus und Michael Wirbitzky kennt der eifrige Radiohörer und Comedyfan als bayrische Wuchtbrumme Kathrin Vierthaler und Dauernörgler Peter Gedöns oder auch als Old Plapperhand und seinen weiß-blauen Bruder. Im Zwei-Wochen-Rhythmus moderieren die beiden die SWR3 Morningshow. Wenn Sie sich nicht gerade Pointen im Radiostudio entgegenfeuern, bereisen sie Deutschlands Comedybühnen und sorgen bei den Zuschauern für so manchen Lachanfall.

Sie moderieren von 5 bis 9 Uhr die SWR3 Morning-Show. Sind Sie eigentlich Morgenmenschen?

Michael Wirbitzky: Man wird das im Laufe der Jahre. Als Student habe ich mir immer geschworen, dass ich so etwas nie machen könnte – so früh arbeiten. Ich habe überhaupt nicht gewusst, dass in diesem Land Leute vor 7 Uhr morgens unterwegs sind – oder vor 9 Uhr. Auch wenn man im Laufe der Jahre zu einem Morgenmenschen wird, ist es dennoch kein Geschenk, um 3 Uhr morgens aufzustehen.
Sascha Zeus: Und man gewöhnt sich auch nicht daran. Vor SWR3 habe ich länger geschlafen. Jeder Mensch schläft länger als wir (lacht). Aber wie Michael sagt, man wird mit der Zeit zum Morgenmenschen. Wir müssen wach sein, das ist der Job. Ich kann auch nicht mehr so lange schlafen wie früher. Auch am Samstag oder Sonntag bin ich um 7.30 Uhr wach.

Ich stelle es mir auch schwierig vor, so früh am Morgen schon so gute Laune zu haben…

Michael Wirbitzky: Wir haben ja ein bisschen Vorlauf. Also wenn ich um 3 Uhr aufstehe, bin ich nicht gut drauf (lacht). Und auch um 3.20 Uhr bin ich noch nicht der ganz große Entertainer. Um zehn vor vier fällt mir auch noch nichts ein. Aber dann ab vier müssen wir im Sender sein und dann ist auch relativ viel zu tun. Wir beide sprechen uns ab, was wir noch Lustiges in die Sendung mit einbringen können. Wir reden aber auch mit der Nachrichtenredaktion, dem Wetter- und dem Verkehrsmenschen – man ist schon sehr beschäftigt in dieser Stunde vor Sendebeginn. Und diese Stunde hilft einem wahnsinnig gut, wach zu werden. Die gute Laune hat auch etwas mit einer professionellen Einstellung zu tun. Die Hörer erwarten von uns ein gewisses Entertainment. Und das wollen wir ihnen natürlich auch bescheren. Die Sendung ist zudem eine Konzentrationsaufgabe. Wir fahren ja auch vier Stunden lang die Technik selber. Und wenn die Musik läuft, hauen wir uns ja nicht gegenseitig Scherze um die Ohren. Das ist eine konzentrierte Arbeit. Dieses Entertainment rufen wir nur für ein paar Moderationsphasen ab. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass unsere gute Laune gekünstelt ist.

Was machen Sie, wenn Sie nicht On Air sind, wenn also z. B. die Musik läuft?

Michael Wirbitzky: Ganz unterschiedliche Dinge. Wenn in der Nacht vorher z. B. die Oscarverleihung stattgefunden hat, dann sagt uns unser Producer, dass es einen Beitrag über den Gewinner der Kategorie bester Schauspieler geben wird. Wir überlegen uns dann, wie wir moderativ in das Thema einsteigen können. Das heißt, es gibt viele Absprachen, während die Musik läuft.
Sascha Zeus: Oder wir lesen online oder in der Zeitung eine Geschichte und überlegen uns, wie wir das lustig an den Hörer weitergeben können. Da kommt es oft zu schönen Szenen. Zum Beispiel, wenn wir den Gag noch nicht gefunden haben, es aber nur noch 20 Sekunden bis zur Moderation sind. Meistens finden wir eine Pointe, manchmal nicht. Es ist sehr hilfreich, dass wir schon so lange zusammenarbeiten und wir uns aufeinander verlassen können. Michael weiß, dass von mir etwas zurückkommt und umgekehrt auch. Und dann geht es meistens gut– manchmal auch nicht.
Michael Wirbitzky: In der Regel aber schon. Wir werden auch häufig gefragt, wie spontan unsere Moderationen sind. Oft ist es in der Weise spontan, wie es Sascha gerade beschrieben hat, aber nie in letzter Konsequenz. Wir überlegen uns schon, wie wir einsteigen und auf was wir hinauswollen. Alles andere wäre nur Gelaber. Das würde auch der Hörer sofort merken. Dass da jemand einfach nur das Mikro aufgemacht und sich letztlich nicht überlegt hat, was er eigentlich sagen möchte. Das wollen wir den Leuten nicht bieten.
Sascha Zeus: Es gehört einfach dazu, dass man weiß, was man sagen und wo man hin möchte – alles andere wäre unprofessionell.

Patrizia Di Paola mit den beiden Moderatoren in Baden-Baden. (Foto: privat)

Wenn Sie dann um 9 Uhr in die Morgensonne geritten sind, reiten Sie dann geradewegs nach Hause oder wird dann schon die Sendung für den nächsten Morgen vorbereitet?

Sascha Zeus: Wir haben gleich um 9 Uhr eine Konferenz, bei der alle dabei sind – das Layout, jemand von der Musik, aus dem Sounddesign, Leute von der Comedy usw. Und dann wird die gelaufene Sendung besprochen und der Tagesredakteur gibt einen Ausblick auf die nächste Sendung. Und dann gehen wir heim.

…ins Bett?

Michael Wirbitzky: Das ist ja wie so ein Feierabend. Ich hocke dann erst einmal daheim in der Küche. Ich gucke dann noch etwas fernsehen, esse noch ein Brot und trinke ein Wasser – weil Kaffee habe ich da schon genug getrunken. Dann lege ich mich in der Regel für zwei Stunden hin. Am Nachmittag setzen Sascha und ich uns unabhängig voneinander hin und bedienen unsere Comedyfiguren. Ich schreibe dann zum Beispiel eine Peter Gedöns-Szene.
Sascha Zeus: Michael telefoniert dann nachmittags auch noch einmal mit der Tagesschicht, damit wir wissen, was am nächsten Morgen gesendet wird und wir uns darauf vorbereiten können.

Seit wann moderieren Sie zusammen die Morningshow?

Sascha Zeus: Seit 1996.
Michael Wirbitzky: Kennengelernt haben wir uns beim Sender aber schon 1988.

Wie kam es dazu, dass Sie zusätzlich zur Radiomoderation in die Comedybranche eingestiegen sind?

Michael Wirbitzky: Wir haben am Anfang gar nicht zusammen moderiert und hatten unterschiedliche Sendungen. Innerhalb des Senders gab es eine Gruppe von fünf oder sechs Leuten, die sich abends in der Kneipe trafen und zusammen Gags schrieben. Früher sah unser aller Leben etwas anders aus: Wir waren alle Singles, kamen alle nicht aus Baden-Baden und haben uns bei einem Bier Jokes überlegt, von denen wir wussten, dass sie nicht radiotauglich sind. Entweder waren sie zu derb oder sie waren eher visueller Natur. Das heißt, wir wussten, dass die Witze nur auf einer Bühne funktionieren würden. Und irgendwann haben wir gedacht, dass wir das ja mal ausprobieren könnten, auf der Bühne.
Sascha Zeus: Das war 1992. Der Bühnenstart war in Freiburg.
Michael Wirbitzky: Beim Zeltmusikfestival, genau.

Wie entstehen die Comedyfiguren? Ich denke jetzt zum Beispiel an Danny van Dünkel, den Erklärbären…

Sascha Zeus: Peter Gedöns hat eine ganz gute Geschichte.
Michael Wirbitzky: Oft hilft einem der Zufall. Wir waren von der Redaktion angehalten, den Hörern noch vor den Nachrichten mitzuteilen, welcher Musiktitel unmittelbar nach den Nachrichten gespielt wird. Damit sollte den Hörern quasi ein bisschen über die Wortstrecke hinweggeholfen werden. Das nennt man auch Musikteasing. Und das war uns schlicht und ergreifend zu langweilig. Wir wollten nicht einfach sagen: ‚Nach den Nachrichten kommt Bon Jovi mit irgendetwas’. Dann haben wir spontan entschieden, dass ich quasi als Privatperson in der Sendung anrufe und mir einen Titel wünsche. Ich habe dann den Hörer in die Hand genommen und gesagt: ‚Hier ist Peter Gedöns’ – weil mir kein Name einfiel. ‚Hier ist Peter Gedöns aus Bonn. Spielen Sie bloß nicht Bon Jovi nach halb, den kann ich nicht ausstehen!’ Sascha sagte dann: ‚Doch, genau den spielen wir nach halb.’ Und so war die Figur spontan geboren.
Sascha Zeus: Ich habe mal von einer Pizza für 3.000 Dollar gelesen. Ich wollte diese Geschichte aber nicht einfach nur vorlesen. Wo wäre da der Joke gewesen? Und so ist Danny van Dünkel entstanden, aus der Welt der Superreichen.
Michael Wirbitzky: Und der Erklärbär ist eigentlich auch ein Zufallsprodukt. Wir haben ja oft Programmaktionen, zum Beispiel, wenn wir eine Reise verlosen. Und wir mussten den Hörern ja erklären, wie sie gewinnen können. Dieser Spielmodus muss den Hörern aber nicht nur einmal, sondern x-mal nahegebracht werden – denn nicht jeder hört zu jeder Tageszeit zu. Und um das zu variieren, haben wir spontan gesagt: ‚Wie Sie die Reise gewinnen können, erklärt Ihnen jetzt der Erklärbär.’ Einfach um eine Varianz in der Moderation zu haben.
Sascha Zeus: Aber unsere absolute Lieblingsgeschichte ist, wie unsere erfolgreichste Comedy entstanden ist – Taxi Sharia. Wir sollten eigentlich eine Comedyserie entwickeln, die etwas mit dem Thema Krankenhaus zu tun hat. Aber uns ist einfach nichts eingefallen. Es gab schon alles…
Michael Wirbitzky: …die heiße Krankenschwester, den korrupten Doc…
Sascha Zeus: …Emergency Room. Wir fuhren dann in Köln mit dem Taxi zu einem Termin. Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde. Wir hatten einen türkischen Taxifahrer, der auf der 30 Minuten dauernden Fahrt nichts sagte. Nicht ein Wort. Irgendwann überholte uns rechts ein Ford Ka. Auf einmal meldete sich der Taxifahrer zu Wort und fragte uns: ‚Was du halten von Ford Ka?’
Michael Wirbitzky: Das war das Erste, was er sagte.
Sascha Zeus: ‚Was du halten von Ford Ka? Sieht aus wie Arsch voll Scheiße, der gleich platzt.’ Das war’s. Mehr hat er nicht gesagt. Und da wussten wir, unsere neue Comedy wird eine Taxiserie.
Michael Wirbitzky: Uns war sofort klar, dass dieser Kulturclash im Taxi unser Thema ist.

Sie haben zwei Leidenschaften: Die Radiomoderation auf der einen und die Comedy auf der anderen Seite. Und Sie haben das Glück, beides miteinander verbinden zu können. Wenn Sie das Glück aber nicht hätten und Sie sich für einen Bereich entscheiden müssten, welcher wäre das?

Michael Wirbitzky: Wir sind dem lieben Gott echt dankbar dafür, dass wir diesen Gemischtwarenladen führen dürfen. Ich bin wahnsinnig gerne beim Radio, so wird es Sascha auch gehen, aber wenn ich es immer machen müsste und nur Radio, dann würde ich durchdrehen. Genauso gerne stehe ich auf der Bühne, aber wenn ich das immer machen müsste und nur Comedy, dann würde ich auch durchdrehen (lacht). Insofern empfinde ich es als Geschenk, beides machen zu dürfen. Ich hoffe, dass uns das noch lange Zeit so erhalten bleibt.
Sascha Zeus: Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mich für das Radio entscheiden. Es ist toll auf der Bühne zu stehen und dieses direkte Feedback zu bekommen – das hat man im Radio so nicht – die Menschen lachen, applaudieren, das tut gut. Ich würde mich trotzdem für das Radio entscheiden, weil ich dann nicht so viel unterwegs wäre. Wenn du auf der Bühne bist, bist du ständig unterwegs, lebst im Hotel – das ist auf Dauer anstrengend. Ich bin auch ganz gerne mal Zuhause.
Michael Wirbitzky: Wir haben angefangen mit einer Comedytruppe bestehend aus Anke Engelke, Andreas Müller, Andreas Ernst und uns. Das waren so ein bisschen – ich sag jetzt mal – unsere Rock ‘n’ Roll Jahre und wir hatten Spaß am Tingeln und wir haben jedes Kaff nach der Show auf links gedreht – auf gut deutsch. Das nimmt man mit und das macht man gerne, aber irgendwann lernt man einen Menschen kennen, den man lieb hat, und bekommt Kinder und lässt sich häuslich nieder – das deckt sich mit dem, was Sascha sagt. Die Tingelei ist immer noch ganz schön, weil man immer neue Menschen kennenlernt, aber wenn ich mich zwingend entscheiden müsste, würde ich auch das Radio wählen.

Sind Sie eigentlich immer einer Meinung? Oder gibt es auch mal Zoff?

Michael Wirbitzky: Wir sind nicht immer einer Meinung – Gott sei Dank. Daraus kann ja auch etwas entstehen, wenn man zu Dingen eine unterschiedliche Meinung hat. Aber streiten tun wir eigentlich nicht.
Sascha Zeus: An einen Streit kann ich mich auch nicht erinnern. Beim Gagschreiben – wir schreiben ja sehr viel zusammen– diskutieren wir auch nicht ewig, wenn wir mal nicht einer Meinung sind. Der Gag landet dann gleich in der Tonne und wir überlegen uns etwas Neues. Da sind wir auf einer Wellenlänge. Wenn einer zweifelt, dann bringt es nichts, zu diskutieren.

Gefühlt gibt es Sie beide ja nur im Doppelpack. Könnten Sie sich vorstellen, eine eigene Sendung, ohne den anderen, zu moderieren?

Michael Wirbitzky: Ganz am Anfang hatten wir das ja gemacht. Ich habe abends im Popshop angefangen und bin dann in die Frühsendung befördert worden. Ich habe dann im Wechsel mit Frank Plasberg und Evi Seibert moderiert. Manchmal war ich auch nur jede vierte Woche dran. Das war auch okay, aber heute könnte ich mir das nicht mehr vorstellen. Dazu macht es mir viel zu viel Spaß, zu zweit zu moderieren. Und wir können uns auch gegenseitig mitnehmen. Nicht jeder ist immer gut drauf. Und da hilft es unglaublich, zu zweit zu sein. Daraus entsteht für mich ein Großteil des Spaßes. Ich glaube, alleine würde ich das schon lange nicht mehr machen.
Sascha Zeus: Und auf der Bühne ist es auch so. Klar könnte ich mir auch vorstellen, etwas alleine zu mache. Aber solange wir das zu zweit machen können, und es funktioniert, braucht nichts daran geändert zu werden.
Michael Wirbitzky: Es ist ja so ein bisschen unser USP, wie man in der Marketingsprache sagt. Und per Zufall sind wir auch optisch wahnsinnig unterschiedlich.
Sascha Zeus: Findest du?
Michael Wirbitzky: (lacht) Ich bin ein schmales kleines Hemd und Sascha ist der Wuchtige. Dieses Unterschiedlichsein transportiert sich auch optisch. Und auch das ist irgendwie ein Geschenk.