Steckbrief: Till Reiners

  • Geboren am 3. März 1985 in Geldern.
  • Podcasts: Talk ohne Gast (mit Moritz Neumeier, seit 2017), Endlich normale Leute (mit Ariana Baborie, seit 2022).
  • Auszeichnungen u. a.: Förderpreis Deutscher Kabarettpreis (2014), Deutscher Kleinkunstpreis (2022) 
  • Reiners ist regelmäßiger Gast in satirischen TV-Formaten wie Die Anstalt oder heute-show.

Aus „Pufpaffs Happy Hour“ wird „Till Reiners‘ Happy Hour“: Der Kabarettist und Stand up-Comedian Till Reiners übernimmt die Gastgeberrolle der satirischen Mix-Show in 3sat. Erstmals am Sonntag, 20. März, um 20.15 Uhr, wird der Berliner die Sendung aus der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg moderieren. Wir haben vorab mit Till Reiners unter anderem über diese neue Herausforderung gesprochen.

Bei dir ist gerade extrem viel los: Du wirst mit dem Kleinkunstpreis ausgezeichnet und bekommst deine eigene Show auf 3Sat. Wie fühlt sich das für dich an? 

Till Reiners: Ich finde das super! Mir macht das alles gerade total viel Spaß. Ich habe sehr lange darauf hingearbeitet und es fühlt sich natürlich toll an, dass ich das jetzt erreicht habe. Gleichzeitig denke ich: Wär‘ gut, wenn ich kein Burnout kriege. Ich schaffe es aber zum Glück, mir ab und zu den Raum zu geben, damit ich das alles auch genießen kann. Ich bin also gerade wirklich sehr zufrieden.

Auch gesättigt? Bist du – aus künstlerischer Sicht – angekommen?

Till Reiners: Gar nicht! Die erste eigene Show bedeutet ja vor allem auch eine Menge Arbeit, und die muss gut gemacht werden. Satt fühle ich mich also nicht. Aber der Druck, immer überlegen zu müssen, was man als Nächstes macht, ist weg. 

Du übernimmst die „Happy Hour“, die vorher Sebastian Pufpaff moderiert hat. Wird sich das Konzept verändern oder bleibt alles beim Alten?

Till Reiners: Das Konzept bleibt ähnlich. Das Neue bin ich. Und ich möchte auch Gäste einladen, die bisher noch nicht so bekannt sind – aus der Berliner Stand-up-Szene vor allem. Und auch Moritz wird natürlich dabei sein. Ansonsten gibt es noch einen neuen Einspieler und einen neuen Namen – der Rest bleibt gleich. Wir wollen ja niemanden überfordern! (lacht) Und wenn ich das alles gut hinbekomme, mein Stil beim Publikum gut ankommt, dann reicht mir das schon, dann bin ich glücklich. Ich muss dafür ja nicht alles komplett anders machen.

Welche Möglichkeiten – aus künstlerischer Sicht – bietet dir diese Sendung, die du bisher evtl. nicht hattest?

Till Reiners: Wir zeichnen immer zwei Sendungen hintereinander auf: Die eine muss relativ zeitlos gestaltet werden, da der zeitliche Abstand bis zur Ausstrahlung größer ist. Die andere läuft kurz danach schon im Fernsehen und man kann aktuelle Themen aufgreifen. Das finde ich sehr reizvoll, solch eine Fläche zu haben. Denn ich darf mich da austoben und machen, was ich möchte. Diesen kreativen Spielraum auf solch einer Plattform hatte ich bisher noch nie. Darauf freue ich mich besonders. 

Du hast als Moderator beim Abiball erste Bühnenerfahrungen gesammelt und warst später in der Poetry-Slam-Szene sehr aktiv, bevor du dann Stand up-Comedy gemacht hast. Und du erzählst oft davon, wie schwer die ersten Jahre in dieser Branche sind. Warum hast du trotzdem nie aufgegeben?

Till Reiners: Auf der Bühne zu stehen, war einfach trotz allem immer noch besser als im Büro zu arbeiten (lacht). Mit Anfang oder Mitte 20 ist es mir auch egal gewesen, wo ich schlafe. Der Anspruch ans eigene Leben ist in diesem Alter noch nicht so hoch, alles ist erstmal vor allem geil und aufregend. Erst nach ein paar Jahren habe ich gemerkt, dass es schon besser wäre, nicht mehr auf einer Luftmatratze pennen zu müssen. Bis dahin wurde ich von einer Euphorie getrieben und habe bei vielen Sachen mitgemacht, weil die Lust auf einer Bühne zu stehen einfach riesig war. Das hat mich die ersten Jahre getragen.

Gab es trotzdem mal einen Punkt, wo du überlegt hast, hinzuwerfen?

Till Reiners: Ja. Diese Momente gab es. Situationen, wo ich mir selbst gesagt habe, dass ich das maximal noch ein Jahr so weitermachen kann. Dauerhaft nur 30 Leute im Publikum zu haben – davon kann man zwar leben, aber es ist halt nicht geil. Ständig zu überlegen, ob man am Abend wieder auf die Fresse kriegt oder nicht, ist belastend. Dann lieber gar nicht.

Und was würdest du im Nachhinein als deinen Durchbruch bezeichnen?

Till Reiners: Den einen großen Schritt gab es gar nicht. Irgendwann waren meine Veranstaltungen regelmäßig ausverkauft und ich habe mich gefragt, warum. Ich bin auf die Zuschauer zugegangen und habe ihnen diese Frage gestellt. Die meisten kannten mich durch den Podcast mit Moritz (Talk ohne Gast, mit Moritz Neumeier, ebenfalls Comedian, Anm. d. Red.), der ziemlich krass gewachsen ist und mich offensichtlich um einiges bekannter gemacht hat. Diesen Effekt, den ein Podcast haben kann, unterschätzen immer noch viele. Inzwischen bin ich aber ja auch in der heute-show zu sehen, die ein bekanntes Label ist und mir einerseits nochmal eine größere Reichweite verschafft, aber auch künstlerisch weiter hilft. Das waren beides also sehr wichtige Schritte in den vergangenen Jahren. Ansonsten verlief alles relativ linear und es wurde langsam alles ein bisschen größer. Was sehr gut ist, denn so habe ich auch umgekehrt das Gefühl, nicht mehr so leicht abstürzen zu können. Wenn es bergab geht, dann auch wieder langsam. 

Du hast gerade schon die verschiedenen Medien angesprochen, wo du präsent bist: Einerseits in der Podcast-Welt, andererseits im Fernsehen. Sind das grundsätzlich unterschiedliche Zielgruppen, die du da ansprichst oder denkst du, es gibt Schnittmengen?

Till Reiners: Das ist eine spannende Frage – ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht so genau. Ich glaube, dadurch, dass ich in den Podcasts ja auch auf die TV-Formate aufmerksam mache, gibt es schon auch eine gewisse Schnittmenge. Gerade bei den Jüngeren spielt zwar das lineare Fernsehen keine so große Rolle mehr, aber sie schauen sich Sendungen in der Mediathek an und bekommen Clips über YouTube oder Instagram usw. angezeigt. Das ist auch ein Plan, den wir explizit für die Happy Hour haben, dass wir viele Ausschnitte über Social Media-Kanäle ausspielen werden. Mir persönlich ist die Quote deswegen auch nicht so wichtig, 3Sat insgesamt sieht das zum Glück ähnlich. 

So viele verschiedene Kanäle regelmäßig bespielen zu müssen, setzt einen Künstler heutzutage ja unter einen enormen Druck. Belastet dich das oder macht es dir Spaß, deine Inhalte zum Beispiel auf Instagram zu präsentieren?

Till Reiners: Weder noch. Es macht mir keinen riesigen Spaß, ich sehe das als wichtigen Teil meiner Arbeit, und kann das machen, wenn ich Lust habe. Zum Glück erzeugen meine Podcasts ja auch sowas wie ein Grundrauschen sozusagen, so dass kein Druck entsteht, ständig Instagram-Stories zu produzieren. Denn das ist für mich schon auch immer mit Aufwand verbunden. Es gibt aber auch Leute wie Ariana Baborie, bei denen das einfach nebenher mitläuft. Sie fährt sich kurz durch die Haare nimmt das Smartphone und postet eine Story nach der anderen. Für sie ist das gar kein Stress, sondern ein total natürliches Ding. Ich habe mir das nie so angeeignet.

Weil du sie grad ansprichst: Mit Ariana Baborie hast du seit kurzem ebenfalls einen Podcast, einmal pro Woche. Hast du keine Angst, dass dir irgendwann die Themen ausgehen? Zwei Podcasts pro Woche, die Bühnenshows, die Fernsehproduktionen – ist der Kopf da nicht irgendwann leer? 

Till Reiners: Ich bin mal gespannt! Falls es wirklich so kommt, wird das natürlich bitter. Aber ich bin zuversichtlich. In den Podcasts stehen ja weniger die Themen im Mittelpunkt, sondern eher die Dynamik, die zwischen uns entsteht. Ich könnte mit Ariana über die gleichen Themen wie mit Moritz sprechen, und trotzdem jeweils ganz anders darüber reden. Man muss aber darauf achten, sich auch wirklich auf die andere Person einzulassen und nicht einfach sein Programm abspulen. Das wäre fatal. 

Podcastaufnahmen sind in der Vorbereitung vermutlich deutlich weniger aufwendig als eine Fernsehshow, oder? Stelle ich mir das richtig vor?

Till Reiners: (lacht) Ich muss gerade sehr lachen, weil ich seit zwei Monaten mit den Vorbereitungen für die Show beschäftigt bin und Moritz, mit dem ich ja jede Woche einen Podcast aufnehme, jetzt gerade hier neben mir im Zimmer sitzt. Ja, es ist in der Tat sehr ungleich! Wobei man auch dazu sagen muss, dass bei uns die Routine inzwischen vieles erleichtert. Wir machen das seit sechs, sieben Jahren zusammen. Wir wissen, wie wir das machen müssen, es ist klar, wie die Abläufe sind. Am Anfang hat mich die Podcast-Produktion noch deutlich mehr gestresst. Und Moritz nickt gerade: ihn auch. 

Es gibt diese Geschichte von einem Volontariat, das du gemacht hast bei der Zeitschrift „Florieren!“. Das hast du in einem Interview erzählt, es tauchte eine Zeit lang in deinem Wikipedia-Eintrag auf. Bis du selbst klar gestellt hast, dass du dir einn Spaß erlaubt hast und es dieses Volontariat nie gab. Kann ich dir als Journalistin überhaupt trauen? Gibt es noch mehr Unwahrheiten, die im Netz über dich kursieren?

Till Reiners: Genau das möchte ich erzeugen! Dass man bei mir nie sicher sein kann, was der Wahrheit entspricht. Ich möchte ein postfaktischer Mensch sein. (versucht ernst zu schauen).

Letztendlich ist es ja auch nicht wichtig, so lange die – fiktive – Person, die dabei entsteht, unterhaltsam ist!

Till Reiners: Eben. Bei mir ist es ja wirklich egal, wie alt ich bin und welches Volontariat ich tatsächlich gemacht habe. Ich habe nicht vor, Ministerpräsident oder Ähnliches zu werden. Insofern kann ich an meiner eigenen Legende basteln, so viel ich will. 

Du erzählst in eurem Podcast oft von deinem Projekt, möglichst minimalistisch zu leben. Stichwort 1000-Teile-Till. Was hast du dir dennoch zuletzt angeschafft? Und bereust du es?

Till Reiners: Zuletzt gekauft habe ich etwas zum Stehen. Und ich finde es sehr nützlich!

Etwas zum Stehen?

Till Reiners: Ja, so ein Ding für den Laptop. Damit ich am Schreibtisch auch im Stehen arbeiten kann. Das ist mega gut! 

Das bräuchte ich eigentlich auch. Für den Rücken. Man wird ja nicht jünger…

Till Reiners: So ist es! Aber ich habe vor kurzem auch etwas völlig Unnötiges gekauft: Einen Teppich. Leider merkt man ihm jeden Euro an, der ihm zu einem richtigen Teppich fehlt. Das Material ist auch ganz unangenehm anzufassen, ich glaube es ist Polyester. 

Ah! Wo man aufpassen muss, dass man keinen Schlag kriegt, wenn man irgendwas anfasst.

Till Reiners: Genau. Ich bin ständig elektrisch aufgeladen. Diese Anschaffung geht also leider gar nicht und ich werde sie wieder loswerden müssen. 

Lass uns zum Abschluss nochmal über die Sendung sprechen: Hast du dir einen eigenen Abschiedsgruß überlegt? So wie das Nachrichtenmoderatoren häufig machen.

Till Reiners: Das ist eigentlich eine super Sache, ich habe mir aber noch gar keine Gedanken darüber gemacht. Ich notiere mir das! Jetzt, direkt hier. 

Dann darf ich gespannt sein, ob dir bis zur ersten Folge noch etwas eingefallen ist!

Till Reiners: Das darfst du!

Nicht nur die Produktion deiner ersten eigenen Show steht jetzt an, sondern auch deine Live-Tour. Worauf freust du dich in den kommenden Wochen am meisten?

Till Reiners: Ich freue mich vor allem auf den Zeitpunkt, wenn die erste Sendung abgedreht ist, weil ich dann erstmal durchatmen kann. Uneingeschränkt auf die Produktionen freue ich mich dann, wenn ein wenig Routine eingekehrt ist, ab der dritten, vierten Show. Live auf der Bühne zu sein ist dagegen eben mein Beruf! Das ist das, was ich schon immer mache, von einem Auftritt nach Hause zu gehen, ist wie zufrieden von der Arbeit nach Hause zu gehen.