Jamaika

Als wir am 9. März in Jamaika ankommen, regnet es in Strömen, trotzdem sind alle gut gelaunt und empfangen uns sehr freundlich. Die Klänge von Bob Marley begleiten uns auf dem Weg zu unserem Schiff, das im Hafen von Montego Bay liegt. Schade, dass das Land gerade so einen trüben Eindruck hinterlässt, denke ich noch. Aber wir würden ja wiederkommen in knapp zwei Wochen – dann auch mit etwas Zeit, die Region genauer kennenzulernen.

48 Stunden später erfahren wir, dass das so nicht kommen wird: Jamaika hat seine Einreisebestimmungen aktualisiert. Unser Schiff wird dort nicht mehr anlegen dürfen. Das ist der Punkt, an dem mir klar wird, dass nicht das Kreuzfahrtschiff das Problem ist, sondern die Welt da draußen.

Zwei Tage Vorsprung

Von da an überschlagen sich die Nachrichten, die wir von zu Hause erhalten. Veranstaltungen werden reihenweise abgesagt, Schulen und Kitas bleiben geschlossen, Skigebiete machen dicht und erste Empfehlungen, zu Hause zu bleiben, werden ausgesprochen. Jedes Mal, wenn unser Smartphone mal kurz mit dem Internet verbunden ist, werden wir mit Nachrichten aus der Heimat überflutet und können das alles eigentlich kaum fassen, denn auf dem Schiff bleibt die Stimmung entspannt. Wir folgen weiter unserer geplanten Reiseroute, besichtigen Maya-Pyramiden in Mexiko, bummeln über Aussteiger-Inseln in Belize und schippern durch Mangrovenwälder in Honduras. Erst im Nachhinein wird uns bewusst, dass all diese Länder uns nur zwei oder drei Tage später auch nicht mehr an Land gelassen hätten.

Aber die Zeit läuft gegen uns. Am 14. März wird uns mitgeteilt, dass uns auch Panama, Kolumbien und vor allem die Dominikanische Republik die Einreise nicht genehmigen werden. Da die allermeisten Gäste an Bord von La Romana aus zurückreisen wollten und auch wir bis dahin davon ausgegangen sind, dass das sicher unsere Alternative werden würde, ist das nun doch ein ernstzunehmendes Problem, das sich dieses Mal nicht tausende Kilometer weit weg befindet. Wir haben von nun an nur noch einen geplanten Stopp vor uns: Puerto Limón in Costa Rica.

Über die täglichen Borddurchsagen und die Kabinen-Post erfahren wir nur, dass man „mit Hochdruck an Alternativen“ arbeite und unsere Rückreise auf jeden Fall organisiert werde. Spärliche Informationen, die inzwischen den ein oder anderen zu Spekulationen veranlassen: Wir müssen dringend alle in Costa Rica von Bord, meint die eine. Ein anderer hofft, vielleicht nach Havanna reisen zu können, und viele sind sich fast sicher, dass wir alle mit dem Schiff nach Hamburg fahren werden. Ja, es kursieren einige wilde Theorien, aber Unsicherheit oder Anspannung unter den Reisenden gibt es trotzdem keine. Insofern, denke ich mir, ist es wahrscheinlich ganz gut, dass es zu dem Zeitpunkt keine genaueren Informationen von offizieller Stelle gibt. Die Schlangen an der Rezeption mit Menschen, die vermeintlich bessere Vorschläge oder Änderungswünsche haben, wäre wahrscheinlich kilometerlang.

Costa Rica

Als wir am 17. März morgens das Schiff in Puerto Limón verlassen regnet es wieder. Aber die Naivität von vor einer Woche haben wir inzwischen verloren. Wir sind dankbar, dass uns Costa Rica noch mit offenen Armen empfängt – immerhin sind wir Europäer, also von dem Kontinent, wo sich das Virus zu diesem Zeitpunkt am stärksten ausbreitet. Nach wenigen Stunden lichtet sich der Himmel, wir genießen die traumhafte Landschaft, den Dschungel, die Artenvielfalt und machen uns wenig Gedanken darüber, wie unsere Reise weitergeht. In solch einer Umgebung lassen sich diese Sorgen leicht vergessen.

Irgendwann am Nachmittag, kurz nachdem wir am Strand ein paar Mini-Bananen und frische Ananas zum Mittagessen genossen haben, erzählt uns jemand von Barbados. Dort liege grade das zweite Schiff unserer Reederei, das gerade in der Karibik unterwegs ist. Und von dort aus werden die Passagiere heimgeflogen.

Barbados? Das ist irgendeine karibische Insel und es kommt in diesem Flippers-Song vor. Mehr weiß ich nicht. Als der Kapitän uns dann abends aber bestätigt, dass dies wirklich unser nächstes (und letztes Ziel) sein würde, schaue ich doch mal auf der Karte nach. Orte in der Karibik, die noch weiter weg von unserem jetzigen Standpunkt sind, gibt es eigentlich keine. Kein Wunder, dass wir von jetzt an gut drei Tage auf See unterwegs sein sollten, bis wir den Hafen von Bridgetown erreichen.


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