Gunther Hellmann (rechts) mit Tim Lobinger. Beide werben hier für eine gemeinnützige Aktion, die Lobinger unterstützte.(Foto: Anton Fischer)

Gunther Hellmann hat drei Leidenschaften: Jockgrim, Fußball und Stabhochsprung. Und er hat eine Gabe, die er dazu nutzte, um in seiner Heimat eine Veranstaltung zu etablieren, die inzwischen weltweit bekannt und angesehen ist: das Stabhochsprung-Meeting. Bis zu 4.000 begeisterte Zuschauer zog es zuletzt an – und natürlich schon seit Jahren die weltbesten Athleten. 

In Jockgrim aufgewachsen spielte Hellmann seit dem achten Lebensjahr bei der TSG Fußball, hatte in seinem Jahrgang ein starkes Team um sich, stieg mit der Herrenmannschaft später von der A-Klasse in die Landesliga auf, war Spielführer – und schoss in einem Freundschaftsspiel gegen den Karlsruher SC und dessen damaligen Torwart Oliver Kahn im Sommer 1993 ein Tor.   

Für Hellmann war schon damals nicht nur das Kicken wichtig, er genoss auch das Drumherum, die Freizeiten, die Feiern: „Das war schon toll, so an einem Verein teilzuhaben.“ Er wird kurz nachdenklich: „Ich merke gerade wie alt ich bin, denn ich habe tatsächlich von den rund 100 Jahren, die der Verein jetzt besteht, 50 miterlebt“, sagt der 57-Jährige. 

Er kam noch als aktiver Fußballer in die Vorstandschaft der TSG, weil er schon damals eine Vision davon hatte, wie er das Großereignis im Dorf, die Fußball-Dorfmeisterschaft, die über elf Tage ging und bis zu 1.500 Zuschauer am Tag anzog, aufwerten kann. „Ich wollte eine Band organisieren, holte Anti-Tank-Gun in unser Festzelt.“ Später wurden bekannte Fernsehshows wie „Wetten, dass ..?“ nachgespielt. „Es wurde zum richtigen Volksfest“, erinnert sich Hellmann.  

Als er seine Fußball-Karriere nach einem Kreuzbandriss mit Anfang 30 beendet hatte, Fahrlehrer war und die eigene Fahrschule vom Vater übernommen hatte, hatte er seine Freude schon längst darin gefunden, besondere Feste und Events zu organisieren: „Es war Henry-Maske-Zeit. Ich habe dann eine Boxveranstaltung in Jockgrim organisiert. Knielingen gegen Landau. Das Zelt war voll, mit allem Drum und Dran.“ Hellmann spürte bei der Neuauflage im Jahr darauf, dass weniger Zuschauer kamen, schwenkte zum Gewichtheben mit Ronny Weller um. Wieder war das Zelt voll. 

Hellmann ist ein Menschenfänger, der begeistern kann, Leute einfach mitzieht. So hat er es bis heute immer wieder geschafft, die vielen Helfer, die für so eine Veranstaltung benötigt werden, zu bekommen, aber auch die Weltklassesportler. Dass mit Michael Werling in Jockgrim auch noch der perfekte „Verkäufer“ lebt, der mit seiner Stimme und der mitreißenden Art der Moderation jeden Zuschauer fesselt, kommt dann noch dazu.  

Der vorläufige Höhepunkt der von Hellmann organisierten Jockgrimer Events war das Jubiläum zum 75-jährigen Vereinsbestehen. „Ich hatte im Fernsehen sonntags gesehen, dass Nicole Rieger Deutsche Meisterin geworden ist. In der Zeitung stand, dass sie bei der Sparkasse arbeitet. Ich rief in Landau an und sagte ihr, dass wir Stabhochsprung machen wollen.“ In Jockgrim gab es aber gar keine Sportanlage dafür. Die Lösung: Es ging auf die Straße. Mit dem Presslufthammer wurde ein Loch für den Einstichkasten in die Straße gemeißelt. Hellmann war begeistert, als 400 Leute kamen und die Springer sich weit über fünf Meter in die Lüfte schraubten. 

Nächster Meilensteien war 2004 der Umzug aufs Sportgelände, weil der Parkplatz darüber schon viel zu eng geworden war – und die Höhen dort nicht offiziell gewertet werden konnten. Nun kamen auch die größten Stars von Tim Lobinger über Raphael Holzdeppe bis zu Armand Duplantis. Und Brad Walker. Der US-Amerikaner versetzte das Jockgrimer Publikum 2006 in Ekstase, als er mit einem Sprung über 6,00 Meter die magische Marke knackte, sich dadurch eine Sponsorenvertrag sicherte und heute noch von seinem „Jockgrim-Porsche“ erzählt, den er sich laut Hellmann von dem Geld gekauft habe. Danach wusste jeder, dass man in Jockgrim gute Höhen springen kann. „Ob es die Anlange ist oder das Publikum, vielleicht auch die Nacht in der Edenkobener Ziegelhütte oder weil ich so gut gegrillt habe“, scherzt Hellman auf die Frage, warum in Jockgrim solche Höhen möglich sind. 

In den 90ern fand das Event noch auf der Straße statt (links). Der Einstichkasten musste deswegen jährlich neu in die Straße gehauen werden (rechts). Inzwischen füllt das Meeting ein ganzes Stadion. (Fotos Archiv/privat)

Jockgrim ist dank Hellmann mehr als Stabhochsprung. Er übertrug seine Art quasi auf jeden einzelnen seiner vielen Mitstreiter. Die Sponsoren werden aktiv eingebunden, die Springer waren lange bei Familien im Ort untergebracht. Es gibt kaum einen Starspringer, der noch nicht in Hellmanns Garten gegrillt hat. Gerade die Sportler aus Übersee nutzten die Tage in Jockgrim oft als „Break“ zwischen den Reisen zu Weltmeetings in London oder Paris – und ließen es trotz aller Professionalität ordentlich krachen – Nacktbaden im Baggersee inklusive. Das alles ohne die eigene sportliche Leistung zu gefährden, wie Landes- und Kontinentalrekorde, die in Jockgrim schon aufgestellt wurden, belegen. 

Zig Anekdoten pflastern inzwischen Hellmanns Weg im Stabhochsprung. Fahrstunden für eine Springerin. Eine Nacht vor dem Meeting, in der seine schwangere Frau und der erstgeborene Sohn mit einem geplatzten Blinddarm im Krankenhaus lagen, während er eigentlich nur Stabhochsprung im Kopf hatte und auf glühenden Kohlen saß. Am nächsten Tag seien die Krankenschwestern als Zuschauerinnen mit ihm nach Jockgrim gekommen – und heute noch dabei. Seiner Familie, zu der auch noch eine Tochter gehört, ist er dankbar, dass sie das alles so mitgemacht hat. „Denn mir macht das heute noch großen Spaß.“  

Auch wenn Hellmann sagt, dass es seine Mitstreiter nicht immer leicht mit ihm hätten, weil er auch klare Vorstellungen davon habe, wie so ein Meeting organisiert werden soll und wenig diskussionsfreudig sei – böse kann ihm keiner sein. Besser machen könne man immer noch etwas, aber in dem vorgegebenen Rahmen mit komplett ehrenamtlicher Organisation stoße man an Grenzen.  

Wenn Corona endlich wieder ein Meeting alter Art zulässt, wird es wieder auf die Beine gestellt, nachdem es zuletzt zweimal in Folge ausfallen musste. Doch für Hellmann ist auch klar: „Es muss so sein wie zuletzt. Mit Zuschauern, die Kontakt zu den Sportlern haben, quasi mit dem Weltmeister zum Pinkeln gehen. Eine abgespeckte Version passt nicht zu uns und den vielen engagierten Helfern. Dann peilen wir einen neuen Rekord an. Und wenn wir irgendwann den Weltrekord haben, ist es auch genug“, meint er mit einem Lachen.“ (tim)