„Interessant, unterhaltsam, sympathisch“ – so das Fazit von PFALZ-ECHO-Redakteurin Patrizia Di Paola, die im Rahmen des SWR3-Comedy Festivals in Bad Dürkheim ein Interview mit dem Entertainer und Comedian Ingo Appelt führen durfte. In dem Gespräch erklärte der 51-jährige Frauenversteher, warum er mit seiner Rolle als Mann in der Welt hadert und wie er zu der Sexismus-Debatte in der Gesellschaft steht.

Du hast den Beruf des Maschinenschlossers erlernt…
Ingo Appelt: Ja, bei Siemens. Das klingt immer so nach Werbung, aber ich habe das dort tatsächlich erlernt… spanende Bearbeitung habe ich gelernt. Aber ganz ehrlich: Ich habe mich über den Job nie wirklich definiert. Gleich im zweiten Jahr meiner Ausbildung war ich Jugendvertreter. Aber ich mag diese spanende Bearbeitung, dieses Arbeiten mit Maschinen. Deswegen bin ich, glaub ich, zuhause auch der Küchenchef. Da bin ich der Herr über die Messer und Hämmer, diese riesen Küchenmaschinen. Ich glaube, die Küche ist für mich der Werkstattersatz. Mir fehlt dieses Drehen und Fräsen und Arbeiten. Mein Sohn ist lustigerweise handwerklich sehr begabt. Der schlägt in diesem Bereich nach mir. Dafür ist mein anderer Sohn, so wie ich, sehr faul.

Wenn jetzt also der heimische Toaster kaputtgehen würde, kannst du ihn reparieren?
Ingo Appelt: Theoretisch kann ich den reparieren. Aber ich kann auch mit einem Toaster ein Lagerfeuer anzünden. Mit einem Föhn geht das auch ganz gut. Man kann aber auch mit einem Toaster einen ganzen Raum beheizen. Ich habe schon viel repariert und zusammengebaut. Der Baumarkt war mal eine Zeit lang mein zweites Zuhause. Bevor ich etwas Tolles kaufe, baue ich es auch mal gerne selber. Mir fehlt das manchmal so ein bisschen.

Dennoch war Maschinenschlosser nicht dein Berufstraum…
Ingo Appelt: Ich mag das Handwerk, aber es hat sich einfach entwickelt. Ich sabbel gerne. Ich habe die Ausbildung als Maschinenschlosser angefangen und nach zwei Tagen kam der Ausbilder zu mir – Drews hieß er, wie der Sänger mit dem Knackarsch – er sagte dann jedenfalls zu mir: Appelt, wenn du mal zwei Minuten deine Klappe halten musst, stirbst du einen Heldentod. Damit war meine Rolle schon klar gesetzt. Ich war damals auch sehr klein – ich war so klein, dass ich nicht an den Schraubstock kam. Meine Kollegen haben mir ein Podest gebaut und ich habe jeden Tag einen halben Liter Milch bekommen. Ich war auch sehr unscheinbar und nicht wirklich sportlich. Ich habe das alles quasi über meine Klappe kompensiert. Ich war frech und laut. Das merkst du ja jetzt auch: Ich sabbel wie ein Wasserfall.

Patrizia di Paola traf Ingo Appelt. (Foto: privat)

In einem Interview ist das aber sehr gut – du erleichterst mir damit vieles.
Ingo Appelt. Das stimmt. Zuhause bin ich aber nicht so (lacht) – meine Frau kann froh sein, wenn sie zu Wort kommt.

Gab es denn mal einen Traumberuf für dich?
Ingo Appelt: Ja, ich wollte Schlagersänger werden. Ich habe als Kind davon geträumt, ein Roland Kaiser zu werden. Meine Mama hat immer Hitparade mit Dieter Thomas Heck geguckt. Ich fand es immer so toll, zuzusehen, wenn die Männer gesungen und getanzt und die Frauen Blumen gebracht haben. Ich war aber auch schon immer ein großer Fan von Otto Waalkes. Ich habe keine Show verpasst. Auch Mike Krüger fand ich großartig und die ganzen anderen Entertainer im Fernsehen wie Harpe Kerkeling mit dem kleinen Hannileinchen. Ich hatte viele Kassetten von Komikern und ich habe deren Sketche als Kind auswendig gelernt.

Es ging also schon immer in die Richtung Showbusiness?
Ingo Appelt: Ja, ich wollte das schon immer so ein bisschen. Mit 13 habe ich mal mit einer Super8 einen eigenen Film gedreht. Ich habe mich als Frau verkleidet und eine Nachrichtensprecherin gespielt. Leider habe ich den Film nicht mehr. Ich hatte eine blonde Perücke – die hatte ich bei meiner Mutter gefunden. Das war sehr lustig. Aber das war ein Film ohne Ton – damals war das so.

Also hattest du schon als Jugendlicher eine Vorliebe für das weibliche Geschlecht?
Ingo Appelt: Es hat mir schon immer gefallen, verschiedene Rollen zu spielen. Die Parodie hat mir gefallen. Die Rolle des Rudi Carell habe ich ja auch schon früh gespielt, das war die erste Parodie. Als ich dann das erste Mal Parodisten im Fernsehen oder auf der Bühne gesehen habe – mit 14 oder 15 Jahren, also während meiner Ausbildung, war ich fast jedes Wochenende auf Comedybühnen oder im Kabarett, während Gleichaltrige in die Disco gegangen sind. Ich habe mir natürlich auch etwas abgeguckt damals.

Dein aktuelles Programm heißt ‚Besser…ist besser!’ Was genau erwartet die Zuschauer?
Ingo Appelt: Eigentlich ist es ein Männer-Verbesserungs-Programm. Ich habe schon früh gemerkt, dass wir Männer ein Problem sind auf der Welt. Viele halten mich ja auch dafür (lacht). Da dachte ich, ich muss mich wandeln vom Saulus zum Paulus. Da will ich die Männer eben mitnehmen. Wie werden wir Männer zum Dienstleister im Auftrag der Frau. 2003 ging es mit diesen Titeln bei mir los: ‚Frauen sind Göttinnen’, Männer muss man schlagen’ – auf einmal wurde die alte Drecksau Appelt zum Frauenversteher. Das ist eine sehr schöne Drehung, wie ich finde. Alleine diese Sichtweise, sich mal hinzustellen und sich zu fragen: Was wollen die Mädels eigentlich von uns Männern. Wollen sie Sex oder wollen sie beschützt werden? Was hören sie gerne? Was sollen wir Männer für die Frauen sein? Sollen wir wirklich die großen Affen sein oder uns zum Affen machen? –darum geht’s in meinem aktuellen Programm: das Hadern mit der männlichen Rolle in der Welt – irgendwo zwischen Trump, Erdogan und Ingo Appelt.

Diese Thematik ‚Was wollen die Frauen eigentlich’ bringt mich zu aktuellen #metoo-Debatte. Was ist deine Meinung zu der Sexismus-Debatte?
Ingo Appelt: Das ist ja genau das Problem, das mich als Mann auf die Bühne getrieben hat und mich mit meiner Rolle hadern lässt, weil man sich eben für seine Artgenossen so schämen muss. Ich bin nicht beleidigt, wenn ich als Mann in den Fokus dieser Debatte gestellt werde. Ich würde zum Beispiel niemals mit meiner minderjährigen Tochter in einem Hotel einchecken. Da gab es vor Kurzem einen Fall, wo ein Mann mit seiner Tochter in einem Hotel eingecheckt hat und sofort hat jemand die Polizei verständigt – nach dem Motto Kindesmissbrauch. So etwas kann jedem passieren. Das ist manchmal auch scheiße für uns Männer, wir werden ganz schnell kriminalisiert und marginalisiert, wir müssen hypervorsichtig sein, aber wir haben es auch nicht anders verdient. Das muss ich genau so sagen. In den letzten zweihunderttausend Jahren haben sich Männer benommen wie die Axt im Walde. Das Image ist kaputt. Und wenn es um die Themen Vergewaltigung und Kindesmissbrauch geht, sind die Männern nun einmal Marktführer. Wir müssen an uns arbeiten, wenn wir wollen, dass wir nicht mehr in den Fokus solcher Debatten gestellt werden. Frauen haben zu Recht viel zu jammern und zu klagen. Das haben wir zum Beispiel auch in der aktuellen Debatte um den Echo gesehen. Die Jungs – Kollegah und Farid Bang sind ja abseits von Gut und Böse. Die ziehen dieses Männerding durch, lachen vor der Kamera beschimpfen Frauen und Ausländer. Wenn man versucht, Männern zu gefallen, macht man solche Sprüche. Da ist man aggressiv – ich weiß das von mir selber ja auch. Dieses ganze sexistische Beeindruckenwollen, Coolsein, Mackerseinwollen – das kommt genau aus diesem Kontext heraus. Jetzt gibt es den Echo nicht mehr. Denen müsste es doch eigentlich peinlich sein. Ist es denen aber nicht. Die Fans stehen hinter ihnen. Wenn du versuchst, Männern zu gefallen, bist du ganz schnell beim Furzanzünden und beim Sexist-Sein.

Ich beende das Interview mit zwei aktuell wichtigen Fragen. Erstens: Bist du Fußball-Fan?
Ingo Appelt: Nein. Grundsätzlich gar nicht. Ich kann diese Leidenschaft nicht verstehen. Ich musste allerdings als Kind auf den Fußballplatz mitkommen, weil mein Stiefvater Profi-Fußballer war. Auch damals – diese Männer, die nicht wissen, wie ihre Frau funktioniert, aber wissen, wer 1968 das wievielte Tor gegen Schalke in der 19. Minute geschossen hat – das wissen diese Deppen. Wenn Männer aus dem Fußballstadion rauskommen, sind sie oftmals sehr bedrohlich. Wenn die so aufgeheizt sind und sich gegenseitig auf die Fresse hauen, weil der eine Schalker, der andere Dortmunder ist – da fragt man sich schon: Jungs, habt ihr sie noch alle? Wie kann man sich für so eine Nichtigkeit prügeln? Aber das ist es eben. Das Ist etwas pseudo-religiöses, das ist Kriegsersatz, das ist ein Wir-müssen-kämpfen, Stadt gegen Stadt, wir sind besser als du – das ist schon sehr männlich. Ich bin immer ein bisschen unentschieden, zu sagen, es ist ein gutes Ventil, um die Aggression abzubauen, oder erzeugt es sie erst? Wenn 5.000 Hooligans gegen 5.000 Salafisten am Kölner Bahnhof auflaufen, würdest du am liebsten Fußball verbieten lassen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch gute Konzepte. Viele Vereine versuchen zu deeskalieren – dass sie das überhaupt müssen, ist ein Witz – aber ich glaube genau diese Fußball-Deeskalationsprogramme brauchen wir weltweit. Das ist aber in der Politik noch gar nicht angekommen – da haben wir sowieso derzeit eine maskuläre Kriegstreiberhaltung, ob es Trumps oder Erdogan und Konsorten sind. Ankerzentren sind das Gegenteil von Deeskalation. Die Hardcore-Fußballfans müssten auseinandergesetzt werden wie in der Schule.

Hast du als Nicht-Fußball-Fan dennoch einen Tipp, wer Weltmeister wird?
Ingo Appelt: Ich glaube Holland. Oder Italien. Aber wahrscheinlich wird Italien gegen Holland im Finale spielen und Italien wird gewinnen – auf der Playstation IV (lacht).