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Wie man zu 40 Kilo Äpfeln kommt

Seit einigen Tagen schon … Moment. Nein! Seit einigen WOCHEN schon verköstigt Paula das ganze Team täglich mit frischen Äpfeln, Apfelkuchen und Apfelmus. Anfangs kam das niemandem seltsam vor – es ist schließlich völlig normal, dass wir uns täglich um ein ausreichendes kulinarisches Angebot für unsere Kollegen kümmern – von Süßigkeiten über gesunde Kiwis bis hin zu leckerem Fleischbällchenauflauf wird eigentlich immer etwas geboten. Als Paula aber in der Team-Sitzung schon wieder mit einem Korb voll Äpfeln ankommt und beginnt, sie mit viel Liebe für alle in mundgerechte Häppchen zu schnippeln, kommt in einigen doch so langsam Misstrauen auf.

Günther ist der erste, der sich nun doch traut, nachzufragen: „Sag mal, Paula, eigentlich gibt es in dieser Saison doch gar nicht so viele Äpfel. Wo hast du die denn immer her?“ „Ach … da liegen noch so ungefähr 35 Kilo bei mir im Keller…“, murmelt sie leise. „Wie bitte, ich habe es nicht richtig verstanden. Wie viel?“, fragt Günther nach. „35 Kilo“, meint Paula nun etwas lauter. Es folgt ein allgemeines Raunen und diverse Nachfragen, wie man denn zu so vielen Äpfeln käme. Also erzählt Paula endlich ihre Geschichte – und die hätte nun wirklich jedem passieren können.

Irgendwann Anfang Januar klingelt es bei ihr an der Haustür. Paula ist gerade dabei, Abendessen zu kochen und ihre Kinder belagern sie seit einer Stunde damit, dass sie gerne noch den einen Film schauen würden – sie hat also eigentlich gerade gar keine Zeit. Trotzdem öffnet sie. Vor der Tür steht ein junger, gutaussehnder Mann der sie mit charmantem Zahnpasta-Lächeln angrinst: „Guten Tag, schöne Frau! Ich möchte Sie gar nicht lange stören, aber hätten Sie eventuell Interesse an diesem einzigartigen griechischen Olivenöl?“ „Hmmm“, entgegnet Paula. „Sie werden es nicht bereuen! Das ist das beste, das Sie jemals in der Hand hatten!“, wirbt der Mann weiter. „Hmmm“, entgegnet Paula. „Ich gebe Ihnen auch noch dieses einzigartige Meersalz dazu – und mache Ihnen selbstverständlich einen unschlagbaren Preis!“, er gibt nicht auf. „Hmmm“, entgegnet Paula.

Ihr Sohn ruft ungeduldig aus dem Hintergrund: „Mama! Was ist denn nun mit dem Film? Der geht doch nur eine halbe Stunde! Dürfen wir bitte, bitte, bitte?“ „Na gut!“, ruft sie zurück. Und der Mann ihr gegenüber verschwindet in diesem Moment strahlend in Richtung seines kleinen Lieferwagens: „Ich empfehle Ihnen dazu noch ein paar Äpfel vom Bodensee! Darf ich Ihnen von denen auch ein paar dazustellen?“ Paula versteht nur die Hälfte, entgegnet aber resigniert: „Machen Sie das!“

Als ihr Mann eine Stunde später heim kommt, findet er Paula apathisch auf dem Sofa sitzend vor. Vor ihr stehen 40 Kilo Äpfel, eine winzige Flasche Olivenöl und ein kleines Tütchen Salz. Er fragt sie verdutzt: „Was sollen wir denn mit so vielen Äpfeln machen? Du weißt doch, dass weder die Kinder noch ich welche essen!“ Paula bricht nun fast in Tränen aus. Sie traut sich trotzdem, ihm noch etwas zu sagen: „Ich habe 150 Euro dafür bezahlt.“

Anne Herder

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