Pfalz/Mörzheim. Stefan Kuntz aus Mörzheim bei Landau hat diesen Kampf gegen den Wind schon vor vielen Jahren erfolgreich aufgenommen. Möglich wurde dies durch die Zusammenarbeit mit seinem Team, seiner Familie und auch den ausländischen Mitarbeitern, die ihre eigene Wohnung bei dem Weingut haben.  

Der Winzermeister spricht begeistert von seinen Mitstreitern. Ein großes Strahlen leuchtet dabei in seinem Gesicht: „Es sind Leute die mitdenken und arbeiten, als ob es ihr eigener Betrieb wäre.“

Kuntz erzählt mir, was in seinem Leben wichtig ist: „Ich will meine Umwelt gestalten, den eigenen Lebensraum lebens – und liebenswert machen.“

Heute betrete ich das Weingut der Familie, ohne trennendes Gitter und Tor und begegne einem kleinen Universum voller Überraschungen, Schönheit und Lebendigkeit.

Mein Rundgang fängt bei den Kleinen an. Da wo normalerweise schonend hergestellter Wein verkostet wird, in der Villa Vino, wuseln jetzt Kinder mit ihren Lehrerinnen und Lehrern und üben sich schon mal kräftig in Nachhaltigkeit. Die Kinder sind konzentriert und angeregt bei der Sache. Sie haben sich unterschiedliche Aktivitäten ausgesucht. Manche formen gerade Saatkugeln – oder sie lernen, wie aus Trauben Traubensaft wird. 

Früh am Morgen schon kamen sie draußen auf der großen Wiese in Kontakt mit Schafen und Alpakas, streichelten Hühner. Und durch eine schützende Glasscheibe konnten sie das emsige Zusammenleben von Honigbienen beobachten.

„Die Kinder stellen ihre Fragen und finden auch selbst Antworten in den unterschiedlichen Stationen des angegliederten Lernbauernhofs“, so erfährt es Susanne Dicker immer wieder, die Leiterin des Projekts – und Lebensgefährtin von Stefan Kuntz. Mit diesem außerschulischen Lernort ist eine wertvolle Bereicherung des Winzerbetriebs entstanden.

In der Lagerhalle, wo der abgefüllte Wein in Kartons auf Weitertransport wartet, ist es sehr kühl, bei schweißtreibenden Außentemperaturen. Ich suche vergeblich nach einer Anlage, die Kühlung erzeugt. Es ist das begrünte Dach, das für niedrige Temperatur sorgt, erfahre ich. Und gleichzeitig ist es eine Wiese für Insekten, eine Bienenweide, bunt blühend auf der leicht gebogenen Dachfläche.

Ein Blick in den Wingert zeigt: Zwischen den Rebzeilen wächst eine bunte Pflanzenvielfalt.  Kuntz: „Die Flächen sollen möglichst das ganze Jahr über begrünt bleiben. Sie bilden den notwendigen Humus. CO2 wird hier gebunden, der Trockenheit wird entgegengewirkt – aber auch eine übermäßige Nässe wird durch die Bepflanzung verhindert. Konventionelle Landwirtschaft baut mehr oder weniger stark Humus ab. Aber lebendiger, humusreicher Boden ist der Schlüssel zum Wachstum. Wir benutzen schon jahrelang null Dünger. Wir arbeiten lediglich mit Begrünung. Demnächst wird ein Wicken-Roggen-Gemisch zur Bodenverbesserung ausgesät.“

Wie alles anfing….

Als einziger Sohn wurde von Stefan Kuntz erwartet, den Winzerbetrieb der Familie zu übernehmen. Er entwickelte jedoch bei der Arbeit immer stärker Ausschläge gegen die chemischen Präparate, die er ausbrachte. Deshalb entschloss er sich bald seinen eigenen Wein herzustellen, ohne chemische Hilfsstoffe.

Als junger Mann war er noch im Tennis-Fieber und verdiente sich mit seinem Sport genügend Geld. Dadurch war es ihm über Jahre möglich, quer durch die Welt zu reisen und Erfahrung zu gewinnen – in der Winterzeit, wo es die Arbeit im Weinberg erlaubte. Da lernte er unter anderem auch zukunftsweisende Anbaumethoden kennen.

Zunächst fehlte der alten Winzer-Generation das Verständnis für neue Anbauweisen, was für den Bio-Winzer zur Gründung des eigenen Betriebs in den 1980er Jahren führte. „Da ging erstmal viel schief. Und es brauchte viel Mut, auch Fehler machen zu dürfen. Misserfolge sind keine Schande, sondern führen zu neuen Möglichkeiten. Hinfallen, Blessuren abschütteln und weiter geht‘s“, war sein Motto.

Damals steckte der Bioland-Verband noch in den Kinderschuhen, und es gab wenig Beratung im Bereich des ökologischen Landbaus. Deshalb studierte Kuntz 100 Jahre alte Weinbau-Bücher und ergänzte das Wissen mit moderner Technik. Und so wird klar: Ökologisch bewirtschaften ist nicht eine exotische Wahl, in Wirklichkeit ist es die naturnahe Anbaumethode. Sie hat nie ihre Berechtigung verloren und wird auch in Zeiten des Klimawandels notwendiger denn je.

Aus Leidenschaft für eine intakte Umwelt geht Stefan Kuntz immer mal wieder neue Projekte an: Mit einer IGS -Klasse aus Landau baut er eine Trockenmauer auf. Diese bietet vielen aussterbenden Insekten und Eidechsen Lebensraum.

Wie man hier erleben kann, hat sich seine engagierte Mühe gelohnt. Aus einem schwierigen Start ins Winzerleben wurde bald eine Erfolgs-Story mit einem integrierten Konzept. Und: Auch die anfangs skeptische Elterngeneration war bald wieder integriert. Als der Vater sah, wie gut die neue ökologische Anbauweise funktionierte, gab es Versöhnung zwischen den zwei Welten – und es folgte eine langjährige Zusammenarbeit. (gesch)

www.weingutkuntz.de