Isabell Pfeffer - Jägerin
Isabell Pfeffer - Jägerin

Heuchelheim-Klingen. „Die Weinlese ist dieses Jahr schnell gegangen, nur drei Wochen lang“, sagt Winzertochter Isabell Pfeffer. „Geschnitten haben wir vorzugsweise mit der Hand. Das schont die Reben, führt durch das bewusste Aussparen von unreifen und faulen Trauben zu einer besseren Weinqualität und bietet nebenbei noch ein schönes Gemeinschaftserlebnis. Mit der Menge sind wir zufrieden, auch die Oechsle Grade sind erfreulich hoch.“ 

Der gute Herbst betrifft sowohl den elterlichen Weinbaubetrieb Pfeffer in Heuchelheim-Klingen als auch das im gleichen Ort gelegene Weingut Meyer, wo Isabell heute zuhause ist, als Partnerin von Andreas Meyer. Die beiden haben zwei Kinder im Alter von ein und drei Jahren und teilen inzwischen auch die Liebe zum Waidwerk, womit wir beim Thema sind. 

Als Jugendliche hätte ich nie gedacht, dass ich einmal den Jagdschein mache 

„Als Jugendliche hätte ich nie gedacht, dass ich einmal den Jagdschein mache“, erzählt Isabell, 31 Jahre alt, die in Heilbronn Weinbetriebswirtschaft studiert hat und diese Qualifikation im Weingut bestens gebrauchen kann. „Ich war schon immer gerne draußen in der Natur, aber zur Jagd hatte ich keine Beziehung.“ Eine erste Annäherung ergab sich, als sie sich mit Andreas liierte, der damals schon Jäger war. „Und da musste natürlich auch ein Hund her, Anton.“

Isabell Pfeffer beim Hundetraining mit Jagdhund Anton (Foto: honorarfrei)
Isabell Pfeffer beim Hundetraining mit Jagdhund Anton (Foto: honorarfrei)

Anton ist ein mittlerweile sechs Jahre alter Magyar Vizsla, ein ungarischer Jagd- und Vorstehhund, der auch mit Kindern und Kunden sehr gut zurecht kommt. Eine Ausbildung für die Jagd hatte er bei der Anschaffung noch nicht erhalten. „Und wie das so ist, wenn der Mann im Betrieb eingespannt ist, habe meistens ich den Hund in die Ausbildung begleitet.“

Auf dem Ausbildungsplatz bei Dernbach waren alle anderen Kursteilnehmer Jäger. „Um deren Waidmannssprache besser zu verstehen, habe ich angefragt, ob ich einmal auf die Pirsch mitgehen dürfte. Es hat mich sehr interessiert, was da alles gemacht wird.“ Revierleiter Christian Schnepf war zunächst dagegen – eine Frau würde auf dem Hochsitz nur stören. Erst nach wiederholtem Bitten hat er nachgegeben. 

Isabell fand die Pirsch super spannend. „Erst jetzt konnte ich nachvollziehen, was die Hundedressur im Einzelnen bezwecken soll. Es hat mich auch fasziniert, wie schnell Anton vieles gelernt und dann intuitiv richtig umgesetzt hat. So bin ich in die Jagdszene reingekommen.“ Nachdem Isabell bei der Jagd dabei war, war es für sie der Knackpunkt, zu erleben, wie aus einem Wild am Ende ein Stück essbares Fleisch wird. Sie hat gesehen, wie die Jäger das Wild selbst aufbrechen und es zerlegen. Diese Ursprünglichkeit hat sie fasziniert.

Beim Spaziergang mit Anton in den Weinbergen bei Heuchelheim. (Foto: honorarfrei)
Beim Spaziergang mit Anton in den Weinbergen bei Heuchelheim. (Foto: honorarfrei)

Der nächste logische Wunsch war, dass Isabell selbst Jägerin werden wollte. Ein Jahr lang hat sie sich bei der Kreisjägerschaft der Ausbildung im Mentorensystem unterzogen. Von ihrem Mentor hat sie sehr viel Praktisches gelernt, z.B. den Hochsitzbau oder das Ausweiden der Tiere. Sie hat umfangreichen theoretischen Unterricht genossen, u. a. über das Wild und seinen Lebensraum, und sie hat am Schießstand fleißig geübt. 2016 hat sie die Jägerprüfung bestanden. „Es waren noch zwei andere Frauen unter den Prüflingen, aber die Jagd ist immer noch eine Männerdomäne“, sagt Isabell.

Es geht ihr nicht in erster Linie um‘s Erlegen sondern um‘s Erleben

Sie ist froh, dass sie den Jagdschein vor der Familiengründung gemacht hat. Seit der Elternschaft sind ihre Jagdausflüge deutlich weniger geworden. „Mit zwei Kindern im Alter von drei und einem Jahr bin ich froh, wenn ich durchschlafen kann und morgens nicht so früh aufstehen muss. Aber nach wie vor bin ich gerne draußen. Und im Winter, wenn es auf dem Weingut etwas ruhiger wird, ist es angenehm, für ein paar Stunden wirklich abschalten zu können.“ Da geht es ihr nicht in erster Linie ums Erlegen, sondern ums Erleben. Mit Christian Schnepf ist sie im Waldrevier bei Eußerthal und Dernbach unterwegs, mit ihrem Lebensgefährten Andreas und Peter Doll in den Auen und Rebhügeln um Heuchelheim. „Im Wald begegnet man dem Wild ab der Dämmerung, in den Feldern und Weinbergen kommt es erst bei Nacht aus der Deckung.“

Wildschweine haben sich nach ihrer Wahrnehmung in den letzten Jahren stark vermehrt, auch Rehe und Füchse sind recht zahlreich. Niederwild, wie Hasen und Feldhühner, kommt selten vor und wird auch geschont,

„Mein letzter größerer Abschuss war ein Wildschwein auf einer Drückjagd im vorigen Jahr. Das ist vielleicht ein Unterschied zu den männlichen Kollegen: Der Beutewille ist bei mir nicht so ausgeprägt. Ich habe z. B. keinen Ehrgeiz, einen kapitalen Bock zu erlegen. Ich habe einmal ein Reh geschossen, das nur noch dreieinhalb Beine hatte. So etwas ist mir ein Anliegen. Natürlich ist es nötig, den Bestand in Grenzen zu halten, gerade bei Wildschweinen, die sonst nur durch Unfälle unkontrolliert reduziert werden, was für die Verkehrsteilnehmer gefährlich ist. Das kann der Jäger dann doch gezielter.“

Im grünen Waldrevier (Foto: Pictavio/Pixabay)
Im grünen Waldrevier (Foto: Pictavio/Pixabay)

Isabell tötet nicht gerne und ist bestrebt, das Leid der Tiere so gering wie möglich zu halten. Und sie fordert Aufrichtigkeit: „Jeder, der Fleisch isst, sollte sich bewusst sein, dass dafür Tiere sterben müssen. Irgendjemand muss sie töten. Das sollte man nicht verdrängen.“ (ebl)