Minfeld/Rheinzabern. „Ach! Das ist eine Artischocken-Pflanze? Die habe ich mir ganz anders vorgestellt!“, sage ich, als Landwirt Michael Groß vom Schoßberghof in Minfeld mich übers Feld führt. „Ja, so sehen die aus! Sie werden richtig hoch, der Frost hat ihnen jetzt aber schon ein wenig zugesetzt“, erklärt er mir. Wer sein Obst und Gemüse immer nur im Supermarkt einkauft, verliert den Bezug: Wo wird es eigentlich angebaut? Wie wird es angebaut? Welche Arbeit steckt dahinter und – ich fühle mich ertappt – wie sieht die ganze Pflanze eigentlich aus? „Wir haben uns vor einigen Jahren die Frage gestellt, ob man Obst und Gemüse wirklich immer über einen Zwischenhandel verkaufen muss? Wir wollten etwas verändern und die Leute vor Ort direkt versorgen!“, berichtet Groß. Er leitet gemeinsam mit seiner Frau Marion und Sohn Tim die einzige SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) der Südpfalz. Der Weg dahin begann spätestens seit der Landwirtschaftsbetrieb auf Bio-Anbau umgestiegen ist. Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein rücken immer mehr ins Bewusstsein. „Am Anfang stand die abstrakte Idee, dass wir gerne ein ganzes Dorf komplett ernähren würden“, berichten mir Marion und Michael Groß. Und so etwas wie ein kleines Dorf sind die inzwischen 90 Familien, die sich im Rahmen der Minfelder SoLaWi versorgen, inzwischen auch wirklich – obwohl sie in der ganzen Südpfalz verteilt wohnen, teilweise sogar aus Karlsruhe herkommen, um jede Woche ihre Kiste mit Obst und Gemüse im Schoßberghof abzuholen.

ede Woche können die Mitglieder der SoLaWi-Gemeinschaft eine Kiste mit frischem Obst und Gemüse direkt vom Erzeuger abholen. (Foto: hea)

SoLaWis sind im Grunde Gemeinschaften, die sich zusammengeschlossen haben, um vor Ort Gemüse und Obst anzubauen und auch zu verwerten. Manchmal ist das Ganze als Verein organisiert, über den dann Land gepachtet wird, und die Mitglieder bewirtschaften die Felder selbst. Finanziert wird das Ganze durch einen gemeinsamen „Topf“ in den die Mitglieder einzahlen. In Minfeld ist der Landwirtschaftsbetrieb der Familie Groß „Kopf“ der SoLaWi, aber auch hier haben die Teilnehmer, die einen monatlichen Beitrag zahlen, die Möglichkeiten selbst mit anzupacken. Aktions- und Helfertage werden sehr gut angekommen. „Manchmal müssen wir auch einen so genannten SOS-Tag unter unseren SoLaWisten ausrufen, wenn kurzfristig ganz besonders viel zu tun ist. Auch darauf haben wir immer eine sehr gute Resonanz!“, berichtet Michael Groß. Durch die große Vielfalt, die innerhalb der SoLaWi geboten wird, gebe es natürlich viele Kleinarbeiten: Die Felder und Gewächshäuser müssen regelmäßig neu bepflanzt, geerntet, geschnitten werden – etwas ganz anderes, als wenn man sich als Landwirtschaftsbetrieb nur auf wenige Kulturen konzentriere.

Dass hinter den SoLaWis auch viel Administration und Organisation steckt, darüber haben sich die Mitglieder des Projekts „sunu“ Gedanken gemacht. Die Gruppe, zu der auch drei Rheinzaberner gehören, entwickelt im Moment eine passende Software für SoLaWis, die alle Bereiche abdeckt, von der Mitgliederverwaltung bis zu den Finanzen. Da es sich um eine Open-Source-Software handelt, der Programmcode also frei verfügbar und von jeder SoLaWi-Gemeinschaft weiterentwickelt und angepasst werden kann, verfolgt „sunu“ auch in diesem Bereich ganz den SoLaWi-Grundgedanken des Zusammenarbeitens und Teilens. Für das Projekt „sunu“ läuft aktuell eine Crowdfunding-Kampagne, an der man sich unter https://www.startnext.com/software-fuer-solidarische-landwirtschaft/ beteiligen kann.

Auch für die Familie Groß ist die SoLaWi eine Herzensangelegenheit: „Wenn wir samstags die gefüllten Kisten übergeben ist das jedes Mal etwas besonderes, man gibt etwas Gutes aus der Hand und bekommt viel positive Energie zurück.“

Artischocken kann man bis in den Winter hier ernten. (Foto: honorarfrei)

Im Winter kommt viel Kohl, aber auch Feldsalat, Kräuter und selbstgepresstes Sonnenblumenöl oder Gemüse, das schon im Herbst eingekocht wurde in die Kiste – im Sommer stehen Tomaten, Paprika, Auberginen, Erdbeeren und vieles mehr auf der Liste. „Wir achten immer darauf, dass wir unsere Kisten abwechslungsreich gestalten – übers Jahr verteilt haben wir sicher über 40 oder 50 verschiedene Sorten Gemüse oder Obst anzubieten und wir nehmen auch immer wieder Neues mit ins Programm. Im letzten Jahr gab es zum Beispiel auch Süßkartoffeln“, so Marion Groß. Dass man als SoLaWist auch abhängig von Wetterschwankungen und den schwankenden Ernteerträgen abhängig ist, sei jedem bewusst. Kann eine Kiste mal nicht so bunt sein, habe bisher immer jeder Verständnis gehabt. Und das ist eben einer der Grundgedanken der SoLaWis – ich als Verbraucher entwickle einen viel größeren Bezug zu den Produkten, die ich nutze. Ich weiß, wo sie herkommen, lerne sie auf vielfältige Weise zu verarbeiten und schütze und unterstütze dabei die Umwelt und die Region. (hea)

Termine: SoLaWi-Teilnehmer stellen den Schossberghof vor: jeweils sonntags am 18. März, 15. April und 6. Mai, um 11 Uhr.

Weitere Informationen: 
www.schossberghof.de

www.sunu.eu