Mit Draht befestigt die Künstlerin die filigranen Handarbeiten an den Weidengeflechten. (Foto: csch)

Landau. Betritt der Besucher das großzügige Atelier-Haus am Rand der Stadt, umfängt ihn sogleich eine künstlerische Atmosphäre. Über drei Stockwerke und einen wild-schönen Garten verteilen sich Skulpturen, Objekte, Bilder und Fotografien. Die Künstlerin Susanne Wadle bewohnt es mit Mann und drei Kindern und arbeitet darin.

„Arbeit, Alltag und Familie lassen sich nicht voneinander trennen. Das fließt alles zusammen“, erklärt sie mit einem charmantem Lächeln. Die Künstlerin wirkt ganz entspannt inmitten ihres großen Arbeitsraums, der nicht nur Werkstatt, sondern auch Herberge zahlreicher Werke und Geschöpfe ist.  Überlebensgroße, aus Ton modellierte Köpfe reihen sich an der Wand entlang mitunter mit kuriosen Kopfbedeckungen – archaisch und zugleich surreal anmutend. Dahinter Fotografien, die sich mit den Themen Mutterschaft und Nähe beschäftigen. Von der Decke hängen Objekte aus Papier und Weide, die teils abstrakt sind, teils aber auch an Tiere oder Blüten erinnern. Die Künstlerin bevorzugt Materialien aus der Natur, wie Pflanzenfasern, Felle oder Ton. Oft sind es aber auch Fundstücke wie alte Möbel oder Stoffe, die sie als Ausgangsmaterial für ihre fantasievollen Arbeiten benutzt. „Was mich an diesen Dingen interessiert, sind die Spuren des gelebten Lebens. Ich verändere dann etwas oder setze sie mit selbst gefertigten Keramiken zusammen, um aus ihnen etwas Neues zu entwickeln“, sagt sie.

Ihr Garten bildet einen Ort der Inspiration. (Foto: privat)

1966 in Landau geboren, absolvierte Wadle zunächst ein Studium der Kunstpädagogik an der Universität Mainz. Im Anschluss an das erste Staatsexamen setzte sie ihr Studium in freier Bildhauerei an der Kunstakademie Karlsruhe fort, das sie 1998 als Meisterschülerin abschloss. „Damals war es so, dass man sich für alles Zeit nehmen konnte. Ich liebe es bis heute, viel Zeit zu haben, um etwas ausprobieren zu können“, schwärmt sie. Tatsächlich entstehen ihre Plastiken sehr langsam. Denn sie vermag es, sich dem Prozess des Lebens hinzugeben und mit feiner Sensibilität aus dem Moment Inspiration zu schöpfen.

Kunst ist für Wadle „ein permanenter Kommunikationsprozess“. Es gehe ihr darum, etwas mitzuteilen. Im Mittelpunkt stehe dabei die Lebensfreude: „Wir haben auch eine Verpflichtung, das Leben zu feiern, uns am Leben zu erfreuen, und zwar mit allem, was dazu gehört. Wir sollen uns selbst freuen und Freude bereiten.“

Diese Offenheit führt die Künstlerin auch zu Kunstformen, bei denen andere bei der Entstehung beteiligt sind. Solche partizipatorischen Projekte führt sie oft mit jungen Menschen in Schulen, in verschiedenen Bildungseinrichtungen oder bei kulturellen Veranstaltungen durch, wie zum Beispiel 2009 das Projekt Sandhasen, der Errichtung einer großformatigen Plastik in Weißenburg, 2010 das Projekt Lavendellinien oder das Architekturprojekt im Rahmen des grünen Klassenzimmers auf der Landauer Landesgartenschau. Spektakulär sind ihre raumgreifenden Installationen aus Bambus, bei denen auch mal mehrere Schulklassen mitwirken. Oft entstehen in solchen Gemeinschaftsarbeiten meterhohe, filigrane Türme, die in den Himmel zu wachsen scheinen. Gelassen und liebevoll schafft es Wadle, Prozesse anzuleiten, aber auch Dinge geschehen zu lassen, weil sie auf das Leben vertraut. So entwickeln sich solche Kunstprojekte meist zu einem Happening.

„Schlafender Jäger“, 2015-17, Terra Cotta, Himalayapapier, Gouache, Hanffasern, Pendel von Kuckucksuhr, hölzerner Sockel. Im Hintergrund: „Rosenmann“, 2015. (Foto: privat)

Wadle erhielt bereits zahlreiche Stipendien und Preise, so unter anderen 2010 den Zonta Kunstpreis Ludwigshafen. Seit ihrer Studienzeit sind ihre Arbeiten kontinuierlich in namhaften Ausstellungen und Galerien zu sehen, so etwa 2003 in der Neustadter Galerie up-Art, der Galerie Alf Knecht in Karlsruhe oder 2009 in der  Landauer Villa Streccius.

Aktuell  zeigt sie ein achtteiliges Ensemble von „Lichtfängern“, die aus über zwei Meter hohem Weidengeflecht bestehen und mit alten Häkeldeckchen bedeckt sind – nostalgische Gegenstände, die Geschichten von früher erzählen. Wadle ist voller Bewunderung für den Fleiß und die Fertigkeit der einmal so geduldig arbeitenden Hände. Beim Parkfest auf Schloss Rotenfels hängen die Objekte als Installation in hohen Magnolienbäumen, von innen erhellt mit LED-Leuchten. In einer Performance erweitert die Künstlerin das Werk indem sie das Lied „Caro mio Ben“ interpretiert, eine in italienischer Sprache verfasste Arie von Guiseppe Giordano, die auch Trauungsgesang sein kann. Der Gesang intensiviert die Wahrnehmung, weil er noch einen weiteren Sinn anspricht, erläutert sie. „Außerdem ist das Singen so direkt. Die Menschen bleiben stehen und nehmen das Kunstwerk ganz auf.“

Wadles Kunst entsteht aus dem  Zusammenwirken von Materialien, Gegenständen, Orten und gelebtem Leben. Sie lädt ein, nicht nur zu betrachten, sondern mit allen Sinnen zu genießen und teilzunehmen. (csch)

Informationen unter www.susannewadle.de