Steckbrief: Armin Rohde
– (eigentlich: Armin Kurt Rohde-Baron von Schilling)
– 1955 in Gladbeck geboren
– Buddhist (Name: Karma Geleg Palsang)
– In den 80er Jahren vor allem auf Theaterbühnen aktiv (Dreigroschenoper, Warten auf Godot)
– Durchbruch als Filmschauspieler: „Kleine Haie“, 1992
– Seit 2003: Kommissar in der ZDF-Reihe „Nachtschicht“


Lassen Sie uns direkt zum Thema kommen: Anfang Mai wurde „Nachtschicht – Cash & Carry“ ausgestrahlt. Würden Sie den Film eher als Drama oder als Krimi bezeichnen?

Armin Rohde: Das müsste eigentlich der Regisseur beantworten (lacht). Ich als Schauspieler stelle mir diese Frage gar nicht. Ob es jetzt ein Krimi oder ein Drama ist, hat keinen Einfluss auf die Spielweise. Damit ich meine Spielweise komplett ändere, muss es sich schon um ein ganz anderes Genre handeln – eine Screwball-Komödie zum Beispiel erfordert eine ganz andere Spielweise.

Schauen Sie sich ihre Filme denn an, wenn Sie fertig sind?

Armin Rohde: Klar! Jedes Mal! Ich werde es auch nie verstehen, wenn Kollegen sagen, sie schauen sich ihre eigenen Filme nie an. Natürlich gibt es Schauspieler, die es nicht aushalten, sich selbst zu sehen – das kann ich dann ein bisschen verstehen. Aber ich selbst habe damit überhaupt kein Problem.

Sie haben ihren Frieden mit sich gemacht?

Armin Rohde: Ja, das habe ich schon lange! Ich hatte Anfang der 90er Jahre ein schockierendes Erlebnis, als ich „Der bewegte Mann“ im Kino sah. Damals war ich schon recht stabil gebaut – heute noch ein bisschen mehr (lacht) – und ich habe mir nur gedacht: „Bin ich wirklich dieser fette Kerl auf der Leinwand?“ Am liebsten wäre ich heimlich aus dem Kinosaal gekrochen. Als Schauspieler muss man aber einfach lernen, sich selbst professionell zu sehen und nicht wie ein betroffener Laie, der seine Eitelkeiten pflegt. Ich muss mir selbst so zuschauen, wie ich auch jedem anderen Schauspieler zuschaue. Und das kann ich inzwischen seit vielen Jahren und kann mich entsprechend auch streng auf professioneller Ebene beurteilen. Die Schauspielerei ist ja ein Beruf, wo man seine Arbeitskriterien im Laufe der Jahre entwickelt und immer mehr verfeinert.

Rohde in „Cash & Carry“. (Foto: Marion von der Mehden/ZDF)

Die ZDF-Reihe „Nachtschicht“ gibt es seit 2003. In diesen 17 Jahren hat sich sicher einiges verändert, oder? Die Art, wie gedreht wird, zum Beispiel?

Armin Rohde: In diesem Bereich hat sich eigentlich nicht so viel geändert. Das einzige, was mir da einfällt, ist die Beleuchtung: Damals hatten wir noch viele heiße Scheinwerfer im Einsatz, die die Temperatur am Set hochgetrieben und den Sauerstoff verbrannt haben. Inzwischen werden zu unserer aller Freude und Erleichterung LEDs genutzt! Die können auch mit leistungsstarken Akkus betrieben werden und so gibt es auch weniger Kabel im Raum und der Aufbau geht schneller. Insgesamt verschafft uns das am Set deutlich mehr Flexibilität.

Was ist mit der Digitalisierung?

Armin Rohde: Für uns Schauspieler hat das eigentlich gar keinen Unterschied gemacht. Früher mussten immer nach acht Minuten die Filmrollen gewechselt werden, heute tauscht man eben die Speicherkarte aus. Es gibt allerdings ein Wort, das heute aus den Produktionen verschwunden ist: „Fusselcheck“. Als noch auf Zelluloid gedreht wurde, musste beim Rollenwechsel auch immer geschaut werden, ob nicht ein Staubkörnchen irgendwo hing und das Bild kaputt gemacht haben könnte. So kam es manchmal vor, dass man eine Szene ganz toll gespielt hatte und man musste sie dann wiederholen, weil Staub auf dem Bild war. Das kann heute nicht mehr passieren!

Wenn man so lange eine Rolle verkörpert – wie viel Einfluss hat man da auf die Darstellung?

Armin Rohde: Mit dem Regisseur Lars Becker drehe ich schon seit über 20 Jahren. Wir haben fast 30 Filme miteinander gemacht! Wenn wir also miteinander arbeiten, begegnen wir uns auf Augenhöhe. Er ist zwar der Regisseur, aber trotzdem offen für jeden guten Vorschlag, den ich – oder auch andere Kollegen – einbringe. Das ist auch etwas, was Lars Becker besonders auszeichnet: Der Autor Lars Becker gibt sich dem Regisseur Lars Becker gegenüber völlig uneitel! Da gibt es auch ganz andere. Autoren-Regisseure, die so stolz auf jedes Komma im Drehbuch sind, dass sie vom Schauspieler verlangen, das auch noch mitzuspielen! Selbst wenn ich am Drehort selbst erst rausfinde, dass etwas eigentlich gar keinen Sinn macht oder es eine bessere Variante gibt, dann ist Lars der erste, der bereit ist, den Plan umzuschmeißen – und diese Flexibilität schätze ich sehr.

Armin Rohde als Kommissar Erichsen (links), gemeinsam mit Tedros Teclebrhan als Elias in „Cash & Carry“ (ZDF). (Foto: Marion von der Mehden/ZDF)

Bringen Sie auch ihren eigenen Charakter mit in die Rolle ein?

Armin Rohde: Nein, ich spiele mich nie selbst! Das einzige, was in meine Darstellungen natürlich mit einfließt, ist meine Lebenserfahrung – also die Art wie ich Menschen oder Situationen einschätze. Mein privates Verhalten hat aber keinen Einfluss. Seit ich Schauspieler bin – das sind jetzt über 40 Jahre! – hat es nicht eine einzige Rolle gegeben, die so ist wie ich privat. Aber es ist natürlich ein großes Kompliment, wenn der Zuschauer denkt, ich sei auch privat so wie in diesen Rollen! Genau darin besteht ja die Kunst des Schauspielers: Wir möchten die Zuschauer überzeugen, dass sie einen Charakter vor sich haben, der genau so und nicht anders ist. Es soll nicht gespielt wirken, sondern real. Gute Schauspieler müssen genau das können.

Das schaffen Sie auf jeden Fall – selbst wenn Sie einen richtig fiesen Drecksack spielen, nimmt man Ihnen das ab! Es ist faszinierend, wie böse man sein – oder besser „spielen“ – kann!

Armin Rohde: (lacht) Das ist schön, wie Sie das ausdrücken! Und es freut mich sehr, denn genau darum geht es ja! Ob das der Räuber Hotzenplotz oder der Schönheitschirurg in Rossini ist – jedes Mal denkt man: „Das glaub ich ihm!“ Ein schöneres Kompliment kann man mir gar nicht machen. Mein Vater meinte einmal nach dem Anschauen eines Films zu mir: „Junge, ich hab vergessen, dass du mein Sohn bist.“ Wenn mein Papa das zu mir sagt, dann hab ich alles richtig gemacht!

Das Schauspiel ist für Sie dann sicher nicht nur ein Beruf, sondern Berufung?

Armin Rohde: Ich kann nicht anders! Man kann ja auch einen Mönch nicht fragen: „Von wann bis wann sind Sie Mönch? Wann haben Sie Feierabend?“ Ich bin Schauspieler durch und durch. Mit jeder Faser meines Daseins. Und das obwohl es ja eigentlich eher Zufall ist, dass ich Schauspieler bin, ich wäre ja beinahe Fotograf geworden, wenn man mir beim Trampen in den USA nicht meine ganze Ausrüstung geklaut hätte. Aber das ist nochmal eine ganz andere Geschichte.

Jetzt haben Sie als Schauspieler aktuell vermutlich leider nicht so viel Arbeit. Wie nutzen Sie die Zeit?

Armin Rohde: Ich verbringe im Moment viel Zeit damit, alle meine Fotos aus den letzten 12 Monaten zu sortieren und zu bearbeiten! Es gibt immer etwas zu tun. Mir ist nie langweilig!

Welche Verbindungen haben Sie noch zum Theater?

Armin Rohde: Ich habe ja sehr lange Theater gespielt und war, genau genommen, richtig besessen davon!

Würden Sie das Theater denn dem Film vorziehen?

Armin Rohde: Ich habe lange kein Theater mehr gespielt. Manchmal fehlt es mir und ich werde sicher irgendwann einmal wieder auf der Bühne stehen. Möglicherweise wird es das Stück sein, das ich gerade mit Karen Boehne entwickle. Es ist noch etwas zu früh, um Genaueres zu verraten. Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen. Ich kann mir aber auch vorstellen, als Solist auf die Bühne zu gehen. Mit einem Stück, wo ich auch mit dem Publikum interagieren kann. Ich habe sehr viele unterschiedliche Pläne!

Spielen Sie eigentlich lieber den Bösewicht oder den Guten?

Armin Rohde: Wie spielt man den Guten? Gibt es das überhaupt?

In „Der gute Bulle – friss oder stirb!“ hat der Polizist ja zumindest den Anschein auf der guten Seite zu stehen.

Armin Rohde: Zumindest ist er derjenige, der versucht, die Verhältnisse wieder gerade zu rücken. Aber was ist wirklich gut und was ist böse? Es kommt auf so viele Umstände an! Sie können etwas noch so gut gemeint haben, am Ende kann es trotzdem einen Toten geben. Gott bewahre, dass so etwas passiert! Aber es gibt solche Unglücke. Es gibt eigentlich nur zwei Arten von Menschen: Diejenigen, die es gut meinen und diejenigen, denen es egal ist. Es gibt empathische Menschen, die sich in andere hineinversetzen können, und es gibt Menschen, denen andere vollkommen egal sind – Hauptsache der eigene Schrank ist voll mit Klopapier!

Ein sehr aktuelles Beispiel!

Armin Rohde: Ja, stimmt (lacht). Das ist vielleicht gerade unsere Chance, zu hinterfragen: Brauchen wir wirklich so viel Klopapier? Brauchen wir allgemein so viele Güter, wie bisher? Worauf kommt es uns denn wirklich an? In der Antike hätten die Menschen geglaubt, was jetzt gerade passiert, sei die Rache der Götter. Und ich habe schon das Gefühl, dass dieser Planet uns gerade eine Kopfnuss verpasst und uns deutlich macht, dass wir nicht gut mit ihm umgehen.

Man wird in dieser Zeit gezwungen, zu entschleunigen – und jeder macht sich Gedanken über Dinge, die bisher gar keine Rolle gespielt haben. In vielen Bereichen tut das natürlich aber auch weh – als Unternehmer und Künstler zum Beispiel.

Armin Rohde: Das stimmt. Es gibt Berufe, die sind vom Homeoffice aus einfach nicht zu machen: Als Musiker oder Schauspieler muss man auf der Bühne oder vor der Kamera stehen! Und da ist es aufwändig, Hygienevorschriften einzuhalten. Ich fürchte im Moment leider wirklich um den Beruf Schauspieler, Künstler oder Musiker. Ich hoffe inständig, dass es uns in ein paar Jahren auch noch geben wird! Wir brauchen die Nähe, das Miteinander und das Publikum. Ohne das alles, sind wir verloren. Natürlich kann man das alles einschränken, dann leben die Menschen gesund und in Sicherheit – aber auch ohne Musik, ohne Kunst und ohne Geschichten. Da muss man sich irgendwann die Frage stellen, ob es nur darum gehen soll, länger zu leben oder ob es nicht auch darum gehen sollte, gut zu leben! Nicht dass man mich falsch versteht: Ich gehe davon aus, dass alle Maßnahmen, die bisher getroffen wurden, sinnvolle Maßnahmen sind! Aber sie sollten natürlich nur temporär gelten. Wir leben in einer Demokratie und selbst da muss man manchmal zu einschränkenden Maßnahmen greifen, wenn es die Umstände erfordern! Und den jeweiligen müssen wir uns anpassen, auch wenn es keinen Spaß macht.

Wie empfinden Sie denn die aktuellen Forderungen nach weiteren Lockerungen?

Armin Rohde: Ich wünsche mir eine offene Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen, ohne gegenseitige Diffamierungen. Ich wünsche mir eine erwachsene, klare, nüchterne und gelassene Debatte darüber, welche Maßnahmen weiterhin sinnvoll sind und was in Zukunft möglicherweise besser geregelt werden kann. Dabei sollte auch das Vertrauen eine Rolle spielen, dass man es hauptsächlich mit vernünftigen Menschen zu tun hat. Auch wenn es sicherlich ein paar Ausnahmen gibt, beobachte ich draußen hauptsächlich gelassenes und vernünftiges Verhalten.

Sind Sie in dieser Situation optimistisch?

Armin Rohde: Ja. Ich glaube daran, dass wir das schaffen. Ich bezeichne mich generell selbst gerne als skeptischen Optimisten (lacht).

Der Film „Nachtschicht – Cash &Carry“ ist noch bis Ende Juli in der ZDF-Mediathek verfügbar.
„Der gute Bulle – Friss oder stirb“ läuft am 25. Mai, um 20.15 Uhr im ZDF und ist ab 18. Mai ebenfalls über die Mediathek abrufbar.

In „Der Gute Bulle – Friss oder stirb“ spielt Rohde den Polizisten Fredo Schulz. (Foto: ZDF/Nik-Konietzny)