Südliche Weinstraße. Studium mit Masterabschluss oder doch lieber eine solide Ausbildung im Handwerk? Nach der Schule sehen sich viele junge Menschen mit dieser Frage konfrontiert – und entscheiden sich meist für das Studium. Weil man als Akademiker mehr Geld verdienen und weil man als Handwerker keine Karriere machen kann? – das wird zumindest oft von jungen Schulabgängern als Begründung ihrer Wahl genannt. Aber zu Unrecht: „Eine Ausbildung im Handwerk führt früh zur finanziellen Unabhängigkeit“, klärt Klaus Seiferlein, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Südpfalz – Deutsche Weinstraße, auf, und betont: „Eine Ausbildung im Handwerk bietet eine Vielzahl von Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Mit einem Gesellenbrief in der Tasche ist sogar ein fachgebundenes und berufsbeleitendes Studium möglich.“

Auch den südpfälzischen Handwerksbetrieben mangelt es an Nachwuchs. Eine (wirksame) Lösung zu finden, ist nun Aufgabe der Politik und der Gesellschaft – eine Sisyphus-Aufgabe.

Handwerker werden in allen Bereichen gesucht. (Foto: jackmac34/Pixabay)

Das smarte Zuhause braucht einen smarten Handwerker, und deshalb wird der Handwerker in Zukunft immer häufiger seinen Schraubenschlüssel gegen das Tablet eintauschen. Das gerade installierte und äußerst smarte Außenthermometer funkt bei einer Temperatur von unter 15 Grad Celsius an die Heizung im inneren des Hauses: „einschalten bitte!“ Das sind schöne Zukunftsaussichten für eine ganze Branche – die jedoch mit großen Personalsorgen zu kämpfen hat. Aufträge gibt es genug, nur der Handwerker mutiert zu einer immer seltener werdenden Gattung, das bestätigt auch Walter Adam jr., Obermeister der Fleischer-Innung SÜW – Landau – Germersheim und Vorstandsmitglied der Kreishandwerkerschaft Südpfalz: „Wir Handwerker haben alle Arbeit satt, aber es gibt einen Haufen freie Lehrstellen.“ Warum ist das so?

Viele Schulabgänger wollen studieren gehen, eine Ausbildung im Handwerk ist keine Option für sie. Das ist der Akademisierungswahn des 21. Jahrhunderts. Praktische Qualifikationen sind rar – das muss sich ändern, findet auch Klaus Seiferlein: „Die größte Herausforderung des Handwerks besteht darin, der Jugend eine praktische Ausbildung schmackhaft zu machen. Deswegen muss schon an den Schulen ein Umdenken stattfinden.“ Seiferlein plädiert: „Die Berufsorientierung an den Schulen muss deutlich intensiviert und ausgebaut werden.“ Die Jugendlichen würden sich viel zu wenig Gedanken darüber machen, wo die berufliche Reise hingehen soll. Viele der Handwerksberufe seien heute hoch-technologisiert – dieses Wissen müsste von den Lehrern an die Schüler transportiert werden. In die Lehrpläne gehöre deswegen nach Sicht von Seiferlein und Adam eine systematische Berufsorientierung.

(Foto: annawaldl/Pixabay)

Doch die Vorstellung vieler Abiturienten von einer Ausbildung im Handwerk ist verzerrt – nicht nur was die Tätigkeit betrifft. Viele Schüler glauben, dass sie nach einer Lehre weniger Einkommen hätten und häufiger von Arbeitslosigkeit bedroht wären. Doch das ist ein Klischee. Die Arbeitslosenquote von Handwerksmeistern beträgt weniger als drei Prozent – das ist ähnlich gering wie bei Hochschulabsolventen. Oft stehen Handwerksmeister finanziell sogar besser da als Akademiker.
Meisterpflicht?!

Apropos Meister: Seit 2004 gibt es in 53 Gewerken keine Meisterpflicht mehr – darunter hat nicht nur die Zahl des Ausbildungsnachwuchses, sondern teilweise auch die Qualität der Arbeit gelitten. Der Meister sei eines der größten Instrumente des Verbraucherschutzes, da sind sich Seiferlein und Adam einig.

Die Kreishandwerkerschaft richtet über das Jahr verteilt zahlreiche Berufstage und Ausbildungsmessen in der Region aus. Ziel dabei ist die Nachwuchs(an)werbung. Jedoch: „Die KHW kann nur Impulse setzen, die Politik und die Gesellschaft müssen uns begleiten. Wir brauchen jeden Verbündeten!“, so Seiferlein.