Ein Rohrsänger in einem illegalen Fangnetz auf Zypern. (Foto: CABS)

Rülzheim. „Schon Nietzsche sagte: ‚Auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird‘.“ Der Rülzheimer Willi Schuppert sitzt in einem kleinen Café vor einer Tasse Kaffee und ringt mit den Worten. „ Sie glauben gar nicht, was ich auf meinen Einsätzen im Kampf gegen das Vogelmorden schon alles gesehen habe! In Italien werden hauptsächlich Rotkehlchen gefangen. Sie gelten als Delikatesse und werden zu hohen Preisen verkauft, das Stück für 10 Euro. Wir haben einen Wilderer geschnappt, der über 1.000 Rotkehlchen in der Tiefkühltruhe hatte!“

Im März diesen Jahres hat Schuppert „für seinen selbstlosen Einsatz zum Wohle der Schöpfung“, wie es in der Pressemeldung heißt, den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz verliehen bekommen. Der mittlerweile 72-jährige agile Rülzheimer setzt sich für den Tierschutz ein, arbeitet bei der Sozialstation Rülzheim e.V. mit und ist bei der Braun’schen Stiftung aktiv.

Einen großen Teil seines Lebens widmet er jedoch dem Gebiet des Vogelschutzes und ist aktives Mitglied des „Komitees gegen Vogelmord e.V.“ (Commitee Against Bird Slaughter – CABS), in dessen Auftrag er sich mit großem Engagement gegen die Wilderei von Zugvögeln in Mittelmeerländern einsetzt – unter hohem Risiko für Leib und Leben.

„In Europa werden im Jahr bis zu 50 Millionen Vögel ganz legal geschossen, dazu kommen bis zu 20 Millionen Tiere, die illegal getötet werden. Jedes Land hat seine eigenen illlegalen Fangmethoden. Auch in Zypern gelten wie in Italien Singvögel als Leckerei und werden im organisierten Stil mit großen Netzen gefangen“, zählt Schuppert die statistischen Fakten auf. „Malta hat die größte Jägerdichte Europas. Dort kommt nur ein kleiner Teil der abgeschossenen Vögel auf den Teller, die meisten werden nur zum Spaß gemordet.“ Er schiebt seine Kaffeetasse von sich. „In Frankreich wird der Ortolan noch immer illegal stark bejagt, obwohl er unter Artenschutz steht. Ein Ortolan bringt 400 Euro auf dem Schwarzmarkt.“ Und in wohlhabenden Kreisen sei der Verzehr von Ortolanen noch immer weit verbreitet, ergänzt er.

Schuppert beim Bergen eines mit Leimruten gefangenen Pirols auf Zypern. (Foto: CABS)

Der Einsatz gegen die illlegale und oft grausame Tötung von Singvögeln ist gefährlich und risikoreich. Auch wenn das „Komitee“ oft mit der örtlichen Polizei zusammenarbeitet, ist das Eindringen in die organisierten hochkriminellen Strukturen des Vogelmordes nicht selten mit körperlichen Angriffen verbunden. „Während meiner Einsätze im Ausland bin ich schon mit Tränengas angegriffen, mit Schweineurin übergossen, angeschossen und zusammengeschlagen worden“, erzählt Schuppert. Unterstützung erhalten die Vogelschützer vor allem In Italien von der „Corpo Forestale dello Stato“, der Forstpolizei, die allerdings 2016 aufgelöst und ein Teil davon in ein neues Carabinieri-Kommando für Forst-, Umwelt-, Landwirtschafts- und Verbraucherschutz umgewandelt wurde. „Die sind nicht zimperlich“, berichtet Schuppert, „Da geht‘s auch schon mal zur Sache. Aber die sind eine große Hilfe und vor allem sehr gut informiert. Bei uns gibt es so etwas wie eine Forst- oder Umweltpolizeit in diesem Sinne nicht. Da muss man immer erst alles erklären oder Infomaterial verteilen.“ Er schiebt einige Broschüren und Flyer von CABS und NABU über den Tisch. In Deutschland würde vor allem mit Illegalen Fallen und Netzen gejagt.

Greifvögel ständen ganz oben auf der Liste. „Diesen Habichtsfangkorb habe ich bei einem Einsatz mit der Polizei in Herxheim sichergestellt. Mit ihm werden mithilfe einer lebenden Ködertaube Habichte und Bussarde gefangen.“ Schuppert zeigt Fotos, die er mit seinem Handy aufgenommen hat. „Die Greifvögel stehen unter Schutz. Sie aus Jagdgründen zu töten wird mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft.“ Er scrollt auf dem Bildschirm zu anderen Fotos. „Mit Gifteiern wird oft gejagt. Die Eier werden geöffnet, mit einem Insektizid namens Carbofuran versetzt und dann gewartet, bis die Greifvögel die Eier fressen und elend verenden.“ Auch vergiftete Schlachtabfälle und Fleischköder würden zum Töten verwendet. In einer Broschüre, die in Zusammenarbeit von NABU, CABS und LBV (Landesbund für Vogelschutz e. V.) entstanden ist, werden vor allem zwei Interressengruppen genannt, die im Zusammenhang mit der illegalen Greifvogelverfolgung eine Rolle spielen: Jäger, die in Greifvögeln Konkurrenten um das Niederwild (Fasane und Feldhasen) sehen, und Tauben- und Geflügelhalter, die vermehrt in Erscheinung treten. Schuppert betont, dass natürlich nicht jeder Jäger Greifvögel vergiftet – aber gerade auch unter der Jägerschaft gäbe es zu viele schwarze Schafe. Vielen gehe es nur noch um Trophäen und nicht um die Erhaltung. Wenn alles im legalen Rahmen verläuft, habe er natürlich keine Handhabe – auch wenn ihm vieles gegen den Strich gehe. Wild dürfe auch zum Abschluss angefüttert werden, aber eben nur in gewissem Rahmen und festgelegtem Umfang. „Ich habe einen Förster in einem Revier im Landkreis Germersheim zur Rede gestellt, der mit riesigen Mengen angefüttert hat“, führt Schuppert aus. „Bei der Konfrontation sagte er mir, er erwarte eine holländische Jagdgesellschaft und müssen denen schließlich etwas bieten.“

Schuppert ist auch in Sachen Aufklärung unterwegs, hält Vorträge und gibt Seminare.
Woher nimmt er seinen ungebrochenen Mut und den Willen weiterzumachen? „Es geht einfach nicht, dass eine Handvoll Verbrecher uns unsere Natur ganz kaputt macht. Jedes Tier hat die Berechtigung zu leben!“ (bam)

Komitee gegen Vogelmord e.V., 0228-665521, www.komitee.de, komitee@komitee.de

Abgeschossener Bienenfresser auf Malta. (Foto: CABS)
Willi Schupperts Engagement ist gefährlich für Leib und Leben. (Foto: CABS)