Wie schwer ist es eigentlich, lustig zu sein?

Marco Rima: Es wurde mir in die Wiege gelegt. Ich glaube, ich bin grundsätzlich ein fröhliches Naturell und es ist ein großes Glück, dass ich meine Lust, mich in den Vordergrund zu drängen, zum Beruf machen durfte (schmunzelt). Weil, ansonsten wäre ich wahrscheinlich ein schwieriger Fall gewesen, also privat.

Und als Lehrer?

Marco Rima: Als Lehrer geht das noch, weil da ist man ja ein Stück weit auch Unterhalter. Aber wenn man nur noch das Gefühl hat, man will die Leute und auch die, denen man nahesteht, unterhalten, dann wird es schwierig. Von daher genieße ich es sehr, dass ich in meinem Beruf Dampf ablassen kann und zuhause dann eher so ein bisschen ruhiger bin.

Also zuhause ist Marco Rima ein Ruhepol?

Marco Rima: Naja, Ruhepol… Meine Frau ist ja Schwäbin und hat auch sehr viel Temperament – keine Ahnung, von wo aus das eingewandert ist. Aber ich stelle schon fest, dass ich daheim eher ruhig bin. Das hat vielleicht auch etwas mit dem Alter zu tun. Für die Kinder bin ich wahrlich ein Ruhepol – also wenn der Papa mal zuhause ist.

Kann man sagen, dass du deinen Traum verwirklicht hast?

Marco Rima: Absolut, ja! Wahrscheinlich habe ich sogar ein Stück weit den Traum meines Vaters umgesetzt und weitergelebt. Er wollte immer Schauspieler werden, aber in der damaligen Zeit, in den 50er und 60er Jahren, war das kein Thema. Nach dem Krieg war die Schauspielerei brotlose Kunst. Außerdem ist er in Verhältnissen aufgewachsen, in denen man nicht so viel Geld hatte. Sein Vater ist früh gestorben. Mein Vater hat dann eine kaufmännische Lehre gemacht und die Handelsschule besucht und nebenher noch Italienisch unterrichtet. Dann war sein Weg geformt. Er ging in die Reisebranche und hat als Geschäftsführer gearbeitet. Er war ein sehr lustiger Mensch, der auch unglaublich witzige Nummern gespielt hat, meistens über Neujahr. In der Feuerwehr haben die auch immer Theater gespielt. Das habe ich ganz klar von ihm bekommen. Aber die Kraft, die habe ich von meiner Mutter. Denn der Beruf beinhaltet ja nicht nur das Sichzeigen und das Sichproduzieren, sondern eben auch Durchhaltewillen, Selbstvertrauen, in sich ruhen – und das ist meine Mutter, die Stärke habe ich von ihr.

Wenn man auf die Bühne geht, ist man in dem Moment Band und Frontmann gleichzeitig…

Marco Rima: Stimmt. Und das ist das Schöne an der Schauspielerei. Theater, Film und Fernsehen sind zwar artverwandt, aber können doch nicht unterschiedlicher sein. Weil, wenn du auf die Bühne gehst, dann hast du keinen doppelten Boden und auch kein Netz und eine sofortige Reaktion der Zuschauer. Beim Fernsehen hast du immer die Möglichkeit, das ein oder andere zu wiederholen, es sei denn, es handelt sich um eine Live-Sendung. Aber trotzdem ist man da von ganz anderen Dingen abhängig.

Hast du heute noch Lampenfieber?

Marco Rima: Ich merke immer vor einer Vorstellung, dass ich ganz leicht müde werde. Das ist für mich wahrscheinlich eine Form der gesunden Anspannung. Das heißt, ich sammle meine ganzen Kräfte und dann muss das explodieren. Dieses Gefühl hatte ich auch immer, wenn ich 100 Meter gelaufen bin. Kurz vor dem Start bin ich fast in mir zusammengebrochen – das ist, glaube ich, ein chemischer Prozess, der im Körper stattfindet. Der Begriff Humor ist ja auch nichts anderes, als verschiedene Körperflüssigkeiten zusammengießen. Und das ergibt dann diese Essenz des Humors.

Wenn du ein neues Programm auf die Beine stellst, führst du es dann erst einmal deiner Familie vor?

Marco Rima: Witzigerweise spielen mir die Menschen selbst Programme zu oder vor. Meine Frau sagt immer: „Sei doch froh, dass ich manchmal so bin, wie ich bin. So gebe ich dir Ideen“.

Passiert auf der Bühne vieles situationsbedingt? Zum Beispiel, dass man eine Situation, die sich im Publikum abspielt, aufgreift?

Marco Rima: Ja klar, wenn jemand z.B. eine besondere Art hat, zu lachen. Ich hatte vor ein paar Tagen einen Rückwärtslacher im Publikum. Ich wusste gar nicht, dass man rückwärts lachen kann. Da haben sich die Leute natürlich weggeschmissen. Dann war es geschehen, der Abend hatte seinen eigenen Zauber. Das coole war, dass dieser Typ nicht ständig so gelacht hat. Es kam einfach so. Ich sage immer, für mich funktioniert Improvisation dann, wenn das Konstrukt stimmt. Ich bin ein Feigling – ich lerne Texte auswendig – und wenn ich mich wohlfühle und die Situation es auch zulässt, habe ich Lust, zu improvisieren.

Ist das nicht schwierig, wenn man denkt, das wird jetzt ein Lacher, aber es passiert einfach nichts?

Marco Rima: Premiere spielen, ist eine komplette Überforderung. Je länger du im Beruf bist, desto eher hast du natürlich das Gefühl dafür, ob es passen könnte oder nicht. Ich habe auch immer Co-Autoren, also Spaß-Partner. Aber wenn man dann auf die Bühne geht, zum allerersten Mal vor Publikum spielt und dann diese ganzen Reaktionen abruft – da ist man komplett überfordert. Weil die Leute lachen plötzlich an Stellen, wo man es nie gedacht hätte und da wo man zu eintausend Prozent sicher war, dass es ein absoluter Kracher wird, kommt nichts. Da ist man natürlich im ersten Moment irritiert. Da braucht man manchmal auch Vertrauen in sich selbst und eine Haltung. Das heißt, das, was ich erzähle, muss ich auch wirklich glauben. Ich muss davon überzeugt sein. In dem Moment, in dem ich unsicher bin, merkt das der Zuschauer sofort.

Markus Eisel (rechts) traf Marco Rima. (Foto: privat)

Du machst auch viel mit Mimik.

Marco Rima: Ja, das gehört zu mir. Ich trainiere das nicht vor dem Spiegel. Jede Figur hat ein Gesicht. Jeder Mensch hat eine Mimik. Das finde ich immer sehr spannend. Ich musste letztens lachen, ich habe die Anstalt geguckt und da hat einer der Kabarettisten den Friedrich Merz nachgespielt und einfach diesen einen Gesichtsausdruck aufgesetzt – hammer. Und die Sache ist klar, mehr brauchst du auch gar nicht zu erzählen.

Du guckst dir also auch andere Comedians an?

Marco Rima: Ja, super gerne. Ich bin ja auch ein Konsument. Ich gehe gerne auch in andere Vorstellungen und ich bin dann auch wirklich Zuschauer und kann mich fallen lassen.

Hast du Comedian-Vorbilder?

Marco Rima: Ja, klar. Ich bin mit Emil Steinberger aufgewachsen. Dann gibt es noch zwei, drei andere Schweizer, die für mich sehr wichtig waren – Loriot ist für mich ein ganz großes Vorbild. Ich mochte aber auch immer Hanns Dieter Hüsch, Bruno Jonas und Hildebrandt sehr. Eigentlich bin ich mit Kabarettisten großgeworden. Bei den Komikern fand ich Otto super. Der hat die Comedy ins Leben gerufen.

Gibt es bei den Comedians nicht schon fast ein Überangebot?

Marco Rima: Ich war vor Kurzem in Erfurt und habe in einem Programmheft geblättert, da standen 70 oder 80 Comedians drinnen, unglaublich.

Ist das „Comediansein“ endlich?

Marco Rima: Wenn man sich bei den Jungen anbiedert, dann ist es endlich. Wenn man das Gefühl hat, man kann nur noch lustig sein, wenn man so ist wie die neuen und jungen Comedians, dann ist das Comediansein endlich, ja. Dann schießt du dich irgendwann einmal selber ab. Aber ansonsten ist man als Comedian ein humorvoller Betrachter des Lebens und die einzige Endlichkeit, die dir da gesetzt wird, ist das Leben selbst. Ich merke, dass das Leben endlicher für mich wird. Aber auf der anderen Seite – und das finde ich sehr spannend – ist Zeit für mich ein Freund geworden. Ich habe heute mehr Geduld als früher. Das schätze ich sehr. Ich würde sagen, früher war ich viel ungeduldiger und die Dinge mussten sich für mich sofort erfüllen. Heute denke ich: Wenn es so sein muss, dann kommt es schon. Das finde ich schön, obwohl die Zeit endlicher wird. Man sollte daher das Leben mit Humor nehmen. Hoffentlich begleitet mich das noch sehr lange. Irgendwann werde ich wahrscheinlich in einem Altenheim vorspielen. Der Vorteil dann ist, dass die mich nicht mehr hören und einschlafen (lacht) und wenn du den Boden vollgesabbert hast bis zum Klo, weißt du wenigstens welcher Spur du folgen musst.

Ein Stück weit führst du doch ein Vagabundenleben oder? Du bist permanent auf Tour…

Marco Rima: Der Vorteil in der Schweiz ist, dass das Land klein ist. Das heißt, ich gehe nachmittags zwischen vier und fünf Uhr aus dem Haus und komme nach dem Auftritt nachts zurück. Ich stehe mit meinen Kindern auf – ich habe vier Kinder, zwei sind schon groß, die anderen beiden sind neun und sechs – dann frühstücken wir zusammen und manchmal begleite ich sie auch zur Schule. Das genieße ich sehr. Wenn ich in Deutschland unterwegs bin oder woanders, wird es natürlich anstrengend. Nicht die Arbeit ist anstrengend, sondern das Fahren. In der Zeit, als ich noch die Wochenshow gemacht habe, war es anfangs sehr lässig, zur Arbeit zu fliegen. Ich bin montags früh nach Köln geflogen, habe die Woche dort gearbeitet und bin samstags wieder nach Hause geflogen. Aber das findest du nur ein bis zwei Monate lässig. Irgendwann kannst du die Fliegerei nicht mehr ausstehen. Das erzählen mir auch Leute, die First Class fliegen, oder die, die gefahren und in das Flugzeug hineingetragen werden. Irgendwann findet man das alles nur noch mühsam. Deshalb mache ich jetzt auch mal knapp ein Jahr Pause. Ich gehe mit der Familie nach Australien. Die Kinder gehen dort zur Schule und ich werde mal die Füße stillhalten und mir überlegen, wie es weitergeht. Das Blöde ist, ich habe schon wieder eintausend Termine (lacht).

Du hast eine große Fernsehpräsenz, du bist auf Tour, man kennt dich, trotzdem bist du ein sehr geerdeter Zeitgenosse. Wie empfindest du deine Prominenz?

Marco Rima: Ich glaube, schlussendlich hat das immer etwas mit der Familie zu tun, aus welchem Stall man kommt. Ich habe das große Glück, tolle Menschen um mich herum zu haben. Dieses Abheben kenne ich so eigentlich gar nicht, im Gegenteil. Ich begrüße auch die Menschen, die hinter der Kamera stehen oder die Kabelträger. Ich arbeite doch mit denen, sie arbeiten für mich und da gehört es sich einfach, dass man allen mal hallo sagt. Für mich war Popularität immer ein Schlüssel für noch mehr Zuschauer. Die Popularität hat mir Türen aufgestoßen für neue Projekte. Ich habe das immer so gesehen. Klar, man buhlt lange Zeit um die Gunst der Zuschauer, man möchte geliebt werden. Und es ist auch ganz toll, wenn man dann irgendwann Autogramme schreiben darf, aber weil ich langsam damit aufgewachsen bin, hat es mich nie gestört oder ist gar lästig geworden. Ich bin ja aber auch wegen der Menschen in meiner Position, dass ich meiner Berufung nachgehen darf und nicht einem Job. Und ich habe das große Privileg, jeden Abend mit Applaus nach Hause geschickt zu werden.

Und wenn du nach Hause kommst, sagt deine Frau: Schatz, bringst du bitte den Müll raus?

Marco Rima: Gerade in diesem Beruf ist es gut, Familie zu haben. Sie holt dich zurück auf den Boden der Tatsachen und relativiert diesen höher gestellten Status. Wenn ich heutzutage jemandem Gesundheit wünsche, dann wünsche ich es vom Herzen. Ich bin mit ganz wenig zufrieden. Das ganz Wenige ist einfach, wenn ich gesund leben darf, wenn es mir gut geht, weil dann habe ich die Möglichkeit, etwas zu tun. Mit dem Älterwerden wird man auch genügsamer und vielleicht hat die Zufriedenheit einen viel wichtigeren Stellenwert als das ständige Reiten auf der hohen Welle des Glücks. Heute suche ich nicht mehr die ganz großen Wellen, die kleineren reichen mir vollauf. (eis)