Utopisch oder logisch?

Was steckt eigentlich hinter dem Begriff Verkehrswende und hat sich schonmal jemand wirklich ernsthafte Gedanken zu dem Thema gemacht? Andreas Scheuer vermutlich nicht.

(Foto: Foto: kues1 / freepik.jpg)

Verkehrswende. Jeder hat den Begriff schonmal gehört oder gelesen. Ich unterstelle jetzt aber einfach mal: Die wenigsten haben eine Vorstellung davon, was genau dahinter steckt. Oder? Ich hatte lange auch keine. Ich hab mir gar keine echten Gedanken darüber gemacht. Weniger Verbrennungsmotoren, mehr Elektromobilität, mehr ÖPNV – das wird wohl damit gemeint sein.

So wie unsere Politiker (allem voran der zuständige Bundesverkehrsminister) handeln, haben auch die nicht weiter gedacht. Denn überall, wo man hinschaut, werden Einzelprojekte angestoßen: Bahnfahren soll billiger werden, mehr Elektroladestationen sollen eingerichtet werden, Brücken werden saniert, Umgehungsstraßen neu gebaut, man verhängt Fahrverbote etc.

Aber ist das wirklich die Verkehrswende? Herr Scheuer würde sicher laut „Ja!“ schreien. „Was soll denn noch alles geschehen? Mehr kann man ja wohl nicht machen!“

Doch. Man kann. Nein, man muss sogar! Denn ganz unabhängig von den Schäden, die man der Umwelt und dem Klima zufügt, durch die Art wie wir uns aktuell fortbewegen, ist das doch auch wirtschaftlich und „platztechnisch“ völliger Quatsch, was wir da machen. Überall stehen sie rum, die riesigen Gefährte und werden zu 95 Prozent ihrer Lebenszeit überhaupt nicht genutzt. Riesige Parkplätze und Parkhäuser, vierspurige Autobahnen … das alles braucht enorm viel Platz und sieht – ich glaube, darüber sind sich alle einig – nicht wirklich schön aus, oder?

Meine (vielleicht utopische) Idealvorstellung ist deswegen: eine komplett vernetzte Verkehrswelt, die Taxi/Bus/Bahn/Carsharing etc. berücksichtigt und mir bei der Zieleingabe automatisch den günstigsten und schnellsten Weg aufzeigt – so dass eigentlich niemand mehr auf ein eigenes Auto angewiesen ist. Ich gebe in mein Handy um 7.51 Uhr ein, dass ich in ca. 10 Minuten nach Kandel starten will und mir wird direkt vorgeschlagen, dass mich um 8.06 ein Sammeltaxi abholt, weil gerade noch drei andere in die gleiche Richtung wollen. Am nächsten Tag, sagt mir mein Smartphone um die gleiche Uhrzeit für die gleiche Strecke, dass es am schnellsten ginge, zur 200 Meter entfernten Haltestelle zu laufen und den Bus um 8.03 Uhr zu nehmen, der mich dann direkt neben einer E-Bike-Station rauslässt, von wo ich den letzten Kilometer auf diese Weise zurücklegen kann. Hab ich viel Gepäck zu transportieren, kann ich das angeben, dann schließt das System Fahrräder oder Roller aus, ich kann mein Budget begrenzen, die Zahl der Fahrgäste eingeben und die späteste Ankunftszeit übermitteln. Ich brauche nie länger als 25 Minuten von zuhause bis zum Büro. Das alles ist natürlich bezahlbar für die Nutzer. Ich gebe im Monat deutlich weniger für meine Mobilität aus als vorher: kein Benzin, keine Steuer, keine Versicherung, keine Parkgebühren.

Sobald es neue Innovationen gibt – Stichwort „Flugtaxi“ – werden sie ins System integriert und stehen so automatisch jedem zur Verfügung. Emissionsarme Mobilität ist kein Privileg für Reiche mehr. E-Autos hätten automatisch eine hohe Auslastung, was sie nach kurzer Zeit in der Öko-Bilanz besser dastehen lässt, als Autos mit Verbrennungsmotoren. Die Forschung und die Industrie wären aufgrund der flächendeckenden Nutzung gezwungen, beispielsweise im Bereich der Akkus schnell umweltfreundliche Alternativen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Das System würde sich also automatisch ständig selbst optimieren.

Ist das wirklich Utopie oder einfach nur logisch?