Wie geht es Ihnen?
Franz Müntefering: Mit geht es gut. So gut wie selten, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben Vorsitzender einer so großen Organisation wie der BAGSO mit etwa 8 Millionen Mitgliedern bin.

Was ist denn eigentlich genau die BAGSO?
Franz Müntefering: Die BAGSO ist die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisation mit 114 Mitgliedern. Dazu gehören die Seniorenverbände der Kirchen, der Gewerkschaften, der Parteien, aber auch Seh- und Blindenverbände und Selbsthilfegruppen. Unser Büro in Bonn arbeitet eng mit verschiedenen Ministerien, aber auch mit Verbänden und Organisationen zusammen. Wir klären auf, informieren, regen an, unterstützen, beraten, mischen uns ein – manchmal sagen wir als „Lobby der Älteren“ oder als „Interessenvertretung der Älteren“. Wir arbeiten aber nicht gegen andere Generationen, sondern wir wollen, dass die Probleme und Herausforderungen, die es im Land gibt, so gelöst werden, dass das nicht zu Lasten der ein oder anderen Generation geht. Interessenvertretung in der Demokratie ist normal. Das gehört dazu. Nur wenn man seine Interessen offen vertritt, kann man auch gehört werden und vernünftige Kompromisse finden.

Die BAGSO ist aber in der Öffentlichkeit nicht so bekannt.
Franz Müntefering: Ja, das ist aber auch eigentlich nicht unsere große Aufgabe, zu mobilisieren. Wir haben keinen operationalen Bereich. Aber die einschlägigen Verbände der Senioren kennen uns alle, da bin ich ganz sicher. Und die wissen, dass wir vielfältige Kontakte haben, auch zu den jungen Menschen. Wir bündeln im Grunde so ein wenig die gemeinsamen Interessen der alten und jungen Generation, das ist unsere Aufgabe.

Unsere Gesellschaft wird ja an sich älter. Braucht es jetzt noch einmal eine Lobby, um das Thema des Älterwerdens in der Politik zu platzieren?
Franz Müntefering: Ja, dahinter steckt das Missverständnis, dass wenn viele in einer Gruppe sind, sie automatisch Recht bekommen, was nicht so ist. Das Älterwerden ist ein allgemeines Thema. Und es ist keineswegs klar, was man denn eigentlich macht, wenn die Zahl der 80-Jährigen nicht mehr viereinhalb Millionen ist, wie heute, sondern irgendwo bei zehn oder elf Millionen sein wird. Oder was ist eigentlich mit den Pflegekräften. Werden wir genug Pflegekräfte haben? Wird zuhause gepflegt oder wird das stationär gemacht oder in den Krankenhäusern? Aber auch: Was kann man selbst tun, um einigermaßen gesund alt zu werden? Das ist schon eine erhebliche Veränderung, die da auf uns zukommt, weil es so etwas überhaupt noch nie gab, und man muss lernen, damit umzugehen. Ich glaube aber nicht, dass sich die Gesellschaft zwischen den Generationen teilen wird. Die Brüche sind ganz andere: Bildung, Ausbildung, Qualifizierung, Job, finanzielle Stellung, Gesundheit, Wohnort. Das sind Sachen, wo man auch nicht warten kann, sondern vorarbeiten muss. Das ist wichtig in der Politik, dass man nicht anfängt, wenn das Kind im Brunnen liegt, sondern vorher die nötigen Dinge tut. Da wollen wir auch Frühwarner sein und mithelfen, gute Wege zu finden.

Wir haben in Deutschland eine latente Unzufriedenheit. Dadurch entstehen ja auch ganz abstruse Wahlergebnisse. Ist es nicht so, dass man als Älterer auch die Funktion hat, die Leute zu ermahnen, z. B. zu sagen: Die EU ist der größte Friedensstifter, den wir haben. Seit 70 Jahren haben wir Frieden in Mitteleuropa.
Franz Müntefering: Das ist natürlich auch unsere Aufgabe. Wir bewegen uns auf der Grundlage unseres Grundgesetzes und auf der Grundlage unserer repräsentativen Demokratie. Das haben wir ausführlich im Wahlprüfstein noch einmal beschrieben. Aber es sind nicht nur die Alten, die da vernünftig sind, sondern es gibt auch vernünftige Junge und Vernünftige in der Mitte. Alle Altersgruppen müssen sich zusammentun und versuchen zu verhindern, dass die Bekloppten das Sagen kriegen. Aber auch wenn man gute Ziele hat, ist die Frage, wie man den Weg eigentlich dahin geht, durchaus umstritten und bestreitbar. Es ist nicht so, dass irgendwer oder irgendeine Partei die Wahrheit von Anfang an auf ihrer Seite hat, sondern da muss man schon drum kämpfen. Das ist legitim und das ist in Ordnung, dass man in einer Demokratie darüber streitet und sagt: „Wie machen wir das denn jetzt mit der Gerechtigkeit, mit der Freiheit, mit der Solidarität?“. Und wir müssen dabei begreifen, dass der Staat nur ein Teil ist. Man kann das sehr gut sehen, wenn man sich unser Grundgesetz anguckt: Die ersten 19 Artikel handeln von dem Individuum, von den Grundrechten der Menschen. In Artikel 20 steht dann: „Wir sind ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Es ist richtig, dass es Wahlen gibt, in denen Parlamente gewählt werden, um den Staat zu organisieren, und die Volksvertretungen bekommen den Auftrag, für drei Jahre Gesetze zu machen, nach denen wir leben. Aber der Staat ist nicht der alleinige Beherrscher der Situation, oder der, der herausgefordert werden muss, sondern auch die Menschen selbst. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Menschen anzusprechen und ihnen zu sagen, dass sie eine Mitverantwortung haben, wenn sie gesund älter werden wollen. Dazu gehören z.B. eine gesunde Ernährung, Bewegung, soziale Kontakte. Auch zu der Solidarität müssen die Menschen selbst etwas beitragen. Der Staat kann versuchen die Gerechtigkeit mit Gesetzen zu ermöglichen. Aber was die Solidarität angeht, das kann der Staat nicht erzwingen. Das entscheidet sich in der Gesellschaft selbst, zwischen den Menschen selbst, zwischen Vereinen, Verbänden, Organisationen. Das Ehrenamt z.B. ist eine ganz große Sache. Das ist eine der größten und schönsten Bürgerbewegungen, die wir haben, und das ist nicht der Staat, sondern das sind die Menschen, die sagen, wir wollen diese Gesellschaft zu einer guten Gesellschaft machen. Deshalb kommt es uns auch darauf an, nicht nur den Staat anzusprechen und zu fordern, sondern auch die Bürger. Jeder muss im Rahmen seiner Möglichkeiten dazu beitragen, dass das ganze Ding gelingt und ich finde, es funktioniert. Wir haben ungefähr 22 Millionen ehrenamtlich engagierte Menschen in Deutschland und wenn wir die nicht hätten, würde alles nicht klappen.

Der Staat erlässt ja Gesetze, z. B. das Mindestlohngesetz. Bei der Handhabung von diesem wird, meiner Meinung nach, allerdings ein großer Fehler gemacht, denn es macht es viel schwieriger, sich etwas dazu zu verdienen.
Franz Müntefering: Löhne macht nicht der Staat, sondern das machen bei uns in der Gesellschaft die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer. Der Staat kann allerdings einen Mindestlohn setzen, den hätten wir schon viel eher haben können und müssen, aber das ist eine alte Geschichte. Das eigentliche Problem, das wir haben, ist die „Geiz-ist-geil“-Mentalität, die Billigmethode. Billige Klamotten, Minijobs und niedrige Löhnen. Wenn dann die Rentenzeit kommt, stimmt die Rente nicht und dann wird geflucht auf die Rente. Dann ist das System schuld. Und ich sage Ihnen, ‚Geiz ist geil‘ ist die bescheuerteste Positionierung, die wir haben, weil sie nicht realistisch ist. Wenn du keine ordentlichen Löhne zahlst, kannst du anschließend keine soziale Gerechtigkeit im Alter organisieren. Wir machen uns da selbst etwas vor. Und deshalb muss man sagen, so schwer es ist, ordentliche Löhne gehören dazu. Wenn es dann teurer wird im Ganzen, dann wird es teurer. Das ist die Konsequenz.

Ich finde 8,50 Euro als Mindestlohn viel zu wenig, wenn jemand davon leben muss. Die Konsequenz aus dem Thema Mindestlohn im Nebenerwerb ist, dass die, die sich etwas dazu verdienen wollen, immer weniger werden, weil der Unternehmer es nicht mehr bezahlen kann.
Franz Müntefering: Das stimmt für Ihren ganz speziellen Fall der Zeitungsausträger. Insgesamt stimmt das aber nicht. Von 2012 bis 2016 ist die Zahl der 65- bis 69-Jährigen, die nach Ende des Jobs noch etwas tun, zwei Stunden in der Woche oder auch 15 Stunden, von 20 auf 29 Prozent gestiegen. Ein Drittel von denen sagt, ich muss noch etwas dazu verdienen, die anderen zwei Drittel sagen, ich will noch gerne etwas tun. Wir haben da ein Problem: das Renteneintrittsalter, das ja über einen Stichtag bestimmt wird. Und dieser stimmt nicht mit der Realität überein. Der eine kann mit 63, der andere erst mit 70 nicht mehr arbeiten oder will nicht mehr arbeiten. Die Rente ist zu einer zentralen Markierung in unserem Leben geworden. Dagegen müssen wir etwas tun. Denn nur weil jemand in die Renteneintrittsphase kommt, bedeutet das nicht zwingend, dass sich sein Leben komplett verändert. Denn egal ob jemand arbeitet oder schon in Rente ist, unsere Mitverantwortung bleibt. Deshalb sage ich auch, „Demokratie hat keinen Schaukelstuhl“. Du kannst nicht sagen, ich bin jetzt 66 oder 70 und das geht mich alles nichts mehr an. Sondern ganz gleich ob du 20 oder 70 bist, wenn der Kopf klar ist, bist du mitverantwortlich für das, was passiert und das ist Demokratie. Auch daran arbeitet die BAGSO.

Wie ist der Gemütszustand von Ihnen, als Sozialdemokrat, nach den verlorenen Landtagswahlen?
Franz Müntefering: Natürlich Enttäuschung über das Ergebnis. Aber, neue Liebe, neues Glück: Im Herbst ist wieder eine Wahl. Darauf muss man sich jetzt konzentrieren. So funktioniert Demokratie.

Aber Sie als ehemaliger SPD-Vorsitzender, das tut doch weh, oder?
Franz Müntefering: Die Wählerinnen und Wähler haben anders entschieden.

Oder wird man mit der Zeit etwas gelassener?
Franz Müntefering: Das würde ich nicht sagen. Es trifft einen schon, weil es sprach alles dafür, dass man hätte gewinnen können, nun ist es anders gekommen. Zur Demokratie gehört dazu, dass man das akzeptiert und dass man dann denkt, in vier oder fünf Jahren wird wieder gewählt und dann wollen wir gucken, was dabei herauskommt. Wir haben einen guten Grundsatz bei uns im Land, der die Demokratie seit 1949 stark gemacht hat. Wir haben das Vertrauen, dass die politische Konkurrenz, ob das nun die Grünen sind oder die FDP oder die CDU oder ich nehme auch die Linken mit dazu, die Demokratie akzeptiert und dass sie, wenn sie gewinnt, nicht das Gefühl hat, dass das Land ihr gehört, sondern dass sie vier oder fünf Jahre die Aufgabe hat, das Land gut zu regieren und dass dann wieder gewählt wird nach den Regeln der Demokratie. Und dass das keine autoritären Ambitionen sind, wie jetzt in Amerika oder in der Türkei, in Ungarn oder in Polen oder wie ich sie auch bei der AfD sehe. Wir alle sind letztlich nur Diener des Ganzen und haben auf Zeit das Mandat für das Land einzutreten. Das heißt, ich bin enttäuscht, dass wir in Nordrhein-Westfalen nicht regieren, sondern die CDU und die FDP. Wir werden uns über Inhalte streiten, gar keine Frage, aber ich bin sicher, sie werden nicht die Demokratie kaputt machen. Damit muss man leben und da muss man halt beim nächsten Mal überzeugender sein.

Noch eine persönliche Frage: Sie waren ja auch Minister in der großen Koalition. Wie schwer ist es, sich in einer großen Koalition mit den politischen Rivalen zu arrangieren?
Franz Müntefering: Das ist aber in anderen Koalitionen auch so. Das ist auch innerhalb von Parteien so. Man darf nicht denken, dass alle Mitglieder einer Partei einer Meinung sind. Demokratie besteht darin, dass man Parteien bildet, auch damit man das Ganze kanalisiert. Und Parteien sind die Mittler zwischen dem Volk und der verfassten Politik. Artikel 21: „Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Mehr sind wir nicht. Wir Parteien sind nicht das Wichtigste. Sondern das sind die gewählten Parlamente und in der Partei ist der Streit um den Weg ja auch schon vorgegeben. Wenn sie eine Partei wollen, die wirklich einstimmig ist, dann dürfen sie keinen zweiten Mann dazu nehmen. Natürlich gibt es in einer Partei unterschiedliche Meinungen. Da fasst man Beschlüsse und das ist bei einer Koalition im Grunde genauso. Man legt seine Wahlkonzepte nebeneinander und überlegt, was man da gemeinsam draus machen kann, und dann entsteht etwas Neues, was der Wähler nicht immer gutheißt. Die sind dann manchmal sauer, dass man nicht das macht, was man vorher gesagt hat. Wichtig ist, dass man als Partei erkennbar bleibt. Aber Koalitionsverträge sind natürlich Kompromisse, darüber muss man sich doch nicht wundern. Trotzdem können sie ordentlich sein, denn es gibt eben auch vernünftige Kompromisse..

Wagen Sie eine kleine Prognose auf die Bundestagswahl?
Franz Müntefering: Nein, das kann man nicht im Moment, das würde ich auch nicht machen. Was jetzt los war, in dem letzten halben Jahr, wenn man sich die Geschwindigkeiten der Stimmungen mal anguckt. Wenn z. B. die Wahl in Nordrhein-Westfalen vor acht Wochen gewesen wäre oder vor zwölf Wochen, wäre sie garantiert anders ausgegangen und zwar erheblich anders.

Man wird ja auch überflutet mit permanenten Umfragen. So wird ja auch Politik gemacht.
Franz Müntefering: Wir hatten in der Demokratie eine Kommunikationsmethode, die war wie eine Kaskade. Es passierte etwas, abends hat man sich die Nachrichten schon einmal angehört, am anderen Morgen hat der, der Mut hatte, schon einmal einen kleinen Kommentar geschrieben. Und so nach drei, vier Tagen hat man eine feste Meinung bekommen. Dann war das auch einsortiert. Das braucht Politik auch, man kann ja nicht sofort alles realisieren. Wenn jetzt was passiert, melden sich nach 20 Sekunden Hunderttausende und sagen „das ist scheiße“, „das ist gut“ oder so und ich weiß noch überhaupt nicht, was da eigentlich passiert ist. Und die Meinung ist gemacht. Und das nicht mehr Lesen und das nicht mehr Reflektieren, das nicht mehr Zeitlassen, um eine Meinung zu bekommen, eine qualifizierte Meinung, ist ein Verhängnis. Und eine Kleinigkeit ein paar Tage vor irgendeiner Wahl kann dazu führen, dass alles auf den Kopf gestellt wird. Deshalb kann es durchaus sein, dass, wenn fünf Tage vor der Wahl etwas passiert, es diese beeinflusst. Das ist ein Problem für die Demokratie.

Hängt das alles nicht, zumindest mittelbar, zusammen mit dem Thema Bildung?
Franz Müntefering: Ja, das ist klar. Bildung ist Menschenrecht, das ist wichtig. Die Frage ist nur: Was ist Bildung? Also Bildung ist bei uns im Land zu oft reduziert auf Qualifizierung im Beruf und die politische Bildung ist eigentlich ziemlich kaputt. Und das ist nicht nur bei Hauptschülern so. Und es kommt noch etwas dazu. Von meiner Mutter kannte ich das Wort „Herzensbildung“. Das ist eine ganz altmodische Sache. Die Frage der Solidarität vom Menschen zum Menschen, wie verhält sich das eigentlich zueinander. Das ist auch etwas, was in der Gesellschaft tief drin ist. Ich habe so ein bisschen das Gefühl gehabt, dass bei den letzten Wahlen mit dem Thema Sicherheit die Frage der Gerechtigkeit ausgehebelt wurde. Wenn du von Gerechtigkeit sprichst, wirst du bei manchen verdächtigt, dass du etwas umverteilen willst in der Welt. Also nennt man den Sicherheitsaspekt und da kann man nur schlecht widersprechen. Das Ganze läuft also unter einer falschen Überschrift und ist in gewisser Weise unehrlich in der Argumentation. Es ist eine Verantwortung der Politik, einschließlich des Kanzleramts, die Probleme anzusprechen, die da sind, man muss den Mut haben, über das zu reden, was Sache ist, z. B. auch was mit der älter werdenden Gesellschaft los ist, z.B. auch was Europa eigentlich bedeutet, z.B. was Gerechtigkeit bedeutet. Und das Eindämmen nach dem Motto „Macht euch alle keine Sorgen“, ist gefährlich, weil es zum Schluss entpolitisiert. So muss man auch z. B. das Problem ansprechen, dass wir 2040 ca. zehn bis elf Millionen Menschen haben werden, die 80 Jahre oder älter sind. Und wir werden dreieinhalb oder vier Millionen Menschen haben, die mehr oder weniger pflegebedürftig sein werden. Heute sind 12.300 Menschen 100 Jahre alt. Im Jahr 2040 werden wir etwa bei 70 bis 80 Tausend sein. Und da kann man nicht sagen, das ist ja morgen, das machen die nach uns. Zu Gerechtigkeit und zu Mitverantwortung gehört auch dazu, dass wir mitverantwortlich sind für die, die nach uns kommen, damit auch sie noch ökonomisch, ökologisch und sozial vernünftig leben können. Wir haben ein Leitwort, das heißt: „Wie wollen wir morgen leben, was können wir dafür tun?“. Das Wichtigste, was wir machen müssen, ist, zu überlegen, was wir für unsere Kinder und für unsere Enkelkinder tun können. Da entscheidet sich, ob wir morgen gut leben können.

Ist es ein Problem für die Politik, dass Politiker studieren, aber nicht im „normalen Leben“ gearbeitet haben?
Franz Müntefering: Das Studium ist nicht das Problem. Das hängt mit vielen Sachen zusammen. Wer berät die jungen Leute eigentlich? Und was ist mit den jungen Frauen, z. B. in der Pfalz? Die Zukunft einer Region liegt bei den jungen Frauen. Eine Region entwickelt sich nur dann gut, wenn alle Generationen vertreten sind.
Franz Müntefering: Und wenn die Mädchen nach dem Abitur studieren gehen und wenn sie keine Vorstellung davon haben, wie sie in der Pfalz als Familie und Mutter ihren Job auch noch ausleben können, dann leben die da eben nicht dort. Und deshalb müssen sich diese Regionen genau überlegen, was sie den jungen Leuten sagen können, was sie für Chancen haben in der Region. Aber wenn wir das nicht tun und abwarten, uns nur darauf einstellen, die Alten zu pflegen, was soll denn dann in 20 oder 30 Jahren sein? Eigentlich haben die Jungen eine große Chance, es wird genug qualifizierte Berufe geben z. B. im Gesundheitsspektrum, ich sage sogar, die Löhne werden steigen müssen. Alles spricht dafür, in der Politik auf Nachhaltigkeit zu setzen, die Perspektive im Blick zu haben, für die jungen Menschen und für die Regionen. Das ist dann auch gut für die Älteren. (eis/pdp)