Eine Erfindung des Teufels

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Ein ganzer Markt voller Konfliktpotenzial. (Foto: Fancycrave.com/Pexels)

Auf Paulas Einkaufsliste stehen Eier, Brot, Brokkoli, Käse und Paniermehl. Unter normalen Umständen benötigt sie dafür nicht länger als zehn Minuten. Heute macht sie sich aber gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter auf den Weg in den Supermarkt ihres Vertrauens. Normalerweise vermeidet sie gemeinsame Mutter-Tochter-Einkäufe, seit die Kleine sprechen kann – heute ließ es ihr Zeitplan nicht anders zu.

Der erste Streit zwischen den beiden beginnt schon auf dem Parkplatz: Die kleine Emma kann sich einfach nicht entscheiden, auf welcher Seite sie aus dem Auto aussteigen möchte – vor lauter Überforderung bleibt sie deswegen auf der Rückbank liegen. Nach fünf Minuten hat es Paula dann doch geschafft, ihre Tochter zum Aussteigen zu bewegen. Der 50 Meter lange Weg zum Eingang des Supermarkts verläuft reibungslos, direkt hinter der Tür wartet aber schon neues Konfliktpotential: die kleinen Kinder-Einkurswägen. Die sind für Außenstehende sicher eine süße und hilfreiche Erfindung. Wer aber schon mal versucht hat, sein Kleinkind mit solch einem Wagen durch die Gänge zu manövrieren, ohne dass es erstens, das halbe Süßigkeitenregal in seinen Wagen räumt („Das ist doch mein Einkaufswagen! Ich kann da selbst Sachen rein machen!“) und zweitens alles umstößt, was ihm in die Quere kommt, der weiß: Die kleinen Einkaufswägen hat der Teufel persönlich erfunden!

Die Diskussion, ob Emma trotzdem einen solchen Wagen nehmen darf oder nicht, gewinnt die Dreijährige. Man will ja auch nicht allzu streng werden in der Öffentlichkeit. Paula rennt Emma also die nächsten 45 Minuten durch den ganzen Markt im Zickzack hinterher. Obwohl sie bemüht ist, alle heruntergefallenen Waren wieder einzusortieren, dabei darauf achtet, dass Emma nicht zu viel selbst einkauft und auch ihre Liste versucht abzuarbeiten, hinterlassen die beiden eine Schneise der Zerstörung.

Schweißgebadet steht Paula an der Kasse, realisiert, dass sie weder Paniermehl noch Eier mitgenommen hat, dafür aber zwei Packungen Gummibärchen und ein Schokomüsli. Immerhin, letzteres ist wenigstens halb gesund.

Gerade als sie ein wenig durchatmen möchte stupst ihre Tochter sie an: „Mama! Ich habe einen Pups gelassen!“ Paula versucht, keine Aufmerksamkeit zu erregen und murmelt nur ganz leise: „Ah, okay.“ Emma bekommt die Reaktion aber kaum mit und wiederholt: „Mama! Ich habe einen Pups gelassen!“ Paula reagiert wieder zurückhaltend und flüstert: „Ist okay, Schatz!“ Sie erreicht damit allerdings nur das Gegenteil dessen, was sie eigentlich wollte. Emma verschafft sich jetzt nämlich mit voller Lautstärke nicht nur die Aufmerksamkeit ihrer Mutter, sondern auch die der anderen Kunden und die der Verkäuferinnen hinter der Fleischtheke am anderen Ende des Supermarkts: „Mama! Warum hörst du mir nicht zu? Ich habe gepupst!“

„Das nächste Mal kaufe ich wieder ohne Kind ein!“, schwört Paula, als sie am nächsten Tag Günther davon berichtet.