„Es ist ein Stahlbad“

Unter vier Augen: Fabian Köster im Interview mit uns über seine Bühnenerfahrungen, unangenehme Fragen und die CDU

Lutz van der Horst (l.) und Fabian Köster (r.) zu Besuch im Deutschen Bundestag . -Foto: ZDF/Thomas Wolfschläger

Steckbrief

Fabian Köster 

Geboren am 14. Juli 1995 in Köln

Comedy-Autor und Komiker

Trat zu Beginn seiner Karriere auf Poetry Slams auf

Autor und Außenreporter für die Fernseh-Satiresendung heute-show

Erhielt 2018 den Förderpreis für den Nachwuchs des Deutschen Fernsehpreises

 

Du hast ja als Poetry-Slammer deine Karriere begonnen. Machst du heute noch Slams und wenn nein, vermisst du es?

Fabian Köster: Das habe ich tatsächlich jetzt schon lange nicht mehr gemacht, der letzte ist schon sechs Jahre her. Also ich vermisse schon manchmal das Gefühl, auf einer Bühne zu stehen. Das hatte ich jetzt schon länger nicht mehr, dadurch, dass ich andere Projekte, bei der heute-show vor allem, verfolgt habe. Das Gefühl, auf der Bühne zu stehen und zu versuchen, Menschen zum Lachen zu bringen, die dich erwartungsvoll anschauen, das ist auf jeden Fall eines, das man nicht so einfach nachstellen kann.

Bei der heute-show hast du ja als der sogenannte „Praktikant“ begonnen. Glaubst du, dass dich anfangs viele Politiker, gerade ältere, unterschätzt haben?

Fabian Köster: Ja, definitiv. Man kann sich das ja noch im Internet anschauen, das ist ja jetzt auch schon fünf, sechs Jahre her. Da war ich Anfang 20 und sah dementsprechend etwas milchbubihaft aus. Ich glaube schon, dass mir das, gerade in den ersten Einsätzen, geholfen hat. Danach war natürlich der Überraschungseffekt weg, weil natürlich auch die Politiker die heute-show immer mal wieder verfolgen und sich relativ schnell darauf einstellen. Am Anfang war das aber ein schöner Vorteil.

Du warst jetzt gerade mit Lutz van der Horst beim letzten heute-show-Spezial von Juni unterwegs und ihr habt euch der CDU angenommen. Glaubst du, die CDU kann ihren geplanten Kurswechsel schaffen, Stichwort Frauenquote?

Fabian Köster: Ich bin sehr gespannt. Das wurde ja genau in der Woche nach der Ausstrahlung beschlossen. Friedrich Merz ist dann auf eine Frauenquote umgeschwenkt, die jetzt im September verabschiedet werden soll. Wahrscheinlich hat er das Spezial gesehen und war dann der Meinung, das ist doch ganz gut (lacht). Es geht ja aber nicht nur um die Frauenquote, sondern um die generelle Erneuerung der CDU und da bin ich gespannt, ob sie die Kurve kriegen.

Ich auch. Dazu passt meine nächste Frage: Satire und Comedy kann eine große Macht und einen großen Einfluss haben, wie man zum Beispiel an Jan Böhmermann sehen konnte. Auch die heute-show ist sehr beliebt. Wie gehst du persönlich mit dem Einfluss um, den du nehmen kannst?

Fabian Köster: Im Gespräch ist mir das gar nicht so sehr bewusst. Wir überlegen uns ja erstmal redaktionell vorher, was wir erreichen wollen, was wir vermitteln wollen und dann, wie wir das Ganze lustig verpackt kriegen. Und dabei macht man sich gar nicht so sehr Gedanken darüber, welchen Einfluss das haben könnte, sondern das klammert man aus. Ich glaube, das ist auch gut so, denn wenn man darüber herangehen würde, würde das den Inhalt nicht unbedingt zum Guten verändern. Man sollte versuchen, sich das nicht zu sehr bewusst zu machen.

Wie kann ich mir denn die redaktionelle Themenfindung bei euch vorstellen? Ich kenne das ja nur aus der PFALZ-ECHO-Redaktion. Kann bei euch jeder seine Wünsche mit einbringen, wie sieht euer Team aus?

Fabian Köster: Also da gibt es natürlich Unterschiede. Jetzt haben wir während der Sommerpause ja die heute-show-Spezials, so wie das über die CDU. Am 12. August werden wir eines über die Cannabis-Legalisierung haben, das wird, glaube ich, auch sehr unterhaltsam. Und am 2. September eines über den Zustand der Bundeswehr. Da ist es natürlich so, dass diese drei Sendetermine sich schon von der Herangehensweise von der regulären heute-show unterscheiden. Es sind monothematische Reportagen, wohingegen die heute-show ja oftmals in drei bis vier Themen unterteilt ist. Da haben wir uns vorher gemeinsam überlegt, was denn die Themen sind, die diesen Sommer so auf dem Tisch liegen. Bei der CDU war es: „Das erste Mal seit 16 Jahren in der Opposition“, die Cannabis-Legalisierung hat ab Mai nochmal Drive bekommen, als sich Lauterbach und Co. dazu geäußert haben, dass sie das jetzt anpacken wollen, und die Bundeswehr natürlich mit dem Sondervermögen. Da waren die Überlegungen, was  sind die Themen, die jetzt am Puls sind, die die Leute interessieren? Wenn man ein Thema festlegt, dann überlegt man natürlich, wie jetzt bei der CDU, welche Bereiche man da angehen könnte, wo es hakt. So sind wir auf das Thema „Frauenquote“ gekommen, weil die Frauen bei der CDU immer noch unterrepräsentiert sind. Auch das hohe Alter der CDU-Mitglieder war ein Thema, ich glaube, diese sind im Schnitt über 60 Jahre alt. Aber auch die inhaltliche Modernisierung war wichtig, die die CDU ja auch selbst angesprochen hat. Nach der letzten Wahl war die Aussage, dass niemand mehr weiß, wofür die CDU eigentlich steht. In der Recherche überlegt man dann, mit wem man dazu sprechen könnte, was lustige Aktionen sein könnten und so entwickelt sich dann so ein Film.

Das ist beim letzten Special sehr gut gelungen, das war sehr lustig.

Fabian Köster: Dankeschön!

Was wäre denn ein Thema, auch abseits der Politik, welches du persönlich gern aufgreifen würdest? Nicht nur für ein Spezial, sondern auch generell für die heute-show?

Fabian Köster: Ich bin ja auch Autor für die reguläre Sendung. Mir ist aufgefallen, dass wir in den letzten Jahren, einfach weil es die heute-show schon so lange gibt, echt schon viele Themen abgedeckt haben, die man sonst so gar nicht auf der Agenda hatte. Und das halte ich für eine Stärke der Sendung, dass man eigene Themenschwerpunkte setzen konnte, beispielsweise eine Lieferando-Strecke, wie die geschäftlich operieren. Wir hatten auch recht früh schon eine Cannabis-Strecke angeschoben und auch eine über Alkohol. Solche Sachen finde ich auch spannend, die sind zwar nicht an der politischen Tagesordnung, wenn wir ausstrahlen, aber es ist trotzdem interessant. Damit setzt man neue Impulse, bei denen die Zuschauer dann vielleicht denken: „Oh, das wusste ich jetzt aber noch nicht!“ Und im besten Fall fühlen sie sich noch gut unterhalten. 

-Foto: ZDF/Fabian Stuertz

Nochmal zurück zum Interview mit Politikern. Bist du manchmal noch – oder warst es je – nervös, wenn du „schwierige“ Politiker ansprichst, wie Alexander Gauland zum Beispiel.

Fabian Köster: (lacht) Bei Gauland, da weiß ich gar nicht, ob man das noch Nervosität nennen kann, oder ob das eher andere Gefühle sind, die da hochkommen. Aber generell habe ich schon immer noch vor Interviews eine gewisse Anspannung, und ich glaube die braucht es auch, genauso wie man eine Anspannung hat, bevor man auf die Bühne geht. Und ich glaube, die hat auch jeder Fußballer, bevor das Spiel angepfiffen wird. Dadurch ist man richtig fokussiert. Es ist keine richtige Nervosität, aber eben eine Anspannung. Ich glaube, die bleibt auch und das ist gut so, denn wenn man da zu locker reingeht, ist es auch nicht gut.

Ja, das kann ich nachvollziehen, es zeigt ja auch, dass du die Personen ernst nimmst.

Fabian Köster: Genau so sieht es aus.

Was war denn bisher so der unangenehmste Interviewpartner den du hattest?

Fabian Köster: Ach, ich denke zu 99% sind ja die Politiker auch alle seriös und Medienprofis. Für mich ist es nur unangenehm, wenn man manchmal Fragen stellen muss, die zwar lustig sind, aber auch an der Grenze zur Überspitzung, (lacht) dass man sich selber fast schämt für die Frage. Einmal war der griechische Ministerpräsident Tsipras bei der SPD auf dem Debattencamp zu Besuch. Da war die SPD noch bei 13-14%, die Älteren werden sich erinnern. Ich habe ihm die Frage gestellt: „Sind Sie heute hier beim SPD-Debattencamp, um etwas zu sehen, das heruntergekommener als ihr eigenes Land ist? (Aus dem Englischen übersetzt, Anm.d.Red.)“ (lacht) Das war für mich schon ein harter Moment, dass ich ihm diese Frage stellen musste. Es sollte ja nicht gegen Griechenland gehen, sondern gegen die SPD, das geht immer. Aber nichtsdestotrotz war es unangenehm.“

Und was hat er geantwortet?

Fabian Köster: Auch da, das meine ich mit der Professionalität. Er sagte etwas wie: „Ich bin froh, heute hier zu sein, mit Andrea Nahles und der SPD, es ist ein schöner Empfang. (Aus dem Englischen übersetzt, Anm.d.Red.)“ Also er ist gar nicht darauf eingegangen.

Wenn du dich jetzt am Anfang deiner Karriere betrachtest. Was würdest du dir, aus deinem heutigen Bewusstsein, raten? Etwas, das du heute weißt und damals schon gern gewusst hättest?

Fabian Köster: Hm, ach ich glaube, das würde ich nicht mal machen. Natürlich hätte ich Tipps, denn gerade am Anfang, wenn man auf der Bühne steht, fliegt man schon mal auf die Fresse mit Texten. Aber das würde ich gar nicht ändern, denn das gehört zu dem Entwicklungsprozess ja dazu, man lernt ja aus sowas auch. Deswegen würde ich mich auch im Nachhinein wieder auf der Bühne auf die Fresse fliegen lassen. Und es ist auch immer gut, wenn man mal ein Schweigen aushalten musste auf der Bühne. (Lacht)

Wenn ein Witz nicht ganz so funktioniert, wie man sich den ausgemalt hat.

Fabian Köster: Genau, das passiert. Gerade am Anfang, aber auch Profis passiert das immer noch. Wenn man neues Material testet, das man selbst total lustig findet, kann es sein, dass das überhaupt nicht funktioniert beim Publikum. Dann muss man mit der Situation auch umgehen können, das ist eine gute Schule.

Was hast du denn in so einer Situation gemacht?

Fabian Köster: Ich habe mal eine Laudatio beim deutschen Comedypreis gehalten, die komplett verreckt ist. Niemand hat gelacht, da saßen auch alle Größen im Publikum. Da muss man dann eisern bleiben, Pokerface bewahren und durchziehen, obwohl man innerlich gerade tausend Tode stirbt. Es ist ein Stahlbad, aber danach kann man zumindest sagen, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann!

Was war denn das witzigste Erlebnis, das du bisher hattest? Ob auf der Bühne oder bei einem Dreh?

Fabian Köster: Ach, das kann ich gar nicht so beschreiben. Es kommt immer wieder zu lustigen Situationen und das Schöne ist, die ergeben sich ja meistens spontan aus den Gesprächen. Einmal waren wir auf einer SPD-Wahlveranstaltung, kurz vor der Bundestagswahl und haben die Leute interviewt, weshalb sie da sind. Da war eine Frau, die gesagt hat: „Ich bin nur hier, um FlipFlops zu kaufen, die gibt es im Sonderangebot.“ Das haben wir am Ende nochmal aufgegriffen, als wir eine Abmoderation gemacht haben. Wir haben gesagt: „Hat sich wirklich gelohnt bei der SPD!“, dann ist die Kamera rumgeschwenkt und man hat gesehen, dass auch Lutz und ich uns FlipFlops mitgenommen haben. Das kann man einfach nicht planen.

Das stimmt, Situationskomik kann man nicht planen. Ich danke dir für das nette Gespräch!