Steckbrief: Fabian Busch

  • Geboren am 1. Oktober 1975 in Ost-Berlin
  • 1993 erste Hauptrolle in Matthias X. Obergs „Unter der Milchstraße“. Zahlreiche Fernsehauftritte folgten
  • 2000 Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis als bester Schauspieler für seine Rolle im Fernsehfilm „Zehn wahnsinnige Tage“
  • 2010 Debüt als Regisseur mit dem Kurzfilm „Edgar“
  • 2015 spielte er in „Er ist wieder da“ die Rolle des Fabian Sawatzki
  • Fabian Busch lebt auch heute noch in Berlin, ist verheiratet und hat drei Kinder
    Er ist Mitglied der Deutschen Filmakademie

Aktuell werden Sie in der ZDF-Komödie „Der Sommer nach dem Abitur“ zu sehen sein. Ein witziger Nostalgie-Roadtrip, der ziemlich schiefläuft. Warum begeben sich die drei Freunde Alexander (Bastian Pastewka), Ole (Fabian Busch) und Paul (Hans Löw) denn überhaupt auf diese Reise in die Vergangenheit? Typische Midlife-Crisis?

Fabian Busch: Tatsächlich geht es viel mehr um ein Versprechen, welches sich die drei vor langer Zeit gegeben haben. Es war ihnen wichtig, diese verpasste Chance nachzuholen, aber im Laufe des Films wird man auch erfahren können, dass Paul noch einen ganz anderen Grund für diese Reise hatte. Die anderen beiden wären wohl nicht auf die Idee gekommen, diesen Trip zu machen, aber Paul bringt den Stein ins Rollen. Ich kenne das auch aus meinem Freundeskreis: Wenn einer eine Idee hat, dann kann ich ganz schnell wieder Feuer und Flamme für eine Sache sein. Sofort denke ich mir „Ja, natürlich, los geht’s!“ oder „Das müssen wir unbedingt machen!“ (lacht). Ich bin sehr begeisterungsfähig. Im Film sind aber alle 20 Jahre älter geworden und natürlich sind sie nicht mehr in der Rolle, in der sie in ihrer Jugend waren. So kann man schnell erkennen, dass alle unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Freunde und die Freundschaft haben.

Sie spielen den Ratgeberautor Ole. Finden Sie persönlich auch, dass Ratschläge verteilen immer leichter fällt, als sie selbst zu beherzigen?

Fabian Busch: (lacht) Ich glaube, ich bin da sehr selbstreflektiert und weiß auch, dass es Dinge gibt, die ich noch lernen oder verbessern kann. Ich bin aber auch ein guter Zuhörer, kann mich gut in Leute hineinversetzen und sicher auch gute Ratschläge geben. Im Film ist es bei Ole eher ein Running-Gag, dass seine Ratschläge eher etwas Absurdes haben. Die Ratgeber sind für ihn zu einer Gelddruckmaschine geworden und er muss sich manches aus den Fingern saugen. Aber am Ende lässt sich das dann doch irgendwie verkaufen – so wie im echten Leben. Wenn man einmal in der Buchhandlung schaut, was für Ratschläge manche Leute in ihren Büchern verfassen, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dieser Markt scheint nie gesättigt zu sein und es gibt doch immer wieder neue Erkenntnisse, die angeblich viel besser als die alten Sichtweisen sind… damit ist dieses Ratgeber-Thema ein nie enden wollender Fluss an Möglichkeiten.

Die drei Freunde tun alles, um die Band „Madness“ zu sehen. Sind die drei Freunde richtige Groupies oder ist die Band nur der Auslöser?

Fabian Busch: Also, in den Jugendzeiten der drei ging es sicher um die Band! Letztendlich ist „Madness“ aber auch ein Sinnbild für ihre Verbundenheit und Gemeinschaft. Alexander, Ole und Paul waren eher spezielle Charaktere und Einzelgänger in Jugendzeiten. Die Band ist dann zum Bindeglied der drei geworden und hat ihre Gemeinsamkeiten zu Tage gebracht.

Bei wem werden Sie zum Groupie? Gibt es eine Band oder einen Künstler, für die Ihr Herz brennt?

Fabian Busch: Was meinen Musikgeschmack angeht, war ich immer sehr vielseitig unterwegs und habe alle Richtungen vermischt. Natürlich findet man mal einzelne Songs wirklich toll, aber als Jugendlicher habe ich alles querbeet gehört, deswegen war ich nie ein echter Groupie. Im Laufe der Jahre hat sich allerdings so etwas wie Bewunderung für Menschen wie Freddie Mercury entwickelt. Ich glaube, damals konnte man noch gar nicht wertschätzen, was für unglaubliche Kompositionen bei Queen zu hören sind und was für besondere Menschen dahintersteckten.

Dann sind Sie wohl nie ein großer Konzertgänger gewesen, oder?

Fabian Busch: Nein, nie! Ich bin auch viel zu klein für Konzerte (beide lachen). Ich seh‘ meistens einfach nichts, dann steht noch jemand „Normalgroßes“ vor mir und ich habe verloren. Wenn man vorne an der Bühne steht, wird so wahnsinnig wild getanzt und man hört auch nichts mehr von der Musik ¬– Nein, Konzerte sind wirklich nichts für mich.
Kamen beim Dreh vielleicht eigene Erinnerungen hoch, die Sie gerne nachholen würden?

Wäre so ein Nostalgie-Trip auch was für Sie persönlich?

Fabian Busch: (überlegt) Ich würde viel lieber manche Zeiten nochmal erleben. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas nachholen müsste, aber manche Zeiten würde ich gerne wieder spüren können. Besondere Ereignisse, besondere Menschen, ein besonderes Alter mit besonderer Energie und besonderen Beziehungen… manche Dinge sind mit der Zeit einfach verloren gegangen – was ganz natürlich ist! Aber manchmal trauere ich diesen Dingen etwas nach und ich würde gerne wieder die Momente aus meiner Erinnerung spüren können. Aber verpasst habe ich nichts. Wobei, doch, eine Sache fällt mir ein! Ich habe immer mal wieder angefangen verschiedene Instrumente zu lernen und ich hätte ein wahnsinnig guter Musiker sein können. Jetzt kann ich alle Instrumente nur so ein bisschen spielen, aber keines richtig gut. Da hätte ich mich mehr dahinterklemmen sollen. Ich wollte immer mal mit coolen Leuten „jammen“ und gemeinsam Spaß an der Musik haben, aber dafür hat mein Talent nie gereicht. Vielleicht schaffe ich es ja eines Tages noch? Ansonsten kann ich sagen: Ich bin ein richtig glücklicher Mensch! Ich habe eine tolle Familie, tolle Kinder, einen tollen Beruf… es gibt nicht wirklich etwas, das ich besser anders gemacht hätte.

Aufgrund der Lage waren wir nahezu alle zum Zuhausebleiben „verdonnert“. Klingt aber so, als könnten Sie die Zeit daheim auch genießen?

Fabian Busch: Als Schauspieler ist man es auch gewohnt, viel Zeit zuhause zu verbringen. Es gibt immer mal wieder Phasen, in denen weniger Arbeit ansteht, deswegen war das nicht so problematisch für mich. Allerdings tat es mir für die Kinder schrecklich leid! Ich habe an meinen Dreien gemerkt, wie sehr sie die Freunde vermissen, und es war wahnsinnig anstrengend, selbst den Lehrer zuhause zu mimen und nun das Home-Schooling zu betreuen. Auch ältere Menschen haben es nicht einfach, dabei denke ich auch an meine Eltern. Keiner von uns weiß, wie lange Corona für uns Alltag bleiben wird. Nicht jeder hat genügend Rücklagen, um die Zeit zu überstehen, egal ob man nun Schauspieler ist oder aus einem anderen Beruf kommt.

„Der Sommer nach dem Abitur“: Paul (Hans Löw), Ole (Fabian Busch) und Alexander (Bastian Pastewka). (Foto: ZDF/Frédéric Batier)

Sie sind ja auch Regisseur. Nutzen Sie die Zeit für neue Filmprojekte? Wie wäre es mit einem Corona-Film?

Fabian Busch: Im Moment komme ich tatsächlich zu nichts (lacht). Aber eigentlich arbeite ich seit fünf Jahren an einem Animationsfilm. In den Phasen, in denen ich mal nicht als Schauspieler unterwegs bin, drehe ich weiter an den Stop-Trick-Animationen – das braucht Zeit! Als es dann mit Corona losging dachte ich, dass ich bei diesem Projekt ordentlich weiterkommen würde, aber bei drei Kindern komme ich trotzdem nicht wirklich dazu. Ich habe mir ein kleines Zeitfenster von 0 Uhr bis 2 Uhr nachts angewöhnt – was nicht wirklich gesund für mich ist – aber nur dann habe ich etwas mehr Zeit und Ruhe für mich.

Sie sind quasi hinter der Bühne aufgewachsen: Ihre Eltern waren am Varieté und Sie stehen schon seit Kindertagen auf der Bühne. Was, wenn Sie kein Talent für die Schauspielerei gehabt hätten?

Fabian Busch: Meine Eltern müssen immer total lachen, wenn sie hören, dass sie am Varieté gewesen wären. Sie waren am Metropoltheater, das ist ein Operetten- und Musical-Theater im Osten Berlins gewesen, und sie waren dort Tänzer. Als meine Eltern zu alt wurden, wurde mein Vater Bühnenbildner und ich habe angefangen mich sehr für Miniatur- und Modellbau zu interessieren. Ich habe also sehr viel Zeit in der Werkstatt verbracht. Für mich war der Weg eigentlich ganz klar: Nach der zehnten Klasse den Abschluss machen und dann in die Tischlerlehre. Ich hätte dann auch versucht in der Bühnenbildnerei Fuß zu fassen. Ich war mir damals sicher, dass ich etwas mit Holz machen würde und es hätte mir auch gefallen! Letztendlich finde ich das auch in meinem Stop-Trickfilm wieder, bei welchem ich viele Minitaturen und Modelle bauen muss. Dabei hole ich mir meine Leidenschaft zu dem Thema ein bisschen zurück und erschaffe dabei gleichzeitig einen Film – zwei Leidenschaften vereinen sich!

Sie sind in Ost-Berlin aufgewachsen. Spielt der DDR-Hintergrund für Sie eine Rolle?

Fabian Busch: (überlegt) Was bedeutet: „Spielt es eine Rolle“? Ich war 15 Jahre alt, als die Mauer geöffnet wurde – Es ist somit einfach meine Kindheit und Jugend! Ich habe gerade das Buch „Hufeland, Ecke Bötzow“ von Lea Streisand gelesen und da kann ich komplett in diese wunderbare Zeit wieder eintauchen, die ich in den 80er Jahren in Ost-Berlin hatte. Bei so einem Buch merkt man, wie sehr man geprägt wurde. Jedes Kind wird von ganz verschiedenen Dingen beeinflusst und natürlich spielt die Umgebung dabei mit die größte Rolle! Ich glaube, dass meine Kindheit im Osten und auch der Umgang mit dem Verlust des Systems mir sehr viel beigebracht haben. Etwas, das richtig war, war danach vielleicht falsch – Freunde waren vielleicht doch keine Freunde… es ist unmöglich, davon nicht geprägt zu werden. Ich kann also sagen: Ich bin ein Kind der DDR. So wie alle, die sich an die Zeit dort erinnern können. Ich denke nicht, dass das etwas Schlimmes ist! Die Frage ist nur: Was macht das mit meinem Leben heute? Vielleicht wirkt sich das auf das eigene Wertesystem aus, beispielsweise Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und zwischenmenschliche Beziehungen. Aber wer kann schon wissen, woher diese oder jene Eigenschaft tatsächlich kommt? Zumindest für mich kann ich sagen: Ja, meine Kindheit im Osten spielt eine Rolle, es ist aber kein Thema, welches mich im Alltag beschäftigt. Dennoch rede ich manchmal mit meinen Kindern darüber, denn sie können sich natürlich nicht vorstellen, wie ihr Papa aufgewachsen ist. Es ist so weit weg von dem, wie wir heute Leben.

Jetzt klingen Sie doch etwas nostalgisch. (Beide lachen)

Fabian Busch: Bei Ihrer vorherigen Frage erzählte ich Ihnen, dass ich manchmal das Gefühl alter Zeiten wieder erleben möchte: Meine Kindheit in der DDR gehört auch dazu! Aber vermutlich geht das fast allen Erwachsenen so, egal wo man aufgewachsen ist, oder? (stm)