Steckbrief: Verena Altenberger

  • Geboren am 11. November 1987 in Schwarzach im Pongau (Österreich).
  • Bis 2011: Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Uni Wien.
  • Seit 2016: Titelrolle in der RTL-Sitcom „Magda macht das schon!“
  • 2017: Hauptrolle in „Die beste aller Welten“ (Regie: Adrian Goiginger), für die sie mehrere Auszeichnungen bekam.
  • 2020: Produktion „Märzengrund“, Dreharbeiten „Wild Republic“ .

In „Die Spur der Mörder“ spielt Verena Altenberger eine italienische Ermittlerin, die zusammen mit den deutschen Behörden Mafia-Morde aufklärt. (Foto: ZDF/Frank Dicks)

Unser Termin musste ja leider ein paar Mal verschoben werden. Sie sind im Drehstress gerade, oder?

Verena Altenberger: Ach, als Stress würde ich das nicht bezeichnen. Das klingt so negativ. Wir drehen gerade in den Dolomiten eine Serie für MagentaTV – „Wild Republic“ – und sind hier extrem wetterabhängig. Dadurch muss von Tag zu Tag neu geplant werden.

Dabei sind Sie aber von einer wunderschönen Landschaft umgeben – ich habe ein paar tolle Aufnahmen auf Instagram gesehen.

Verena Altenberger: Oh ja! Ich genieße den Ort hier sehr. Eine großartige Kulisse.

Auch im ZDF-Krimi „Die Spur der Wahrheit“ spielt Italien eine Rolle. Es geht um die ’Ndrangheta – Sie spielen eine italienische Ermittlerin. Haben Sie privat einen besonderen Bezug zu Italien?

Verena Altenberger: Es gibt keinen familiengeschichtlichen Bezug zu Italien, aber ich komme ja aus Salzburg – da liegt Italien als erstes Urlaubsland natürlich sehr nahe. Sobald meine Eltern es sich leisten konnten, haben wir das Land bereist – es ist ja wirklich nur ein Katzensprung entfernt. Ich verbinde also etwas sehr Nostalgisches mit Italien: mit vollbepacktem Auto in den Urlaub mit den Eltern, einfach anhalten, wo es einem gefällt! Und ich merke es auch jetzt gerade wieder: Dieses Land hat einfach alles! Die schönsten Berge, die schönsten Strände, das beste Essen, den besten Kaffee … ich liebe es einfach!

Dann fiel es Ihnen sicher nicht schwer, eine Italienerin zu spielen. Wie haben Sie sich denn vorbereitet auf diese Rolle?

Verena Altenberger: Carla Orlando ist in Südtirol geboren – das hört man auch an ihrem Akzent. Ich spreche in der Rolle also mit einem ganz leicht italienischen Anklang. Um das zu trainieren, habe ich über die Produktionsfirma einen Kontakt zu einer Südtirolerin bekommen. Wir haben uns eine Weile regelmäßig getroffen und so konnte ich die Feinheiten der Sprache kennenlernen. Neben der sprachlichen Annäherung war aber natürlich wichtig, dass wir uns auch intensiv mit der Geschichte dahinter befassen. Der Film beruht ja auf wahren Ereignissen. Wir durften die Original-Ermittler kennenlernen – sie haben uns tiefe Einblicke gewährt –, ich habe viele Zeitungsartikel gelesen und mich auch sehr intensiv mit der Mafia und speziell mit der ’Ndrangheta beschäftigt. Da konnte ich allerdings keinen direkten Kontakt herstellen (lacht).

Wenn man sich so intensiv mit einem Thema beschäftigt, bei dem es um dunkle Strukturen, Gewalt, Mord usw. geht, kann man zuhause dann trotzdem abschalten?

Verena Altenberger: Ich nehme das schon auch mit nach Hause – aber es belastet mich nicht mehr als die anderen Dinge, die uns täglich begegnen. Wir werden regelmäßig mit so viel Gewalt und Leid konfrontiert, spätestens wenn wir die Nachrichten einschalten oder die Zeitung aufschlagen und wie aktuell die Bilder aus Moria sehen. Das beschäftigt mich genau so, wie die Arbeit an einer Rolle. Ich denke, das ist auch eine Typfrage: Manche nehmen sich das mehr und manche weniger zu Herzen. Berufsbedingt sehe ich es als meine Aufgabe, mir diese Themen sehr zu Herzen zu nehmen! Für mich ist Empathie die Grundlage als Schauspielerin arbeiten zu können. Wenn ich nicht mitfühlen kann, kann ich auch nicht verstehen. Und wenn ich nicht verstehen kann, kann ich auch nicht wiedergeben. Deshalb versuche ich, mich bewusst sehr auf solche Themen einzulassen – egal ob es um gesamtgesellschaftliche Themen geht oder um die Vorbereitung auf eine Rolle. Trotzdem mache ich mir aber auch immer wieder bewusst, dass ich zwar viel Mitgefühl empfinde, aber das Leid nicht selbst ertragen muss. Ich bin ja dennoch in der privilegierten Situation, nur die Schauspielerin zu sein.

Sie spielen in dem Film zusammen mit Heino Ferch. Er ist ein sehr bekannter Schauspieler und schon lange dabei – ist die Nervosität da größer als sonst?

Verena Altenberger: Ich bin grundsätzlich immer sehr nervös vor Dreharbeiten – vor allem ganz am Anfang, wenn ein neues Projekt startet. Dabei kann es zum Beispiel vorkommen, dass man am ersten Drehtag morgens auf 50 fremde Leute trifft, die einem dann alle dabei zuschauen, wie man in der ersten Szene schon einen emotionalem Meltdown spielen muss. Ich muss mich als Schauspielerin in diesem Moment sozusagen entblößen, vor Menschen, die ich – noch – nicht gut kenne. Das sorgt bei mir immer für einige Aufregung. Wenn dann noch so jemand wie Heino Ferch am Set ist, ist das Level der Aufregung am ersten Tag noch ein bisschen höher.

Sehen Sie diese Nervosität als etwas Positives oder kann sie auch ausbremsen?

Verena Altenberger: Ich sehe das auf jeden Fall als positiven Energieschub. Klar kann es Momente geben, in denen man davon kurzeitig überwältigt ist – aber das ist mir schon lange nicht mehr passiert! Und selbst dann ist die Aufregung ja ein gutes Zeichen, denn sie zeigt, wie wichtig einem das ist, was man tut. Die Nervosität ist nichts anderes als die Angst vor dem Fall – wenn mir das egal wäre, hätte ich den falschen Beruf.

Verena Altenberger ist zusammen mit Heino Ferch am 12. Oktober im ZDF zu sehen. (Foto: ZDF/Frank Dicks)

Sie haben es vorhin schon kurz angesprochen: die Brände im Lager Moria auf Lesbos. Darüber würde ich gerne etwas intensiver mit Ihnen sprechen, denn Sie waren vor einiger Zeit selbst für Dreharbeiten dort, richtig?

Verena Altenberger: Genau. Letztes Jahr war ich für eine österreichische Produktion vor Ort. Der Film heißt „Me, we“ und kommt wahrscheinlich demnächst in die Kinos. Ich habe im Rahmen der Dreharbeiten in Moria gesehen, wie unfassbar schrecklich die Zustände dort schon vor den Bränden waren. Insofern sehe ich die aktuellen Bilder natürlich nochmal mit anderen Augen. Ich konnte vor einem Jahr schon nicht glauben, was ich da gesehen habe und die Zustände haben sich seither ja nicht verbessert – und nun ist es völlig eskaliert. Klar, von zwischenzeitlich über 20.000 Menschen haben zum Zeitpunkt des Brands „nur“ noch 13.000 dort gelebt. Aber das ist ja trotzdem noch viel zu viel! Jeder Tag, den ein Mensch dort verbringen muss, ist einer zu viel. Was mich damals schon besonders schockiert hat und heute noch fassungslos macht: Das passiert innerhalb europäischer Grenzen, auf einer griechischen Urlaubsinsel, in wenigen Stunden mit dem Ferienflieger zu erreichen. Das ist eine Schande, so etwas darf nicht sein. Was ich aber auch gesehen habe: Es gibt vor Ort sehr viele Menschen, die wertvolle Hilfe leisten. Mit vielen von ihnen bin ich gerade jetzt in engem Kontakt. Eins wird dabei sehr deutlich: die Regierungen – und damit meine ich explizit nicht nur die griechische – versagen total und die Menschen dort sind auf zivilgesellschaftliche Unterstützung angewiesen.

Was erzählen die Leute auf Lesbos, mit denen Sie gerade Kontakt haben?

Verena Altenberger: Sie sind erschüttert. In den Tagen nach dem Brand war beispielsweise die Versorgung mit Trinkwasser ein großes Problem – die Behörden vor Ort haben es nicht geschafft, genügend Flaschen für die 13.000 Menschen zu organisieren. Das ist eine humanitäre Katastrophe – innerhalb der EU!

Deutschland hat nach langem Hin und Her verkündet ca. 1500 Geflüchtete aufnehmen zu wollen. Die meisten EU-Länder zeigen gar keine Bereitschaft, auch Österreich nicht. Wie geht es Ihnen damit?

Verena Altenberger: Dass die ÖVP sich komplett verweigert, Geflüchtete aufzunehmen, ist fürchterlich und beschämend! Österreich ist so ein reiches Land, uns geht es allen unfassbar gut hier. Wir hätten das Geld, die Kapazitäten, den Platz, die Infrastruktur – ich kann nicht verstehen, wie sich unser Kanzler trotzdem so verweigern kann. Er ist ungefähr so alt wie ich, ich gehe davon aus, dass wir ähnlich sozialisiert wurden, mit ähnlichen Werten aufgewachsen sind. Für mich ist es völlig unverständlich, wie er so zynisch sein kann und den Geflüchteten selbst die Schuld für die Brände gibt. Es haben doch nicht alle 13.000 Menschen selbst ein Feuer gelegt! Ich verstehe diese Metapher, die in konservativen und rechten Kreisen kursiert, sowieso nicht: „Man kann nicht seine Wohnung selbst anzünden, und erwarten, man wird beim Nachbarn aufgenommen.“ Es müsste eigentlich heißen: „Wenn mein Nachbar meine Wohnung anzündet, verdiene ich Hilfe!“

Sie äußern sich auch sonst oft zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Sehen Sie das – durch Ihre Bekanntheit – auch als eine Art Verpflichtung?

Verena Altenberger: Ich bin der Meinung, dass mit dem Betreten einer Bühne auch Verantwortung übernommen werden muss. Mir wird eine Bühne gegeben, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn. Ich kann mich also öffentlich äußern – sei es privat in den Sozialen Medien, im Rahmen von Interviews oder bei Ansprachen – und ich möchte diese nutzen, um Menschen zu erreichen. Je mehr man gehört wird, desto größer ist diese Verantwortung.

Aber Sie machen sich dadurch natürlich angreifbarer.

Verena Altenberger: Das stimmt. Aber tatsächlich macht es mir Spaß, auf meinen Social-Media-Kanälen, in den Diskurs mit Menschen zu treten, auch wenn sie eine andere Meinung als ich vertreten. Das ist auch eine Art Herausforderung an mich selbst: Ich werde angespornt, mich immer weiter zu bilden, meine eigene Haltung zu hinterfragen und Dinge öfter mal neu zu denken. Ich sehe das also nicht als Bürde, sondern – zumindest oft – als Freude.

Gerade in den Sozialen Medien sind Diskussionen aber ja nicht immer konstruktiv. Wie gehen Sie denn mit Hass-Kommentaren o.ä. um?

Verena Altenberger: Ich versuche, soweit meine Zeit es zulässt, das möglichst eng zu monitoren: Puren Blödsinn, Hass oder Beleidigungen lösche ich. Kontroverse Meinungen lasse ich aber natürlich stehen und ich versuche auch, mit möglichst vielen der Verfasser in einen Diskurs zu treten – wobei ich immer noch Schauspielerin und keine Instagrammerin bin, ich muss mir da natürlich inhaltliche und zeitliche Grenzen setzen. Trotzdem merke ich, dass meine Reaktionen oft einen positiven Effekt haben.

Was sind das für Diskussionen, die Sie da führen?

Verena Altenberger: Unter einem ganz normalen Foto von mir, kommt es zum Beispiel vor, dass jemand schreibt: „Du bist hässlich.“ Ich nehme mir dann die Zeit – das dauert eine Minute – und schaue mir sein Profil an. Ich gendere an dieser Stelle bewusst nicht, da es in den allermeisten Fällen Männer sind, die solche Kommentare verfassen. Über das Profil sehe ich den Klarnamen und ich kann ihn in meiner Antwort auf seinen Kommentar direkt ansprechen: „Sehr geehrter Herr Hans Müller, darf ich fragen warum Sie solch negative Gefühle gegen mich haben? Sie dürfen sich hier gerne erklären, falls Sie das nicht möchten, lösche ich Ihren Kommentar allerdings wieder. Viele Grüße, Verena“ Sehr, sehr oft reagiert der Verfasser mit einer Entschuldigung, weil er gar nicht damit gerechnet hatte, dass sein Statement gelesen und sogar beantwortet wird! Ich glaube, man muss den Leuten einfach zeigen, dass das Netz nicht so anonym ist, wie sie denken und dass die Dinge, die sie dort veröffentlichen, gelesen und potenziert werden können. Man muss ihnen bewusst machen, dass sie die Verantwortung für ihre Äußerungen tragen.

Verena Altenberger ist in Deutschland vor allem durch ihre Rolle in der RTL-Serie „Magda macht das schon!“ bekannt geworden. (Foto: TV Now/GordonMuehle)

Ein weiteres Thema, für das Sie sich öffentlich einsetzen, ist der Feminismus. Wie passt Ihre Rolle als „Magda“ dazu?

Verena Altenberger: Sie ist eine Feministin! Was ich an Magda von Anfang an geliebt habe, ist ihre entsexualisierte Rolle: Sie hat keinen so genannten Love-Interest, sie wird in der Serie nicht als „schön“ oder „sexy“ bezeichnet, ihr wird nicht nachgepfiffen usw. Im Gegenteil! Es gibt zahlreiche Szenen, in denen ihr neues Outfit oder eine andere optische Veränderung explizit nicht bemerkt wird. Wie sie auftritt, wie sie sich anzieht – das tut sie ausschließlich für sich selbst: Sie liebt Glitzer, sie liebt hohe Schuhe und enge Röcke. Nur weil es ihr gefällt, zieht sie sich so an! Genau daran habe ich als Schauspielerin auch einen Heidenspaß und diese Idee finde ich wunderschön! Aber auch abseits vom Outfit verkörpert die Rolle feministische Werte: Magda ist eine Frau, die sich ihre Position ganz alleine erkämpft hat, eine Position die ganz und gar nicht einfach ist. Sie muss sich als Ausländerin in Deutschland für ihre Anliegen lautstark einsetzen, den Mund aufmachen, mehr Gehalt einfordern, aktiv für eine Verbesserung ihrer Situation kämpfen usw. Das ist ein starkes Statement, auch wenn es humoristisch verpackt ist.

Sie hatten von Anfang an das Glück, sehr unterschiedliche Rollen spielen zu dürfen – gibt es da überhaupt noch so etwas wie eine Traumrolle, die Ihnen vorschwebt?

Verena Altenberger: Es gibt noch so viel, was ich gerne erreichen würde, ich kann es gar nicht aufzählen oder eingrenzen. (lacht) Ich bin einfach wahnsinnig dankbar, dass man mir die Bandbreite zutraut und ich so unterschiedliche Rollen angeboten bekomme. Ich weiß, dass das in meinem Beruf keine Selbstverständlichkeit ist. (hea)

„Die Spur der Mörder“, Montag, 12. Oktober 2020, 20.15 Uhr, ZDF.
Verena Altenberger auf Instagram.