Bis vor zwei Generationen gehörte die Milchkanne zur Standardausrüstung vieler Haushalte. In fast jedem Ort gab es noch Bauern, die frisch gemolkene Milch verkauften. Im sogenannten Viehstrich, nordwestlich des Bienwaldes, prägte Weidevieh das Landschaftsbild. Seitdem hat ein starker Strukturwandel stattgefunden. Inzwischen kommt die Milch aus immer weniger spezialisierten Großbetrieben und ein Verkauf an Einzelkunden ab Stall ist aus hygienischen Gründen nicht mehr zulässig. Aber es gibt neue Ansätze der Direktvermarktung.

Der Aussiedlerhof Kaiser bei Offenbach bietet seit vier Jahren Frischmilch aus dem Automaten an. Der Automat steht auf dem Hof und kann täglich von 7 bis 20 Uhr benutzt werden. „Jeden Morgen nach dem Melken füllen wir frische Milch ein. Abends wird der Automat gereinigt, die Restmilch an die Kälber verfüttert“, erläutert Thomas Kaiser. „Unsere 80 Milchkühe haben Auslauf auf die Weide. An heißen Tagen liegen sie aber lieber im Stall, wo Ventilatoren laufen und angenehmere Temperaturen herrschen.“ Schwalben schwirren über den Wiederkäuern und fangen ihnen die Stechfliegen.

Frischer geht’s nicht. (Foto: ebl)

„Im Automat ist die Milch auf drei Grad herunter gekühlt“, so Kaiser weiter. „Man wirft Münzgeld ein, stellt das mitgebrachte Gefäß unter den Hahn – am besten schräg, damit es nicht schäumt – und drückt die Starttaste. Die ausfließende Milchmenge richtet sich nach dem bezahlten Geld. Ein Liter kostet 80 Cent. Wer zwei Euro einwirft, bekommt zweieinhalb Liter Milch. Der Automat wechselt nicht. Kunden, die kein Gefäß dabei haben, können in einem zweiten Automaten Mehrwegflaschen mit Deckel kaufen. Hier gibt es auch Bananenmilch, Eiskaffee, Kakao- und Erdbeerdrinks, Nüsse, und im Winter, wenn wir schlachten, auch Rindswürste.“

Die Frischmilch sollte kühl befördert und aufbewahrt werden. Gekühlt hält sie drei bis vier Tage. Sie ist unbehandelt und hat einen natürlichen Fettgehalt von 3,9 bis 4,1 Prozent. „Im Frühjahr, wenn das Gras jung ist, geben die Kühe die meiste Milch“, so Kaiser. „Im Stall füttern wir Heu, Silage, eigenes Getreide, Mineralfutter (Calcium, Phosphat) und Salz.

„Die Milchpreise sind dürftig. Darum haben wir die Direktvermarktung begonnen, die macht rund zehn Prozent von unserem Umsatz aus. Kunden kommen aus Landau und umliegenden Orten, aber auch aus Neustadt, Haßloch. Manche kaufen größere Mengen und machen selbst Käse. Die andere Milch holt Firma Hochwald. Das Werk ist in Kaiserslautern. Daraus wird unter anderem Bärenmarke.“

Ein weiterer Milchautomat steht im Schmiedhof Bellaire, Neupotz. Hier kann Rohmilch rund um die Uhr gekauft werden. Der gemischte Familienbetrieb mit Direktvermarktung ist auch für seine weiteren hochwertigen Produkte bekannt. Seniorchef Roland Bellaire ist Ortsbürgermeister und Träger der Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz.

Kühe geben ab dem zweiten Lebensjahr Milch, sofern sie ein Kalb bekommen. Alle 13 bis 14 Monate können sie kalben. Die Milchleistung der Kühe wurde in den letzten Jahrzehnten durch züchterische Bearbeitung, Fortschritte in der Fütterung und Haltung enorm gesteigert. Gleichzeitig haben Fruchtbarkeitsprobleme zugenommen, wobei einzelne Betriebe unterschiedliche Erfahrungen machen. Die Ursachen sind vielschichtig und nicht erschöpfend geklärt. Studien weisen darauf hin, dass neben der Verbesserung der Haltungsbedingungen auch die Mensch-Tier-Beziehung einen Einfluss auf die Gesundheit der Tiere hat. (ebl)