Von Starkregen und Hochwasser

Die Pfalz im Wandel der Erde und des Klimas

Südpfalz. Der Oberrheingraben ist eine geologisch dynamische Region. Die Erdkruste ist hier recht dünn und senkt sich seit 45 Millionen Jahren. Tektonische Spannungen entladen sich immer wieder in schwachen bis kleineren Beben. Der stärkste Stoß seit Menschengedenken ereignete sich 1356 und legte die Stadt Basel in Schutt und Asche. Ob sich ein so heftiges Erdbeben bald wiederholen könnte, ist auch für Fachleute nur schwer zu beantworten. Denn die Vorgänge in der Erdkruste sind noch lange nicht restlos aufgeklärt. Klar ist jedoch, dass unter dem Rheingraben eine kontinentale Bruchkante verläuft, von der Nordsee bis ins westliche Mittelmeer. „Der Riss liegt im Bienwald östlich der B9, wo die Bodenschichten abfallen. Hier bricht Europa einmal auseinander. Der eine Teil wird nach Westen abdriften, der andere wird im Osten bleiben, natürlich in Millionen von Jahren“, erläutert Naturführerin Dr. Astrid Schnakenberg, Büchelberg. Das kommt daher, weil die afrikanische Kontinentalplatte zwei Zentimeter pro Jahr nach Norden rückt und den italienischen Stiefel wie einen Spaltkeil in die europäische Kontinentalplatte treibt. Kommt nichts dazwischen, wird der Rheingraben in ferner Zukunft zum Meer. Auf dem Weg dahin könnte es auch einen plötzlichen Absacker geben, wie ihn Jürgen Lodemann seiner Novelle „Fessenheim“ zugrunde legt.

Einschneidend verändert wurde die Flusslandschaft durch die Rheinbegradigung nach Plänen des Karlsruher Ingenieurs Johann Gottfried Tulla. Am 1.500 Meter langen Durchstich Nr. I zwischen Wörth und Knielingen, der vor 200 Jahren (1821) zum neuen Flusslauf wurde, arbeiteten zeitweise 1.400 Mann mit Schaufeln, Schubkarren und Pferdefuhrwerken. Seit der Begradigung fließt der Rhein zwischen Basel und Mannheim schneller, größere Schiffe können verkehren. Der sumpfige Auwaldgürtel ist weitgehend verschwunden. Als Nachteile der Korrektion erwiesen sich die stärkere Tiefenerosion des Stroms und das Absinken des Grundwasserspiegels. 

Einschneidene Veränderung durch die Rheinbegradigung 1821: historische Karte des Knielinger Durchstichs.(Foto: ebl)

Die Hochwassergefahr wurde durch die Begradigung nicht gebannt. Zur Jahreswende 1882/83 setzte eine selten starke Rheinflut viele Dörfer unter Wasser. Über 1.000 Einwohner von Wörth flohen damals nach Kandel und Minfeld. Im regenreichen Sommer 1910 stand das Wasser von Rhein und zufließenden Bächen wochenlang in Wald und Flur und vernichtete die Ernte. Beträchtliche Hochwasserschäden gab es auch 1953 und 1955. Seitdem wurden die Dämme erhöht und zur Entlastung Polder angelegt. Das hat sich auch beim diesjährigen Rheinhochwasser Mitte Juli wieder bewährt. Es gilt natürlich wachsam zu bleiben.

Denn inzwischen ist mit dem Klimawandel ein Gamechanger aufgetreten. Indizien für den globalen Klimawandel zeigen sich auch in Rheinland-Pfalz. Nach dem Klimabericht der Landesregierung hat sich die Jahresdurchschnittstemperatur seit 1881 um 1,6°C erhöht. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Hitze, Dürre, Starkregen, Hagel, Stürmen sowie deren Intensität hat zugenommen. Anhaltender Starkregen in der Eifel sorgte Mitte Juli besonders im Ahrtal für eine beispiellose Flutwelle, in der mehr als 130 Menschen ums Leben kamen. Die Möglichkeiten, so krasse Wetterereignisse durch technische Schutzmaßnahmen abzuwehren, sind begrenzt. Anpassungsstrategien erfordern ein Zusammenwirken staatlicher, kommunaler und eigenverantwortlicher Vorsorge. Das Land Rheinland-Pfalz fördert die Erstellung örtlicher Hochwasservorsorgekonzepte mit bis zu 90%.

Zahlreiche südpfälzische Kommunen haben bereits Klimanpassungs- und Starkregenkonzepte entwickelt. Die Verbandsgemeinde Maikammer, die Ende Juli 2019 von heftigen Überflutungen betroffen war, hat ein Hochwasservorsorgekonzept in Auftrag gegeben, das nach Auskunft von Fachbereichsleiter Martin Utech Mitte 2022 fertig sein soll. Ziel ist es, durch Vorbereitung auf Extremwetterereignisse die Schäden zu verringern. „Starkregenvorsorge ist eine Aufgabe, die ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen erforderlich macht“, so Bürgermeisterin Gabriele Flach. Dazu gehören neben Maßnahmen der Kommunen auch Schutzmaßnahmen privater Eigentümer. (ebl)