Kandel/Berlin. Kiki Klugscheißerhool, der Grafikhool und Elsbeth Grammatikhool: Das sind die Hooligans gegen Satzbau. Hinter diesen lustigen Namen verbergen sich allerdings drei engagierte und sympathische Menschen, die sich eines wirklich ernsten Themas angenommen haben und es mit viel Ironie und Sarkasmus breitentauglich machen: Sie korrigieren die Hass-Beiträge von „Wutbürgern“ bei Facebook – ganz streng nach dem Duden – und beantworten dabei die gestellte Fragen zu Meinungsfreiheit, Krieg, Flucht, Empathie und Menschlichkeit. Sie kämpfen Tag für Tag gegen die sogenannte „Rechts-Schreibung“ und schaffen es dabei, ihre Leser zum Lachen zu bringen. Bei der PFALZ-ECHO-Mittagspausenkolumne waren sie schon Thema – nun nahm sich Kiki Klugscheißerhool Zeit, die Fragen von Chefredakteurin Yvonne Myszkowski zu beantworten.

Wie und wann habt ihr mit eurer Arbeit angefangen? 

Kiki: Vor zwei Jahren haben wir angefangen, nachdem die Hooligans gegen Salafisten in Köln gerade liefen. Der Grafikhool und ich haben dann angefangen, mit unseren Privatprofilen bei Facebook dagegen zu argumentieren, als auf einmal relativ viele sogenannte „Patrioten“ wie Pilze aus dem Boden schossen. Aber mit Argumenten kam man da nicht dagegen an. Und irgendwann fiel uns auf, dass viele von diesen „Patrioten“ immer auf die Reinheit der deutschen Sprache und Gebräuche Wert legten, aber selbst ein katastrophales Deutsch haben! Und so fingen wir an zu korrigieren. Anfangs war das eine Sache von uns beiden privat. Und nach zwei, drei Tagen haben wir  bemerkt, dass das ziemlich gut ankommt. Wir bekamen ganz viele Likes, aber eben auch viele Hassnachrichten und Drohungen. Da haben wir gesagt „Eigentlich müssten wir aufhören – aber wir müssen  auf jeden Fall auch weitermachen!“ Mein Bruder kam dann auf den Namen und so hat alles angefangen.

Wie kommt ihr an die ganzen Kommentare?

Kiki: Wir kriegen sehr viel zugeschickt, wir gucken aber auch sehr viel selber. Da hat jeder so seine Vorlieben. Ich persönlich nehme zu 99 Prozent nur Selbstgefundenes, weil ich diese Emotion brauche, mich darüber aufgeregt zu haben.

In welchen Momenten sitzt ihr denn vorm Bildschirm und seid wirklich kurz vorm Ausrasten?

Kiki: Bei mir ist das oft so, wenn Lutz Bachmann, Frauke Petry oder Beatrix von Storch, also die großen Hetzer die Leute bewusst manipulieren. Da kann ich echt sauer werden.

Wie kann man sich die HoGeSatzbau denn vorstellen? Arbeitet ihr gemeinsam oder macht das jeder für sich?

Kiki: Beides. Der Grafikhool und ich sind verheiratet, da ergibt sich vieles auch auf dem Sofa oder irgendwann zwischendurch. Wir reden viel, aber wir schauen auch, dass unsere Kinder nicht zuviel mitbekommen. Bei der Elsbeth ist es so, dass sie nicht direkt bei uns hier ist. Sie klinkt sich eher rein und raus.

Was ist denn eure Motivation, am Ball zu bleiben? Ihr setzt euch ja quasi jeden Tag der Situation aus, dass ihr euch aufregen müsst – das ist auf Dauer sicherlich nervenaufreibend. 

Kiki: Ich glaube, eine gute Motivation sind unsere Kinder, weil wir nicht wollen, dass es noch schlimmer wird. Wir finden die Hetze in den sozialen Medien jetzt schon sehr schlimm und die Tatsache, dass das jetzt von den Bildschirmen auf die Straße kommt und Menschen draußen angegriffen werden, macht uns Angst. Und der viele Zuspruch motiviert sehr. Es sind sehr viele Leute, die uns folgen und uns total liebe Nachrichten schicken – das hilft sehr.

Wolltet ihr schon mal aufhören?

Kiki: Wir standen schon zwei, drei Mal davor, aufzuhören, aber dann klinken wir uns einzeln für zwei oder drei Wochen aus und die anderen zwei machen in der Zeit weiter. Und nach so einer „Seelenpause“ kann man gestärkt weitermachen.

Ihr bekamt von Facebook den Smart Hero-Award verliehen für euer Engagement – und habt bei der Verleihung für Furore gesorgt, als ihr das Geld nicht annehmen, sondern spenden wolltet, und die Missstände bei Facebook und dem Sperren von rechtsradikalen Kommentaren angeprangert habt. Gab es da noch weitere Gespräche mit Facebook im Nachgang?

Kiki: Wir sind gerade im Kontaktaufbau, es wird ein Treffen stattfinden und wir werden das nochmal aufarbeiten – und das finde ich echt gut! Wir hatten ja vorher schon versucht, Kontakt zu Facebook aufzubauen, aber das ist nie gelungen. Daher haben wir immer auf den Award gehofft, weil wir das Mikrofon haben und endlich sprechen wollten. Wir sind gespannt, wie es jetzt weitergeht. Die Initiative, der wir das Geld gespendet haben, „Enough is enough – open your mouth“, die hat vorher schon Kontakt zu Facebook gehabt. Am Ende glaubten alle, dass die und wir schon lange vorher Kontakt hatten, weil die eben Facebook schon angekündigt hatten, Klartext sprechen zu wollen. Und die standen nachher im Publikum auf und hatten Tränen in den Augen, als wir gesprochen hatten. Aber das Witzige daran war, dass wir uns nicht kannten und das erste Mal gesprochen haben, als wir dann von der Bühne gingen.

Und ihr habt damit einen wunden Punkt getroffen. 

Kiki: Wir haben einfach nur angesprochen, was viele Menschen nervt! Nacktheit zensiert Facebook wahnsinnig schnell, aber wenn es um rechte Hasskommentare geht, dauert es ewig – oder es passiert einfach gar nichts. Das haben wir mal auf unserer Seite unter dem Motto „Nippel gegen Nazis“ probiert. Und es dauerte nicht lange, bis das alles gelöscht wurde! Und ich würde Facebook gerne fragen, warum das eine so schnell geht und das andere so langsam. Denn Facebook betont ja immer, dass das nicht durch einen Algorithmus geregelt wird, sondern durch Menschen, die das kontrollieren.

Was war denn euer größter Aufreger und euer schönster Moment? 

Kiki: Der schönste Moment in diesen zwei Jahren war die Situation nach dem Smart Hero-Award, als wir so viel tolles Feedback bekommen haben. Der größte Aufreger waren die ganzen Sperrereien seitens Facebook Anfang des Jahres. Da waren wir nur teilhandlungsfähig, das war sehr nervend.

Wenn du die Chance hättest, ein Abendessen mit einer Person deiner Wahl – egal ob lebend oder schon verstorben – zu genießen, mit wem würdest du dich da gerne mal unterhalten? 

Kiki: Ich glaube, das wären viele Leute! Aber mit Sicherheit meine Großeltern! Mit denen habe ich noch nie gesprochen, aber die haben den Krieg überlebt. Sie waren wichtig für den Ort, mussten deswegen nicht in den Krieg ziehen und waren zum Teil im Widerstand aktiv. Aber ich würde mich auch tierisch gerne mal mit Adolf Hitler unterhalten! Mich würde sehr interessieren, was der sich so alles gedacht hat!