Devid Striesow: „Ich liebe meinen Beruf, doch gibt es mehr als die Arbeit.“

Der Schauspieler Devid Striesow über seine Rolle als Andi Schwartz in der ZDF-Krimireihe „Schwartz & Schwartz“, über seine vielseitigen Interessen und sportliche Projekte

Andi Schwartz (Devid Striesow), Mads Schwartz (Golo Euler). (Foto: Hardy Spitz/ZDF)

Steckbrief:

  • Geboren am 1. Oktober 1973 in Bergen auf Rügen
  • Die Schreibweise seines Vornamens geht auf die atheistischen Eltern zurück.
  • Nach dem Mauerfall holte er sein Abitur nach und studierte zunächst Musik.
  • Seit 1999 Tätigkeiten als Theaterschauspieler
  • 2000 Filmdebüt auf dem Max Ophüls Festival uraufgeführten Spielfilm „Amerika“
  • 2003 Nominierung für den Deutschen Filmpreis für seine Darstellung im Film „Lichter“
  • Seitdem folgten zahlreiche Filmrollen. Der Film „Die Fälscher“ wurde im Februar 2008 mit dem Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ ausgezeichnet. Weiterhin mimte er 2015 den Hape Kerkeling in der Buchverfilmung „Ich bin dann mal weg“.
  • 2013 bis 2019 war Striesow für den als Hauptkommissar Jens Stellbrink im Saarländischen Tatort zu sehen.
  • Seit 2018 spielt er den Privatdetektiv Andi Schwartz in der ZDF-Krimireihe „Schwartz & Schwarz“.

Die dritte Folge des Samstagskrimis „Schwartz & Schwartz – Wo der Tod wohnt“ ist am Samstag, 23. Mai, um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen und danach in der Mediathek abrufbar.

Mads (Golo Euler) und Andi Schwartz (Devid Striesow) führen ihre Ermittlungen entgegen Jasmins Wünschen fort. (Foto: Hardy Spitz/ZDF)

Haben Sie aufgrund der Corona-Krise nun eine Entspannungspause Zuhause oder gibt es dennoch viel zu tun?

Devid Striesow: Leider hat die Corona-Zeit bei mir mit einer heftigen Grippe angefangen und nun hat sich inzwischen ein ungewollter Stillstand ergeben. Wirklich viele Projekte konnten nicht realisiert werden: Dreharbeiten und zahlreiche Lesungen zum Beispiel. Manches musste abgesagt werden, einiges konnten wir verschieben – aber leider weiß man ja nicht wie lange. Ich kann derzeit nur meditativ stillhalten. Dennoch habe ich einen Tagesablauf, der mich abends auch müde ins Bett fallen lässt. Wenn die ganze Familie aufeinandersitzt, dann zieht das auch Energie und ist nicht wie Urlaub. Aber ich will mich nicht beschweren! So viele Menschen sind derzeit in ihrer Existenz bedroht – das geht mir sehr ans Herz. Für jeden von uns ist es eine ganz neue Erfahrung. Wir alle leben von Tag zu Tag und hoffen, dass sich etwas löst und bewegt.

Wenn man sich ihre über 20-jährige Erfolgsgeschichte ansieht – zahlreiche Fernsehauftritte, Theater, Kino, Hörbücher, Auszeichnungen und Preise – könnte man dann sagen, Sie seien ein Workaholic?

Devid Striesow: Ein Workaholic? Was ist denn Ihrer Meinung nach überhaupt ein Workaholic? Der Begriff ist immer sehr schnell gesagt, aber ich frage mich immer, ob wir den Begriff nicht alle anders interpretieren.

Für mich wäre ein Workaholic jemand, der in erster Linie für seine Arbeit lebt, sehr ehrgeizig ist und nur das eigene Schaffen im Blick hat.

Devid Striesow:  Also ein Workaholic ist eigentlich jemand, der wirklich krankhaft seiner Arbeit folgt und psychologisch gesehen süchtig danach ist. Mit dem Begriff sollte man also vorsichtig sein. Es wäre nicht gut, wenn man ein Workaholic wird. Also kann ich sagen, dass die Bezeichnung nicht zu mir passt, denn ich liebe zwar meinen Beruf, aber interessiere mich auch für andere Dinge – für mich wird es immer mehr als nur die Arbeit geben. Es gehört einfach zu der Natur meines Berufes, dass man viel Zeit mit der Arbeit verbringt und dies leider etwas familienunfreundlich ist. Aber ich genieße auch meine arbeitsfreien Tage und die Zeit mit meiner Familie – auch einfach mal nichts tun kann ich ganz gut (lacht). Ich kenne Menschen, die wirklich Workaholics sind! Umso mehr bin ich sehr froh, dass ich das von mir nicht sagen kann.

Da Sie nun momentan etwas mehr Zeit zuhause haben: Schauen Sie sich Ihre Werke hin und wieder nochmal an? Haben Sie selbst einen Lieblingsfilm von sich?

Devid Striesow: (Lacht) Nein, ich schaue mir meine Werke nicht nochmal an. Also die aktuelle Produktion von „Schwartz & Schwartz“ habe ich mir nach den Dreharbeiten schon nochmal angesehen, aber ich sitze nicht zuhause und sehe meine ganzen Filme der letzten Jahre durch. Am besten auch noch alle Hörbücher dazu! Eine witzige Vorstellung (lacht). Vermutlich wäre die Corona-Zeit dann auch schon rum. Aber ich habe natürlich ein paar Filme, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind und die ich sehr gerne mag. Zum Beispiel „Drei“ von Tom Tykwer oder auch „Yella“ von Christian Petzold. Auch wirklich ein wahnsinnig toller Film: „Ich war zuhause, aber“. Ich hatte nur eine kleine Komparsen-Rolle, aber der Film hat 2019 sogar den Silbernen Bär für die beste Regie erhalten. Mörderisch gut, was die Regisseurin Angela Schanelec geleistet hat!

Wie Sie gerade sagten, sind Sie aktuell in der ZDF-Krimireihe „Schwartz & Schwartz“ zu sehen. Sie spielen den Privatdetektiv Andi Schwartz, der durchaus charmant aber auch etwas unkonventionell auftritt. Würden Sie sagen, dass Sie sich auch persönlich mit ihm identifizieren können?

Devid Striesow: (Überlegt) Ach, das weiß ich gar nicht. Ich will mich mit meinen Rollen eigentlich gar nicht so sehr identifizieren oder vergleichen. Ich bekomme ein Drehbuch und dann schraube ich nur noch ein wenig an der Rolle. Das Autoren-Duo bei „Schwartz & Schwartz“ hat sich einige tolle Sachen einfallen lassen und ich bin froh, dass ich die Rolle von Andi spielen darf. Aber das hat nichts mit mir als Privatperson oder meinem Leben zu tun. Das wäre doch furchtbar, wenn man nur Rollen spielen würde, die so nahe an der eigenen Persönlichkeit stehen. Ich strebe solche Vergleiche gar nicht an – im Gegenteil! Ich versuche so etwas eher von mir fernzuhalten, sonst trägt man das doch ständig in seinen Alltag mithinein.

Ist es denn schwierig, ganz bewusst einen solchen Abstand zu einer Rolle zu nehmen?

Devid Striesow: Naja, während der Arbeit ist das natürlich ganz anders, da steckt man zwangsweise tief in der Rolle drinnen und muss richtig eintauchen. Bei der aktuellen Produktion waren es sechs Wochen und die sind natürlich sehr intensiv. Das nimmt einen dann schon auch länger mit „auf die Reise“ – logisch! Aber das hat nichts damit zu tun, dass man trotzdem irgendwann nach Hause geht und wieder Privatperson ist.

In der aktuell dritten Folge von „Schwartz & Schwartz – Wo der Tod wohnt“ geht es auch um die liebe Nachbarschaft. Sind Sie jemand, der viel Wert auf eine gute Nachbarschaft legt?

Devid Striesow: Ich wohne in der Großstadt, da weiß man manchmal gar nicht, wer seine Nachbarn sind (lacht). Aber die Nachbarn, die ich bisher kennengelernt habe, sind sehr nett. Über kurze Begegnungen im Hausflur geht es eigentlich nicht hinaus.

Wir Pfälzer und unsere saarländischen Nachbarn haben eher gemischte Gefühle zueinander. Man macht Witze übereinander, hat sich aber doch irgendwie gerne. Sie waren lange Zeit im saarländischen Tatort zu sehen, haben Sie auch mal einen Besuch in die noch viel schönere Pfalz gewagt? (Beide lachen)

Devid Striesow: (Überlegt) Ja, ich war schon einmal in der Pfalz, aber fragen Sie mich nicht wo. Ich war in einem Restaurant und habe versucht, Helmut Kohls Lieblingsgericht zu bestellen: Pfälzer Saumagen. Aber irgendwie kam es nicht dazu – ich weiß gar nicht mehr warum – leider habe ich es bis heute nicht gegessen.

Andi Schwartz (Devid Striesow) zu Besuch bei seinem Bruder Mads Schwartz (Golo Euler). Dessen Familienleben wird durch die privaten Ermittlungen immer komplizierter. (Foto: Hardy Spitz/ZDF)

Da haben Sie was verpasst!

Devid Striesow: Ja, das glaube ich. Die Pfalz ist sehr schön, oder? Leider kann man nicht überall so lange bleiben, wie man möchte. Vielleicht hole ich es irgendwann mal nach. Aber trotzdem muss ich Ihnen gestehen: das Saarland ist auch sehr schön (lacht).

Nicht nur die Schauspielerei, auch die Musik spielt eine wichtige Rolle für Sie. Können wir uns bald über ein paar selbstkomponierte Stücke von Ihnen freuen?

Devid Striesow: Nein, wohl eher nicht. Leider fällt das Thema Musik bei mir derzeit etwas unter den Tisch. Auch das Erscheinen von dem Buch „Klassik drastisch“ musste leider nach hinten verschoben werden – von Anfang März auf Mitte Juni. Das sind solche Sachen, die leider Corona zum Opfer gefallen sind. Das ist total schade, aber wir versuchen dennoch, eine neue Staffel für den Podcast „Klassik drastisch“ im Deutschlandradio aufzunehmen. Am 15. Juni wird das Buch dann im Ullstein Verlag erscheinen – darauf freue ich mich schon sehr!

Sie sind wirklich sehr vielseitig interessiert, denn auch Sport und Bewegung gehören zu Ihren Hobbys, wie ich gelesen habe…

Devid Striesow: Ja, mit Yoga beginnt der Tag und auch zum Abschalten gibt es kaum was Besseres für mich. Und ich bin jetzt auch noch ein neues Projekt angegangen, was irgendwie für mich auf der Hand lag: Joggen gehen (lacht). Also, ich mochte Joggen ja überhaupt nicht; viel zu eintönig für mich…

Kann ich gut verstehen…

Devid Striesow. Aber naja, man muss die Dinge manchmal einfach angehen, auch – oder vielleicht gerade – wenn man sie nicht mag. Ich wollte es unbedingt schaffen und habe die jetzige Zeit dafür genutzt. Inzwischen ist halb Berlin durchgejoggt (lacht). Nein Spaß, ich laufe nur im Kreis um den Friedrichshain – alle laufen nur im Kreis. Gerade wenn Sie das Joggen auch nicht mögen: probieren Sie es! Ich kann es wirklich Jedem nur empfehlen; das hätte ich selbst nie gedacht.