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Landratswahl im Kreis Germersheim: Nicole Zor will Landrätin werden

Kreis Germersheim. Am Sonntag, 14. Mai, finden die Wahlen des Landrats des Kreises Germersheim statt. Chefredakteurin Yvonne Myszkowski vom PFALZ-ECHO traf sich mit den Kandidaten und stellte ihnen dieselben Fragen. Heute kommt Herausforderin Nicole Zor (SPD) zu Wort.

Können Sie uns ein bisschen was über sich selbst erzählen?

Nicole Zor: Mein Name ist Nicole Zor. Ich bin 40 Jahre alt und wohne gemeinsam mit meinem Mann und meinem 14-jährigen Sohn in Neuburg. Zu unserer Familie gehört auch unser kleiner Mischlingshund. Ich komme gebürtig aus Thüringen und bin in einer Familie mit drei Geschwistern in Sachsen aufgewachsen.

Können Sie uns ein bisschen was zu Ihrem Werdegang erzählen?

Nicole Zor: Nach dem Abitur habe ich mich entschlossen, eine Krankenschwesterausbildung bei Ulm zu absolvieren und anschließend eine Fachweiterausbildung für Intensiv- und Anästhesiepflege in Karlsruhe. Obwohl ich den Beruf der Krankenschwester sehr geliebt habe, habe ich ihn mit der Geburt meines Sohnes 2003 aufgegeben. Das Drei-Schicht-System und die vielen geschäftlichen Aufenthaltsorte meines Mannes konnte ich mit meiner Familie nicht mehr unter einen Hut bekommen. Nach meiner wertvollen Erziehungspause fing ich als Gutachter beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung an. Im Laufe der Jahre wuchs mein Verantwortungsbereich immer mehr an bis ich als Referats-leiterin rund 80 Mitarbeiter führen durfte. Ein besonderes Anliegen als Führungskraft waren mir die Verbesserung von Arbeitsabläufen und bessere Arbeitsbedingungen für meine Mitarbeiter zu gestalten – denn wer Freude am Beruf hat, ist von selbst motiviert und kann tolle Leistungen bringen. Ein wichtiger Punkt war auch, dass ich gelernt habe, mit einem sehr begrenzten Budget sparsam zu wirtschaften und trotzdem hochwertige qualitative Arbeit abzuliefern. Im Jahr 2013 habe ich meine Führungsposition beim MDK aufgegeben und bin als Geschäftsleiterin in unseren Familienbetrieb, die EPOS GmbH, ein Unternehmen der Sicherheits- und Elektrotechnik, eingestiegen. Die Aufgaben, die ich in unseren Familienbetrieb verantworte, sind schon sehr nahe an denen eines Landrats: Personal, Finanzen, Qualitätsmanagement – und natürlich auch Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit. Ich arbeite gerne mit Menschen und ich versuche Begeisterungsfähigkeit und Leidenschaft für die Sache vorzuleben. Noch nie habe ich Mitarbeiter getroffen, die gerne sture Anweisungen abarbeiten. Engagierte Mitarbeiter brauchen Ziele und Visionen, dann kommt die Freude an der Leistung von ganz allein. Als Unternehmerin habe ich gezeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und soziales Engagement zusammenpassen. Man muss nur wollen. Mir und meinem Mann ist das Soziale wichtig: Wir stellen bevorzugt Jugendliche ein, die mit schlechten Bedingungen an den Start gehen. Dieses kann beispielsweise sein, weil sie aus schwierigen familiären oder wirtschaftlichen Verhältnissen stammen oder weil sie ihr Land aufgrund von Krieg verlassen haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich auch als Landrätin einen Beitrag leisten kann für ein friedliches Zusammenleben. Natürlich ist das ein Kraftakt. Toleranz und Vielfalt müssen eine Selbstverständlichkeit sein. Aber ich glaube, das Wesentliche ist, dass man seine Haltung immer nach außen transportiert, auch wenn man sich damit nicht nur Freunde macht. Und das lohnt sich: Denn tagtäglich erlebe ich Menschen, die mir beweisen, dass sie die Chance verdient haben.

Wandel beginnt immer im Gespräch.

 

Was sind Ihre Hobbys?

Nicole Zor: Ich gehe sehr gerne joggen. Beim Laufen kann ich meine Gedanken schweifen lassen und dabei neue Energie tanken. Oftmals entstanden beim Joggen schon sehr gute Ideen für sinnvolle Projekte. Meine Entspannung finde ich auch beim Lesen von guten Büchern. Bei der Auswahl der Bücher gehe ich genauso demokratisch und vielfältig vor, wie ich denke – von Sachbüchern bis Thriller ist alles dabei.

Was ist Ihr Lieblingsessen?

Nicole Zor: Ich esse sehr gerne Hühnernudelsuppe sowie Schnitzel, Kartoffeln und Mischgemüse.

Gab es eine bestimmte Erfahrung oder einen Anlass, der Sie dazu veranlasste, in die Politik zu gehen?

Nicole Zor: Das Zusammenleben in unserem Landkreis ist mir sehr wichtig. Ich will mich für unsere Gemeinschaft einsetzen und gemeinsam mit den Bürgern unsere Zukunft gestalten. Dafür bringe ich gerne meine langjährige Erfahrung im sozialen Bereich, in der Verwaltung sowie in der freien Wirtschaft ein. Das alles treibt mich an, als Landrätin Verantwortung zu übernehmen.

Schlagwort Breitbandausbau: Wie wollen Sie den Landkreis fit für die digitale Zukunft machen?

Nicole Zor: Der Breitbandausbau ist für unseren Landkreis ein sehr wichtiges Thema. Wir müssen alles daran setzen, dass wir mit der Förderung von Land und Bund eine wirklich zukunftsfähige Internet-In-frastruktur aufbauen. Keinesfalls darf es passieren, dass die Fördermittel lediglich an einschlägige Unternehmen weitergereicht werden, die lediglich eine Versorgung mit 30 oder 50 Mbit/s anbieten. Bis der Netzausbau abgeschlossen ist, werden wir nicht mehr über 50 Mbit/s reden, sondern über die Gigabit-Verbindung. Wir müssen die Chance der Förderung nutzen, langfristig eine leistungsfähige Internet-Infrastruktur aufzubauen. Nur das ist im Interesse der Wirtschaft und der Bürger. Ich halte es für ausgeschlossen, dass mit der nun angekündigten Förderung ein Ausbau mit nur 30/50 Mbit/s durchgeführt wird und dann in einigen Jahren nochmals Fördermittel für den erforderlichen weiteren Ausbau zur Verfügung gestellt werden. Wir werden nur einmal in den Genuss einer Förderung gelangen – es gilt nun, diese Chance zu nutzen und den maximalen Nutzen für unseren Landkreis zu erzielen.

Schlagwort Infrastruktur: Was sind Ihre Ziele für den Landkreis? Wie stehen Sie zu einer zweiten Rheinbrücke?

Nicole Zor: Wir benötigen dringend die zweite Rheinbrücke. Der Kreis Germersheim bildet mit der Region Karlsruhe einen großen Wirtschaftsraum. Wir müssen uns also gemeinsam für die zweite Rheinbrücke einsetzen, denn sie ist für die Südpfalz und für Karlsruhe wichtig. Ich sehe die Aufgabe des Landrats daher darin, als Moderator zu wirken und den Gesprächsfaden zu den Mitbürgern und Kommunen auch auf der anderen Rheinseite nicht abreißen zu lassen. Dafür werde ich mich einsetzen und gemeinsam mit den Bürgermeistern im Landkreis einen regelmäßigen Austausch starten. Wandel beginnt immer im Gespräch.

Wir müssen die Chance der Förderung nutzen, langfristig eine leistungsfähige Internet-Infrastruktur aufzubauen.

 

Die Brücke hat maximal noch zehn Jahre. Was meinen Sie? Schaffen wir die Sanierung vorher oder muss dann alles über Iffezheim oder Germersheim laufen?

Nicole Zor: Ich hoffe doch. Eine Umleitung über Iffezheim oder Germersheim wäre keinem Fahrer zuzumuten.

Schlagwort Wirtschaftsregion: Wie wollen Sie die Wirtschaftsregion konkret stärken?

Nicole Zor: Der Landkreis Germersheim ist eine wirtschaftsstarke Region. Wir sind Platz eins bei den Neugründungen. Wir liegen beim Einkommen und Steueraufkommen über dem Bundesdurchschnitt. Und das soll so bleiben. Ich setze mich dafür ein, dass unsere Unternehmen nicht in ihrem Wachstum gebremst werden und dass sich neue Unternehmen ansiedeln, sodass viele interessante neue Arbeitsplätze entstehen. Wir müssen den Unternehmen die erforderlichen Flächen und die passende Infrastruktur wie die Rheinbrücke und den Breitbandausbau zur Verfügung stellen. Hochwertige Arbeit mit guten Löhnen muss unser Ziel sein. Ein qualifizierter Nachwuchs ist die Voraussetzung für den Erfolg der Unternehmen. Besonders kleine mittelständische Firmen haben jedoch Schwierigkeiten, Azubis zu finden und freie Stellen zu besetzen. Mein Ziel ist es, allen Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen, auch denjenigen mit schlechten Startbedingungen. Entscheidendes Kriterium sollte die Motivation und Leistungsbereitschaft der jungen Menschen sein. Ich möchte ein Unternehmernetzwerk aufbauen, wie Auszubildende für die Zukunft fit gemacht werden, die möglicherweise mit ganz unterschiedlichen Wissens- und Kompetenzbeständen ihre Ausbildung beginnen. Mit Netzwerkpartnern, beispielweise der Agentur für Arbeit, den Kammern und  Bildungsträgern, sollen die Bedürfnisse der Unternehmen nach motivierten Auszubildenden gefunden und dementsprechend qualifiziert werden.

Wo sehen Sie die Stärken des Landkreises?

Nicole Zor: In den Menschen. In unserem Landkreis Germersheim leben aufgeschlossene und lebensfrohe Menschen, die sich gerne ehrenamtlich engagieren und durch innovative Ideen und mit brennender Leidenschaft die kraftvolle Wirtschaft vorantreiben. Das ist definitiv unsere Stärke.

Wir brauchen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum im Kreis Germersheim.

 

Und wo liegen seine Schwächen? 

Nicole Zor: Der Kreis sitzt auf einem gewaltigen Schuldenberg von rund 143 Millionen. Die Handlungsfähigkeit des Kreises in der Zukunft kann nur erhalten werden, wenn die Finanzen stimmen. Leider sehe ich derzeit trotz Rekordeinnahmen keinen Schuldenabbau und schon gar keinen nennenswerten Sparwillen im Kreishaus. Des Weiteren müssen wir endlich die Schulbeförderung in den Griff bekommen. Die Verspätungen, die Falschfahrten sowie die überfüllten Busse sind verantwortungslos. Auch das Unterrichten in Containern  entspricht nicht einer vorausschauenden Schulpolitik. Wir mieten oder kaufen die Container für teures Geld, obwohl es nur  Übergangslösungen sind.  Zudem gehen die Sanierungen nur mit begrenzter Kraft voran, und zu explodierenden Kosten. Wir brauchen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum im Kreis Germersheim. Der soziale Wohnungsbau wurde lange Jahre vollkommen vernachlässigt – seit über vier Jahren ist keine einzige soziale Wohnung im Kreis Germersheim gebaut worden! Das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis! Der demografische Wandel verändert auch das Leben im Landkreis Germersheim. Zukünftig wird es mehr ältere als jüngere Menschen geben. Wir müssen es schaffen, dass Senioren noch im hohen Alter aktiv am Leben teilhaben und ein würdevolles Leben leben können. Hierfür benötigen wir noch mehr individuelle Wohnformen und eine Sicherstellung der medizinischen Versorgung sowie die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Pflegefachkräften in den Orten.

Wenn Sie die heutige Weltpolitik ansehen: Präsident Trump, Erdogans Entscheid, etc. – wie würden Sie die aktuelle Lage kommentieren? 

Nicole Zor: Die aktuelle Lage ist für mich, als Sozialdemokratin, sehr erschreckend. Die Demokratie ist in diesen Ländern schon seit Längerem ins Stocken geraten. Die politischen Machenschaften, mit der Trump wie Erdogan die eigenen Mitstreiter mobilisieren, haben ein Niveau erreicht, das mich an unsere eigene dunkle Vergangenheit erinnert. Trump, Putin, Erdogan etc. besinnen mich täglich daran, welchen Wert die Bürgerrechte, die Unabhängigkeit der Justiz  und eine freie Presse für uns selber darstellen. Daher ist es sehr wichtig, dass wir von unserem Wahlrecht Gebrauch machen und unsere Zukunft positiv mitgestalten können.

Wie würden Sie sich selbst in fünf Worten beschreiben?

Nicole Zor: Ich bin verantwortungsvoll, transparent, zielstrebig, respektvoll und kann zügige Entscheidungen treffen.

Warum soll man genau Sie wählen, Frau Zor?

Nicole Zor: Mir ist es wichtig, dass man mich nicht nur als Bewerberin um ein politisches Amt sieht, sondern als jemanden, der für unsere Gemeinschaft etwas bewegen will. Sachorientiertes, beharrliches und flexibles Arbeiten sowie beherztes Handeln in Krisensituationen sind entscheidend, um das Beste für die Menschen zu erreichen. Gerechtigkeit und sozialer Ausgleich sind für mich nicht nur Floskeln. Ich lebe diese Werte schon heute tagtäglich. (yv)