Gerald Asamoah im Zeikampf gegen Miakel Nilsson (Schweden). (Foto: imago images / Ulmer)

Steckbrief: Gerald Asamoah
Geboren: 3. Oktober 1978 in Mampong, Ghana
1996 bis 1997: Hannover 96 Amateure, 1996 bis 1999: Hannover 96
1999 bis 2010: FC Schalke 04
2002: Im Finale der Weltmeisterschaft in Südkorea und Japan mit der Deutschen Nationalmannschaft
2012 bis 2013: SpVgg Greuther Fürth
Insgesamt absolvierte Asamoah in seiner Karriere 323 Bundesliga-Spiele und erzielte dabei 50 Tore
Am 14. November 2015 gab er sein Abschiedsspiel
Seit 29. November 2016 Manager der U23 beim FC Schalke 04


Was genau machst du gerade bei Schalke 04?

Gerald Asamoah: Ich manage die U23, das ist mein Gebiet und das bereitet mir sehr viel Freude.

Siehst du dich eher in der Jugendarbeit als im Profibereich?

Gerald Asamoah: Seit zwei Jahren bin ich Manager der U23, das ist eine Aufgabe, die mich erfüllt. Was die Jahre bringen, weiß man nicht. Natürlich kann es sein, dass ich irgendwann einmal andere Ziele habe. Aber jetzt habe ich eine Aufgabe vor Augen: Ich möchte Spieler entwickeln, hochbringen, im Idealfall zu den Profis. Das ist unser gemeinsames Ziel in der Knappenschmiede und daran arbeiten wir. Bei Schalke 04 sind wir sehr darauf fokussiert, auf Jugendspieler zu setzen Damit haben wir in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht: Leroy Sané, Max Meyer, Thilo Kehrer zum Beispiel – sie alle haben es zu den Profis geschafft. Wir müssen da sein und versuchen, immer das Beste aus den Spielern herauszuholen.

Du hast für Deutschland über 43 Länderspiele gemacht. Seit 2002 hat sich unheimlich viel verändert, auch die Trainingsinhalte …

Gerald Asamoah: Ich habe vor allem 2006 gemerkt, dass sich einiges ändert. Gerade Jürgen Klinsmann hat sehr viele neue Ideen eingebracht. Vieles davon hattest du als Fußballspieler vorher noch nie gemacht. Am Ende hast du aber gemerkt, dass es dir hilft. Es war auch so, dass wir in der Kabine Musik gehört haben – das gab es vorher nicht, wir haben uns alle nur auf das Spiel konzentriert. Das waren so Punkte, die Klinsmann eingebracht hat. 2006 war sehr erfolgreich für uns. Danach haben viele Vereine angefangen, das eine oder andere davon zu übernehmen. Ich finde es wichtig, dass man sich immer weiterentwickelt – und so ist es ja heute auch in den Vereinen, es wird immer mehr Neues ausprobiert. Nur so kann man die bestmögliche Leistung aus den Spielern herauskitzeln.

Unter Jürgen Klinsmann wurde auch erstmals anders trainiert, oder? Heute sind die Trainingsinhalte ganz anders als vor 20 Jahren, sie sind viel mehr auf Athletik und Dynamik ausgelegt.

Gerald Asamoah: Klar. Bei manchen Trainern ging es hauptsächlich um Kondition. Klinsmann hat auf Intervalltraining gesetzt. Und das brauchst du ja auch in einem Spiel. Mit Klinsmann haben wir das sehr intensiv trainiert – und es wird immer noch schlimmer, weil der Fußball immer schneller wird (lacht). Du musst also mit der Zeit mitgehen.

Nach Jürgen Klinsmann kam Jogi Löw – hast du unter Löw noch gespielt?

Gerald Asamoah: Ja, ein Spiel habe ich noch gemacht.

Hat Jogi Löw Inhalte von Klinsmann übernommen?

Gerald Asamoah: Jogi hat anfangs nicht so viel geändert, das kam erst mit den Jahren, dann hat er seine Philosophie mit eingebracht. Dass sich mit der Zeit etwas verändert, ist aber normal. Aber die grundsätzlichen Dinge und Themen, die Klinsmann angestoßen hat, hat Jogi Löw fortgesetzt und weiterentwickelt, um dort hinzukommen, wo er hinwollte.

Fieberst du noch mit der deutschen Nationalmannschaft mit bist du bei der WM eher zweigeteilt, wenn Ghana auch spielt?

Gerald Asamoah: Ich bin in Ghana geboren, aber ich lebe in Deutschland, seit ich zwölf Jahre alt bin. Und ich fühle mich hier sehr, sehr wohl. Dass ich mich für Deutschland entschieden habe, war damals eine Bauchentscheidung. Von daher habe ich auch nicht den gleichen Bezug zur Nationalmannschaft von Ghana. Wenn Ghana gegen Deutschland spielt, bin ich für Deutschland, auch weil ich natürlich viele Spieler kenne, mit denen ich auch schon zusammengespielt habe.

Gibt es einen Trainer, bei dem du sagen würdest, dass er dich richtig geprägt hat?

Gerald Asamoah: Ich habe sehr viele Trainer erlebt. Ein Trainer, der dich besser macht, den siehst du natürlich auch als guten Trainer an. Und das waren für mich Huub Stevens und Jupp Heynckes. Heynckes hat mir in einer schwierigen Phase, als ich sehr bequem geworden bin, einen Arschtritt verpasst (lacht). Er war es, der mich wieder zur Nationalmannschaft geführt hat.

(Foto: imago images/RHR Foto)

Das ist die Kunst von einem Trainer, auch von Heynckes, gut moderieren zu können und auf die Person einzugehen …

Gerald Asamoah: Genau, das macht ihn ja aus. Er zeigt dir sehr viel Empathie, er gibt dir das Gefühl, wichtig für ihn zu sein – und wenn dir jemand dieses Gefühl entgegenbringt, neigst du dazu, auf dem Platz für ihn alles zu geben. Und das hat er sehr, sehr gut gemacht. Wenn einer nicht mit dir redet, nicht fragt, wie es deiner Familie geht und dir das Gefühl gibt, dass das alles ihn gar nicht interessiert, dann ist das auch mal anders.

Werden Revierderbys eher von außen hochgepuscht, also von den Medien, oder kommt das automatisch?

Gerald Asamoah: Die Frage ist, wie sehr du in und für deinen Verein lebst. Zudem musst du verstehen, was ein Derby für die Fans bedeutet. Wenn du das verstehst, dann weißt du automatisch, was du abliefern musst, wenn du auf dem Platz stehst. Ich lebe schon seit vielen Jahren im Ruhrgebiet – und es gibt nichts Schöneres, als ein Derby zu gewinnen und am nächsten Tag zum Bäcker zu gehen (lacht). Und es gibt nichts Schlimmeres, als ein Derby zu verlieren und am nächsten Tag zum Bäcker zu gehen. Das sagt schon alles aus. Deswegen: Das erste, an das man denkt, wenn ein Derby ansteht, ist der Bäcker. Wenn du verlierst, brauchst du dich dort zwei bis drei Wochen nicht blicken zu lassen (lacht).

Kann man das den jungen Spielern heute noch transportieren?

Gerald Asamoah: Es ist vielleicht etwas schwieriger geworden, weil der Fußball sehr schnelllebig geworden ist. Spieler kommen und gehen. Es gibt auch kaum Vereine mehr, bei denen ein Spieler zehn Jahre oder länger bleibt. Das ist der Lauf der Zeit. Dennoch versuchen wir natürlich, den Jungs zu zeigen, wie wichtig es ist, seinen Verein zu kennen und eine Bindung zu ihm aufzubauen. Dabei spreche ich natürlich nicht von Hass gegenüber anderen Vereinen. Für einen Spieler ist es wichtig zu wissen, was die Fans von einem erwarten. Natürlich wollen die Fans, dass die Spieler sich auf dem Platz den Hintern für den Verein aufreißen. Sie wollen dich kämpfen sehen. Ich als Manager versuche das auch meinen Jungs klar zu machen. Natürlich kann man auch mal einen schlechten Tag erwischen, aber dennoch darf man nicht vergessen, zu kämpfen. Ein Fan sieht das.

Hast du gern auf dem Betze gespielt?

Gerald Asamoah: Ja, es war schon der Hammer, auf dem Betzenberg zu spielen. Jeder Spieler hatte immer etwas Angst, weil du wusstest, was dich erwartet. Es tut mir sehr leid, dass der Verein jetzt so schlecht dasteht. Ich hoffe, dass die Jungs bald wieder hochkommen. (eis)