Katrin Rehak-Nitsche über die Zukunft

Die Südpfalz in zehn Jahren: Dr. Katrin Rehak-Nitsche über autonome Bürgerbusse, Telesprechstunden und Mehrgenerationenhäuser

Dr. Katrin Rehak-Nitsche, promovierte Geologin, seit 2018 Landtagsabgeordnete für die SPD.

Wie kommen die Südpfälzer 2030 von Annweiler nach Karlsruhe?

Marie (68) aus Annweiler fährt normalerweise mit ihrem Fahrrad zum Bahnhof. Heute regnet es aber sehr, und sie bestellt digital einen der autonomen Bürgerbusse. Diese fahren überall in Rheinland-Pfalz und richten ihre Strecken an der Nachfrage aus. Es fährt immer ein Mensch mit, um gegebenenfalls beim Einsteigen, Aussteigen oder mit Gepäck helfen zu können. Der Bus holt sie von ihrer Wohnung ab und fährt sie zum Bahnhof in Annweiler, wo sie in einen Zug steigt, der über Landau und Wörth nach Karlsruhe fährt. Das komplette öffentliche Verkehrsangebot ist kostenfrei und wird über eine geringfügige Mobilitätssteuer finanziert. Ein eigenes Auto hat sie wie fast alle anderen nicht mehr, dafür gibt es den Auto-Pool im Ort, wo sie sich immer eines leihen kann.

Wo findet eine junge Familie 2030 Platz zum Wohnen?

Ava (32) und Leander (28) wohnen mit ihren zwei Kindern (3 und 7) in einem CO2-neutralen Mehrgenerationenhaus der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft zusammen mit Mia (46), die Top-Managerin in einem großen IT-Unternehmen ist und selten daheim, mit Erwin (79) und mit Annelies (88), die beide seit einem Jahr verwitwet sind. Sie helfen sich gegenseitig und sind füreinander da. Erwin liest den Kindern gerne vor und Adrian geht für Annelies einkaufen. Mia bringt den Kindern oft tolle Sachen von ihren Dienstreisen mit und kocht leidenschaftlich gerne für alle, wenn sie da ist. Besonders gerne nutzen alle die zahlreichen schönen, öffentlichen Spiel- und Austauschplätze innen und außen, an denen sie sich treffen können.

Wie kommunizieren Sie 2030 mit Freunden und Kollegen?

Es gibt immer noch Telefone. Leonie (52) ist aber ganz mutig und hat sich einen Chip implantieren lassen, der per Sprachsteuerung zu bedienen ist. Allerdings ist ihr der persönliche Austausch wieder wichtiger geworden, nachdem sie festgestellt hat, dass ausschließlich digitaler Austausch auf Dauer unbefriedigend ist. Und so trifft sich Leonie gerne ganz analog mit ihren Freunden Ina (78), Lia (35), Jonas (44) und Lars (63) im Service-Zentrum des Ortes, in dem die Volkshochschule mit Virtual-Reality-Studios, die Bibliothek, die Reparaturwerkstatt mit 3D-Druckern und ein Café angesiedelt sind.

Wo kaufen Sie 2030 Ihre Lebensmittel ein?

Viele Landwirtschaftsbetriebe und Bäckereien haben Genossenschaften gegründet. Adrians (34) Bäckerei und Lenas (36) Bauernhof zum Beispiel gehören ihren Familien und vielen Einwohnern ihres Ortes zusammen. Sie produzieren ökologisch und verkaufen ihre Waren direkt vor Ort im gemeinsamen Dorfladen – preisgünstig und kostendeckend. Die Menschen essen wieder stärker Regionales und Saisonales. Und sie legen großen Wert darauf, dass die Erzeuger/-innen von ihrer Arbeit gut leben können – so wie sie selbst. Manchmal arbeiten sie sogar aus Spaß mit auf Lenas Feldern oder in Adrians Bäckerei.

Wie sieht ein Gespräch zwischen Patienten und ihrem behandelnden Arzt aus?

Das Gesundheitssystem wurde grundlegend reformiert. Es ist am Menschen und seinen Bedürfnissen ausgerichtet. Bei Anne (95) klingelt der Bildschirm. Ihre Ärztin ruft an, heute ist Telesprechstunde. Sie hat sich extra schick gemacht. Seit die Ärztin mithilfe des künstlichen Intelligenz-Systems diagnostiziert hat, worunter sie leidet, kann sie gut behandelt werden und hat im Alltag kaum noch Probleme. Heute Abend geht sie mit Erwin (79) ins Kino im Service-Zentrum. Nächste Woche wird sie wieder mit ihrem Rad in den nächsten Ort zu ihrer Ärztin fahren. Diese nimmt sich dann wie immer auch persönlich viel Zeit für sie. Bestimmt kann sie ihr auch wieder das neueste Bild ihrer fünf Urenkelchen zeigen.