Giovanni di Lorenzo (Foto: Vera Tammen)

Steckbrief: Giovanni di Lorenzo

  • Geboren am 9. März 1959 in Stockholm.
  • Verbrachte einen großen Teil seiner Kindheit in Rimini und Rom. Lebt seit dem 11. Lebensjahr in Deutschland.
  • Studierte Kommunikationswissenschaft, Politologie und Neuere und Neueste Geschichte an der LMU in München und begann parallel dazu bereits seine journalistische Karriere.
  • Fernsehen: Moderator beim BR (Jugendmagazin „Live aus dem Alabama“ (1984); seit 1989 Gastgeber bei „3 nach 9“, der ältesten laufenden bundesdeutsche Fernseh-Talkshow. 
  • Von Ende der 80er bis Ende der 90er war er in verschiedenen Positionen für die Süddeutsche Zeitung tätig.
  • Auszeichnungen u.a.: Goldene Feder (2001), Hildegard-von-Bingen-Preis (2007), LeadAward als Blattmacher des Jahres (2019)

„Die Medien“ – Fernsehanstalten, Radiosender, Zeitungen – haben es gerade nicht leicht. Aus vielen Gründen. Da sind zum einen die Sozialen Medien, wo jeder selbst zum Autor und Nachrichtenmacher werden kann, wo sich Fake News wie Lauffeuer verbreiten und Menschen lautstark und emotional miteinander diskutieren – und dabei nicht selten den klassischen Medien ihre Kompetenz absprechen. Da sind aber auch die sinkenden Abonnentenzahlen, steigende Papierpreise und weniger Anzeigenkunden – was es vor allem Printmedien schwer macht. Nein, die Medien haben es gerade nicht leicht und da liegt die Frage natürlich nahe, wie es weitergehen wird. Wenn es jemandem gibt, der wenigstens ein bisschen Licht ins Dunkle bringen kann, dann ist das Giovanni di Lorenzo. Er ist u. a. seit 2004 Chefredakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT – und ganz im Gegensatz zu beinahe allen anderen Zeitungen in Deutschland, konnte diese in den vergangenen zwei Jahren eine große Zahl an Leser:innen hinzugewinnen. 

Ihr erster großer Artikel befasste sich Ende der 1970er Jahre mit dem Thema Rechtsextremismus. Hätten Sie damals gedacht, dass dieses Thema heute  noch so aktuell ist?

Giovanni di Lorenzo: Ich habe es vor allem nicht für möglich gehalten, dass Rechtsextremismus heute ein noch größeres Problem sein könnte als damals. Allerdings war dieser ehemalige Schulkamerad, dessen Lebensgeschichte ich erzählt habe, jemand, der in die rechtsterroristische Ecke abgedriftet ist. Das war also nochmal etwas Spezielles – und es war der erste Text über Rechtsextremismus, mit dem ich eine überregionalen Leserschaft erreichen durfte. 

Was war der erste Artikel überhaupt, den Sie geschrieben haben?

Giovanni di Lorenzo: Mein erster Artikel entstand während eines Schulpraktikums bei der Hannoverschen Neuen Presse. Ich landete im Ressort „Kultur, Fernsehen und Unterhaltung“ und ein junger Ressortleiter nahm mich unter seine Fittiche. Er ließ mich am zweiten Tag schon einen Artikel schreiben. Von da an war der Journalismus für mich wie eine Berufung. Ich bin nach Hause gefahren und wusste, dass ich nie etwas anderes machen möchte. Ich wollte bis dahin eigentlich etwas anderes werden.

Was denn?

Giovanni di Lorenzo: Psychoanalytiker oder Manager. 

Als Chefredakteur und Herausgeber sind Sie ja von Letzterem gar nicht so weit entfernt. 

Giovanni di Lorenzo: Auch das Psychologische gehört ja zu jeder Führungsaufgabe – insofern ist aus beiden Berufswünschen etwas eingeflossen. Die Faszination für den Journalismus ist bei mir jedoch ungebrochen: das Schreiben, die Erfahrung von Wirksamkeit, die Chance, in sehr unterschiedliche Welten einzutauchen, Zeitgeschichte begleiten zu können – all diese Dinge!

Sie haben es gerade selbst angesprochen: Medien haben auch eine gewisse Wirkung. Manchmal sorgt das auch für Kritik. Aber ist es denn überhaupt möglich, komplett neutralen Journalismus zu betreiben?

Giovanni di Lorenzo: Nein, das ist es nicht. Von dieser Illusion sollte man sich verabschieden. Journalisten sollten aber immer möglichst unvoreingenommen an Themen rangehen. Es gibt zwei Herangehensweisen: Die eine sagt, Journalismus sei nur ehrlich und transparent, wenn man als Autor gleich sagt, wo man steht. Da ist bei mir als Leser aber jede Neugier weg! Die andere sagt, der Journalist versucht in Kenntnis seiner eigenen Vorurteile und Erfahrungen, sich jedes Mal aufs Neue einem Sachverhalt mit der nötigen Distanz zu nähern und so zu einem fairen Urteil zu kommen. Ich glaube, dass dieser zweite Weg der bessere ist, weil er auf die Glaubwürdigkeit einzahlt. Wenn ich schon vorher weiß, dass ein Beitrag aus einer bestimmten Ecke kommt, dann ist bei einem großen Teil der Leserschaft der Autor per se nicht gerade besonders vertrauenswürdig. 

Oder gerade besonders vertrauenswürdig, wenn man sich auf der gleichen Seite einordnet.

Giovanni di Lorenzo: Es gibt immer Situationen, in denen sich auch Journalisten bekennen müssen. Aber das sind politische Extremsituationen. Diese haben wir in Deutschland glücklicherweise nicht. Wir haben keinen Trump, keinen Berlusconi. Diese Leute versuchen, Medien in ihrer Freiheit einzuschränken. Vor diesem Hintergrund finde ich Texte, von denen man schon nach ein oder zwei Sätzen weiß, wie sie politisch einzuordnen sind, leider etwas unterkomplex. 

Trotzdem lässt sich nicht verhindern, dass Zeitungen politisch immer irgendwo eingeordnet werden. Woran liegt das?

Giovanni di Lorenzo: Bei der ZEIT fällt es, glaube ich, schwer. Wie würden Sie die Zeitung denn einsortieren?

Bei wikipedia steht „liberal“.

Giovanni di Lorenzo: Stimmt. Und das würden wir auch nicht als Beleidigung ansehen. 

„Liberal“ lässt sich jeder gefallen.

Giovanni di Lorenzo: Das glaube ich nicht. Das ist natürlich auch nicht parteipolitisch gemeint, sondern vielmehr ein gesellschaftliches Verständnis, das wir auch in unseren Leitlinien festgehalten haben. Dort ist der Begriff „liberal“ so definiert, wie wir ihn auch meinen: Abweichende Ideen nicht von vornherein zu diffamieren und die Minderheit vor einer Übergriffigkeit der Mehrheit zu schützen, offen gegenüber dem Gegensätzlichen sein. Das ist eine gute Regel – für die es aber auch immer Ausnahmen gibt. Wie jetzt gerade in der Pandemie. Wir haben ja aktuell nicht das Problem, dass die Mehrheit die Minderheit gefährdet. Eher andersrum. 

Printmedien leiden seit einigen Jahren an starken Umsatz- und Abo-Rückgängen. Die ZEIT ist ein eindrucksvolles Gegenbeispiel. 

Giovanni di Lorenzo: Wir haben das große Glück, dass die Auflage im Moment bei etwa 600.000 Exemplaren liegt, was niemand – ich am allerwenigsten – für möglich gehalten hätte. Seit Beginn der Pandemie haben wir mehr als 100.000 Abonnenten dazugewonnen. Das ist ein kleines Wunder, das uns dankbar und demütig macht. Wir versuchen jetzt, das Vertrauen, das uns die Menschen in dieser schweren Zeit entgegengebracht haben, nicht zu enttäuschen und arbeiten daran, dass möglichst viele Leserinnen und Leser auch in Zukunft bei uns bleiben.

Können Sie sich den Erfolg gegen den Trend erklären?

Giovanni di Lorenzo: Nein. Er lässt sich jedenfalls nicht nur auf einen Grund zurückführen. Wir haben es im Rahmen einer großen Marktforschung mit fast 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern untersuchen lassen: Die neuen Abonnenten sind etwas jünger und etwas weiblicher. Und sie nennen vor allem drei Gründe für ihr Abonnement. Der erste ist: „Ihr seid eine Stimme der Vernunft in der Pandemie“. Andere Medien haben offensichtlich zu sehr Alarm geschlagen oder verharmlost. Der zweite Grund ist die Meinungsvielfalt und der dritte die Reflektiertheit, also dass wir uns mit Themen tief und profund auseinandersetzen. 

Wie schätzen Sie denn die Zukunft des Printjournalismus allgemein ein? Gerade vor dem Hintergrund, dass sich seit vielen Jahren bereits immer mehr ins Netz verlagert.

Giovanni di Lorenzo: Wie gesagt, nichts ist nur monokausal zu erklären. Man macht es sich allerdings zu leicht, wenn man alle Auflagenrückgänge in der Branche auf den Strukturwandel durch die Digitalisierung schiebt. In finanzieller Hinsicht ist das Digitale für die Verlage sogar ein zusätzlicher Gewinn, weil der komplette Vertrieb wegfällt, die Umweltbelastung geringer ist, keine Druckkosten anfallen usw. Denn es ist gar nicht so entscheidend, ob eine Zeitung gedruckt oder digital ausgeliefert wird – wichtig ist, dass die Menschen dafür zahlen. Mit Sicherheit spielt auch die Altersstruktur eine Rolle, insbesondere bei Tageszeitungen, außerdem ist oft die Zustellung schlechter geworden – darüber ärgern sich die Leute. Vielleicht ist aber auch ein weiteres Motiv, dass es eine wachsende Entfremdung gibt zwischen denen, die heute die Medien machen, und denen, die sie nutzen sollen. Ich bin mir nicht sicher, ob diese beiden Gruppen sich noch besonders nahe stehen. Und vielleicht ist das auch ein Grund, warum sich viele angestammte Leser nicht mehr bei den klassischen Medien zu Hause fühlen. Das ist allerdings eine reine Hypothese.

Kann man diesen Graben überwinden?

Giovanni di Lorenzo: Ja, das geht. Medien fahren gut damit, wenn sie sich einen gewissen Pluralismus der Meinungen erhalten. Das heißt aber nicht, dass man jeden zu Wort kommen lassen muss! Das wäre komplett irre. Deswegen machen wir das auch bei der ZEIT nicht. Es gibt gewisse Kreise, die bei uns keine Plattform bekommen. Es sei denn, wir berichten über diese Menschen – zum Beispiel in Form einer Reportage. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat da einen etwas anderen Auftrag, die können nach einer Landtagswahl keine Partei einfach aussparen. Wir müssen aber zum Beispiel keine Interviews mit AfD-Politikern machen. 

Ist das eine Ihrer Leitlinien?

Giovanni di Lorenzo: Nein, aber wir haben schon sehr lange kein solches Interview mehr gemacht. Wir geben auch keinem Menschen eine Plattform, der die Verbrechen der Vergangenheit verharmlost. Wir geben Extremisten keine Plattform, wir geben Leugnern des Klimawandels keine Plattform. All diese Themen kommen vor, aber die Akteure sollten bei uns keine Gelegenheit zur Selbstdarstellung bekommen.

Nun gibt es auch innerhalb der Gesellschaft einige Gräben, die es zu überwinden gilt. Kann Journalismus einen Beitrag dazu leisten?

Giovanni di Lorenzo: Im Moment sieht es nicht so aus, aber es wäre wünschenswert. Die vielen Menschen, die nicht ständig von den Rändern hineinbrüllen, brauchen auch Plattformen. Sie brauchen Medien, mit denen sie sich identifizieren können. Die politische Mitte ist riesengroß, aber sie ist nicht besonders präsent. Ich glaube, die meisten Menschen in Deutschland sind ganz vernünftig. Der Diskurs wird aber eher von den radikaleren Stimmen beherrscht, und das sorgt für eine große Verzerrung in der Wahrnehmung. 

Wie kann man als Medium dagegenhalten?

Giovanni di Lorenzo: Man kann guten Journalismus machen. Immer in der großen Hoffnung, den Menschen Instrumente an die Hand zu geben, damit sie sich eine eigene Meinung bilden können. Sie wollen nicht von uns indoktriniert werden. 

Ist es vor diesem Hintergrund wichtig, dass es auch Zeitungen wie die BILD gibt, die nicht unbedingt dafür bekannt ist, besonders sachlich und neutral zu berichten? 

Giovanni di Lorenzo: Dass es Boulevardzeitungen gibt, ist auf jeden Fall wichtig. Jede Gesellschaft braucht auch Ventile. Was hier allerdings in den vergangenen Monaten häufig stattgefunden hat, die Delegitimierung jeglicher institutioneller Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie – das ist gefährlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, um es vorsichtig zu formulieren. 

Um als Medium nicht zu einseitig zu berichten, müssen die Redaktionen divers besetzt sein. Ist das Ihrer Meinung nach der Fall?

Giovanni di Lorenzo: Ich finde die Forderung nach Diversität sehr wichtig – und ich meine sie ausdrücklich auch weltanschaulich und im Hinblick auf soziale Herkunft und Sozialisation der Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen. Sonst wird es schwer, die Lebenswelt aller Leserinnen und Leser zu erspüren. 

Anne Herder hat Giovanni di Lorenzo in der ZEIT-Redaktion in Hamburg getroffen. (Foto: honorarfrei)

Finden Sie in dieser Hinsicht das neue Kabinett zufriedenstellend?

Giovanni di Lorenzo: Erstmal ist es ja neu, dass das Bundeskabinett hälftig aus Frauen und Männern besteht. Und ich finde es auch ein interessantes Experiment, dass es sich um drei unterschiedliche Parteien handelt. Aber wenn man sich die Lebensläufe anschaut, fehlt eine Figur, mit der sich der normale Mensch auf der Straße identifizieren kann. Jemand, der so redet, so schwitzt, sich so aufregt wie er – den gibt es schon seit ziemlich langer Zeit nicht mehr in der Bundespolitik. Schröder war vielleicht der letzte dieser Art. Manchmal finden sich auch auf der Landesebene noch solche Politiker. Einen, den wir auch gerade in der ZEIT porträtiert haben, ist Karl-Josef Laumann aus Nordrhein-Westfalen, der dortige aktuelle Gesundheitsminister. Der geht immer noch in seine Stammkneipe, hält Tiere, stammt aus einem Landwirtschaftsbetrieb. Wenn so jemand Kritik an der Tierhaltung, an unseren Ernährungsgewohnheiten oder an der Ausbeutung der dritten Welt übt, hat das eine ganz andere Glaubwürdigkeit und Wirkung. 

Das Reizthema „Gendern“ ist auch etwas, mit dem sich die wenigsten Menschen wirklich identifizieren können. Sie haben sich in der ZEIT gegen Sternchen oder Doppelpunkt entschieden, nennen aber bewusst auch oft die weibliche Form. Eine Art Kompromiss also. Gibt es diese Diskussionen eigentlich auch in anderen Ländern?

Giovanni di Lorenzo: In Italien gibt es die überhaupt nicht. Vielleicht haben die Italienerinnen und Italiener noch ganz andere Sorgen. In manchen anderen Ländern wird die Diskussion dagegen richtig vergiftet geführt. In Frankreich zum Beispiel, wo es auch um explizite Verbote geht. Das haben wir hier glücklicherweise nicht und wir sollten zusehen, dass es nicht so weit kommt.

Wo wir gerade beim Vergleich mit anderen Ländern sind: Wie nehmen Sie die Presselandschaft in anderen Ländern wahr – beispielsweise in Italien?

Giovanni di Lorenzo: In Deutschland sind wir privilegiert. Wir haben eine sehr vielfältige Medienlandschaft, wo der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit all seinen Kanälen insgesamt unglaublich viele Nutzerinnen und Nutzer erreicht. In Italien sind die Auflagen der gedruckten Erzeugnisse so dramatisch zurückgegangen in den letzten Jahren, wie man es sich nicht einmal in den schlimmsten Albträumen hätte vorstellen können. Das liegt einerseits an den Faktoren, die wir vorhin auch für Deutschland schon besprochen haben, andererseits aber auch daran, dass italienische Zeitungen der Versuchung erlegen sind, selber Politik zu machen. Das ist das Problem, denn die Wirkung, die ein Medium hat, kommt auch aus seiner Unabhängigkeit. Unabhängigkeit von Anzeigenkunden, von Politikern, von jeder Form von institutioneller Macht. In dieser Hinsicht ist Deutschland weltweit eines der privilegiertesten Länder. 

Wie schwer ist es, diese Unabhängigkeit zu bewahren?

Giovanni di Lorenzo: Der Druck auf die Medien kommt heute einerseits von Verlegern, die ihre Redaktionen zu immer neuen Sparrunden animieren, und andererseits auch von Fake News. Und er kommt aus der Gesellschaft, in Form von Shitstorms oder Kampagnen. Er kommt aber so gut wie gar nicht mehr von der Politik. Das habe ich früher noch anders erlebt. Ich habe Jugendfernsehen für den Bayerischen Rundfunk gemacht, da waren wir mit unserer Sendung sogar Thema im Kabinett, und es gab einen Landesminister, der gefordert hat, den „Sauladen“ dicht zu machen. Früher gehörte es auch für mich zum Alltag, ab und zu einen brüllenden Spitzenpolitiker in der Leitung zu haben – oder er stand sogar hier in der Tür.

So heftig war das? Das habe ich nicht erwartet.

Giovanni di Lorenzo: Ja. Und man war sogar relativ stolz, wenn man solche Reaktionen erlebte und ihnen trotzte. Der Druck, der jetzt durch Shitstorms entsteht, ist allerdings wirkungsvoller als ein schreiender Innenminister. 

Und trotzdem wird aus bestimmten Kreisen gerade in den letzten Jahren der Verdacht lauter, dass alle großen Medien politisch gesteuert seien.

Giovanni di Lorenzo: Dieser Vorwurf ist besonders absurd! Jeder, der auch nur ein eintägiges Praktikum in einer Redaktion machen würde, wüsste das besser.

Lassen Sie uns zum Abschluss einen Blick nach vorne werfen: Wenn Sie die Zeit hätten, welches Thema, welche Recherche würden Sie gerne selbst angehen?

Giovanni di Lorenzo: Wenn ich könnte, würde ich wahnsinnig gerne die olympischen Winterspiele in Peking begleiten – die sind spannend in jeglicher Hinsicht, vor allem aber politisch. Und ich würde gerne eine Reihe von Menschen interviewen, zu denen es teilweise auch schon Kontakte gibt, aber es bisher wegen der Pandemie nicht geklappt hat. 

Verraten Sie, wer das ist?

Giovanni di Lorenzo: Einer davon ist der großartige Dirigent Riccardo Muti, der andere ist Wladimir Putin, der schon lange auf meiner Wunschliste steht. Aber auch das würde sicher für manchen eine Enttäuschung werden. Denn ich kann dem russischen Präsidenten in einem solchen Interview ja nicht ständig nur vorwerfen, dass er was Falsches sagt. Man muss sich entscheiden: Führt man ein Gespräch, bei dem der andere seine verquere Sicht auf die Welt vorführen kann? Dadurch erfährt man immerhin auch einiges über ihn. Oder soll es darum gehen, die eigene Sicht darzustellen? Dann muss man aber eigentlich gar nicht erst zum Gespräch fahren. Das Wichtigste ist, gut vorbereitet zu sein. Dann würde ich wahrscheinlich auch den Teufel interviewen, wenn es ihn denn gäbe.

Vielen Dank, Herr di Lorenzo.