Steckbrief: Nadeshda Brennicke
Geboren am 21. April 1973 in Freiburg als Nadja Theresa Richter
1991: Hauptrolle in der deutschen Kinokomödie „Manta – Der Film“
1992: Gemeinsam mit Jennifer Wippich bildete sie das Gesangsduo „Charade“
1995-2000: Ermittlerin Tessa Norman in der Serie „Die Straßen von Berlin“
2013: Auszeichnung als beste Schauspielerin für ihre Rolle in „Banklady“ bei dem Chicago International Film Festival
Nadeshda Brennicke ist auch als Sängerin und Autorin aktiv
Ihr neuster Fernsehfilm „Schneewittchen und der Zauber der Zwerge“ wird am Dienstag, 24. Dezember, um 15.05 Uhr, im ZDF ausgestrahlt. Der Film erhielt bei dem San Diego International Kids Film Festival die Auszeichnung „Best Feature Film“.


Sie sind viel unterwegs, geben Interviews und sind an verschiedenen Drehorten. Empfinden Sie das noch als stressig?

Nadeshda Brennicke: Ich muss schon sagen, dass ich es heute nicht mehr so leicht wegstecke wie mit Anfang 20. Da ist man noch sehr abenteuerlustig und alles ist aufregend. Das verändert sich schon mit der Zeit. Ich bin ein Mensch der sich den Ausgleich in der Natur sucht. Ich brauche viel Zeit für mich; ich suche oft die Stille und genieße die Zeit mit meinen Tieren, gehe viel wandern und laufen. Ich nehme mir die Zeit so bewusst, dass ich mich auf stressigere Tage wieder freuen kann. Die Gegensätzlichkeit ist es letztendlich, was uns anzieht im Leben. Niemand mag immer nur die eine Farbe oder nur die eine Speise – es muss verschiedene Seiten geben, dann kann man es auch genießen. All diese Abwechslung haben zu können, das ist ein wahnsinniger Luxus in meinem Beruf. Man kann in den absoluten Stress eintauchen, hat dann aber auch seine Ruhezeiten. Ich habe oft erlebt, dass viele Kollegen den Fehler machen und wirklich alles an Angeboten annehmen. Ein Mega-Projekt nach dem anderen – vielleicht aus Angst, dass sonst keine Aufträge mehr kommen? Irgendwann ist man dann aber wirklich ausgebrannt. Ich finde, das ist keine Karriere der Welt wert.

Naturverbundenheit und Tierliebe sind etwas, was Sie sehr auszeichnet. Waren Sie schon immer ein Naturmensch?

Nadeshda Brennicke: Ja, tatsächlich war ich das schon immer. Ich habe immer schon die Stille mit mir und der Natur genossen, mit Bäumen gequatscht und auch der erste Hund, den wir hatten, der war für mich das Allerwichtigste. Der musste unter meinem Bett schlafen und hat alle bösen Geister von mir ferngehalten (lacht). Ich hatte immer Angst, wenn mein Hund nicht in der Nähe war, vor allem wenn es dunkel wurde. Ich bin ein Mensch mit lebhafter Phantasie (lacht). Ich hatte immer das Gefühl, wenn mein Hund da war, dann traut sich nichts Böses an mich heran. Meinen Hang zur Fabel- und Phantasiewelt, den habe ich mir nie nehmen lassen. Das wäre auch schade gewesen, denn was in deiner eigenen Phantasie stattfindet, das kann dir keiner wegnehmen. Es ist auch ein schöner Ausgleich zu dem Alltag und der wahrhaftigen Welt da draußen. Deswegen finde ich es wichtig, dass man sich seine romantische und empfindsame Seite erhält und beschützt. Man sollte öfter Dinge machen, die dem Körper und der Seele guttun, und das ist für mich der Aufenthalt in der Natur. Wir sind Naturwesen! Nur leider kommen wir immer mehr davon ab und werden sogar darauf getrimmt, dass wir den Anschluss zur Natur verlieren. Darüber sollte man wirklich mal nachdenken, auch warum das von einigen Personen so gefordert wird. Wir müssen infrage stellen, warum wir das für uns und unsere Kinder mitmachen wollen – das ist mir ein wichtiger Gedanke.

In der Pfalz haben wir auch eine ausgesprochen schöne Naturlandschaft. Waren Sie schon einmal in der Pfalz?

Nadeshda Brennicke: Ich fürchte nein (lacht). Außer Sie geben mir mal ein paar Beispiele besonders schöner Sehenswürdigkeiten, vielleicht fällt es mir dann wieder ein (lacht). Ich bin ja geboren in Freiburg und deswegen habe ich viel vom Schwarzwald gesehen. Ich weiß es von der Pfalz leider nicht, aber Baden-Württemberg und der Schwarzwald sind für mich ein sehr mystisches Land. Freiburg hatte in der Vergangenheit tatsächlich die schlimmsten und meisten Hexenverbrennungen. Außerdem haben wir den „Hirschen“, kennen Sie den?

Ich fürchte nein…

Nadeshda Brennicke: Ich erzähle es gerne mal kurz. Die Geschichte vom Hirsch ist mit einem Felsen verbunden, dem „Hirschsprung“. Es gibt die Legende, dass ein Jäger den Hirsch gehetzt hat und das Tier dann einen riesigen Sprung über die Schlucht zwischen den Felsen gemacht hat und so entkommen ist. Deswegen ist die Figur des „Hirschen“ in der Region noch viel vertreten. Als Kind war ich davon sehr fasziniert und bis heute mag ich mystische Geschichten. Beispielsweise habe ich bei meinen Dreharbeiten zu „Schneewittchen und der Zauber der sieben Zwerge“ die Sächsische Schweiz neu entdeckt. Ich war zwar schon einmal dort, aber nun ist mir bewusst geworden, was es dort für eindrückliche Felsformationen gibt. Einfach nur unglaublich! Man spürt einfach, dass da große Geheimnisse anwesend sind, denen wir uns noch gar nicht bewusst sind. Solche Kraftplätze suche ich auch immer in Urlauben. Ich war am Machu Picchu, ich war in Pumapunku… Das liegt in Bolivien und ist eine der ältesten antiken Städte, die es gibt. Die Stadt soll zehntausende Jahre alt sein, was natürlich dem Gedanken widerspricht, dass wir da alle noch im Urwald waren. Wenn man sich das anschaut, fragt man sich, was da für Kräfte gewirkt haben müssen. Es ist wirklich faszinierend.

Es klingt auf jeden Fall so. Es gibt so viele Ecken auf der Welt, die man mal gesehen haben muss. Die Pfalz kann ich da auch sehr empfehlen (lacht). Wir haben auch tolle Geschichten, Sagen und Mysterien.

Nadeshda Brennicke: Ach ehrlich? (lacht). Erzählen Sie mir unbedingt davon! Gibt es nicht die Loreley oder sowas?

Ja, genau, zum Beispiel! Oder auch den Teufelstisch oder den Jungfernsprung…

Nadeshda Brennicke: Ach, den Teufelstisch kenne ich sogar! Das klingt ja wirklich toll (lacht). Danke für die Empfehlung.

Das Thema passt hervorragend zu Ihrem neuen Fernsehfilm, der an Weihnachten ausgestrahlt wird. Sie hatten „Schneewittchen und den Zauber der sieben Zwerge“ bereits angesprochen – Sie haben die böse Königin gespielt. Wie stehen Sie im Allgemeinen zu Märchen? Es wird ja viel diskutiert, ob diese noch kindgerecht sind…

Nadeshda Brennicke: Ich finde Märchen ganz toll, wenn sie auch das vermitteln, was die Gebrüder Grimm damit eigentlich bezwecken wollten. Märchen sind aber kein Vorschulprogramm! Ich interessiere mich für Märchen, wenn ich sie auch als Erwachsener sehen kann, das heißt, für mich darf es ruhig noch düsterer sein und in eine Game of Thrones-Richtung gehen. Das finde ich fantastisch! Ich möchte auch als Erwachsener noch in so eine Welt entführt werden und ich kann mich weniger für diese realistischen deutschen Kunstfilme begeistern. Ich muss nicht mit einem Alltag konfrontiert werden, den ich ohnehin ständig vor der Nase habe. Ich finde: Filme, Erzählungen und auch gerade das Animationskino können uns das Besondere bieten. Wir können mit visuellen Effekten in andere Welten entführt werden, die wir uns bisher kaum vorstellen konnten. Deswegen finde ich Märchenverfilmungen auch sehr zeitgemäß und ich würde gerne mehr Märchen sehen. Was mir aber nicht gefällt, ist beispielsweise, wenn Hänsel und Gretel als Horrorfilm herauskommen. Horrorfilme interessieren mich nicht, aber in einer Richtung wie bei Game of Thrones – nicht so staubtrocken und eher modern erzählt – würde ich gerne noch mehr in Märchen eintauchen.

Stefanie Müller im Gespräch mit Nadeshda Brennicke. (Foto: privat)

Wenn das Düstere Sie interessiert, dann hat Ihre Rolle der bösen Königin Ihnen sicher gefallen? Viele finden den Bösewicht in einem Film ja am spannendsten, geht das Ihnen auch so?

Nadeshda Brennicke: Der Bösewicht macht häufig am meisten Spaß (lacht). Beim Zuschauen und auch beim Spielen. Man kann sich ganz andere Dinge einfallen lassen, die man sonst gar nicht unterbringen könnte. Das liebe Unschuldsmädchen vom Lande zu spielen, ist häufig weniger tiefgründig und hat weniger Facetten. Bei dem Bösewicht darf und muss so vieles unter der Oberfläche liegen, wenn man den Zuschauer nicht langweilen will. Auch solche Rollen müssen immer wieder neu erfunden werden, sonst ist es einfach ein 08/15-Bösewicht. Es gab ja schon wahnsinnig viele und großartige Antagonisten (Gegenspieler) in der Filmgeschichte, aber mir macht es unglaublichen Spaß, das alles auszuprobieren. Generell schlüpfe ich gerne in Rollen, die mit meiner Persönlichkeit nichts zu tun haben. Auch spiele ich gerne Menschen, die im realen Leben gesellschaftlich häufig erst mal in eine Schublade gesteckt werden. Wenn ich es dann schaffe, in ein paar wenigen Augenblicken den Zuschauer erkennen zu lassen, dass dieses Verurteilen doch nicht so einfach sein sollte, dann wird es besonders interessant für mich. Man sollte Menschen nicht so schnell abhaken. Und das alles kann man beim Spiel des Bösewichts leichter durchschimmern lassen.

Sie haben schon unglaublich viele Serien, Fernseh- und Kino-Filme gedreht. Ich wollte in meiner Vorbereitung alle zusammenzählen, bin aber daran gescheitert. Wissen Sie noch, wie viele Produktionen es insgesamt waren?

Nadeshda Brennicke: (Lacht) Ohje, nein, ich kann es auch nicht sagen. Ich glaube, ich habe bei 70 Fernsehproduktionen aufgehört zu zählen. Ich weiß nur, dass ich schon seit 27 Jahren dabei bin. Es waren natürlich nicht immer Hauptrollen, sondern auch viele Nebenrollen. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass ich dafür wahnsinnig dankbar bin. Wenn man jung ist, dann wünscht man sich immer ganz vorne und ganz oben zu sein. Das Augenmerk sollte aber nie zu sehr nur auf einer Sache haften, so kann man sich auch mal kleine Fehler erlauben und sich selbst den Druck nehmen. Man hat immer die Chance, sich selbst auch neu zu erfinden. Ich konnte mit der Arbeit mein Kind, mein Heim und meine Hobbys finanzieren und ich weiß, dass das schon ein Luxus ist. Ich habe mit vielen verschiedenen Menschen gearbeitet, habe viel gesehen und habe mich trotzdem nie für die Arbeit verbrennen müssen. Das ist ein schönes Gefühl.

Sie klingen sehr dankbar, wenn Sie das alles sagen und es sind wirklich schöne Gedanken. Gibt es auch etwas, worauf Sie sich jetzt besonders im Winter freuen?

Nadeshda Brennicke: Oh, ja! Ich bin jetzt tatsächlich wieder für eine Weile nach Bayern gekommen und habe gemerkt, wie sehr mir die Berge gefehlt haben! Ich bin ein Snowboarder der ersten Stunde und habe das viel zu lange nicht mehr gemacht. Ich freue mich jetzt schon wahnsinnig, mit meinen pinken Haaren (lacht) auf der Piste aufzukreuzen und herauszufinden, wie gut ich noch fahren kann. (stm)