Die Meteorologin und Fernsehmoderatorin Katja Horneffer im ZDF-Studio. (Foto: Torsten Silz/ZDF)

Steckbrief: Dr. Katja Horneffer

  • Meteorologin, ZDF-Wettermoderatorin
  • Geboren: 13. August 1968 in
    Göttingen
  • 1987 bis 1993: Studium der Meteorologie in Bonn; Abschluss: Diplom 
  • 1993 bis 1996: Promotionsstudiengang Meteorologie in Hamburg; Abschluss: Dr. rer. nat.; daneben: freie Mitarbeit in der Wetterredaktion des ZDF
  • seit 1998:  Wetterredaktion beim ZDF; Moderation der Wetterberichte in verschiedenen Sendungen des ZDF 
  • seit 2007: Einsatz in den 19-Uhr-heute-Nachrichten und im heute-journal
  • seit Januar 2020: Leiterin des Wetterteams im ZDF

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Dieses Jahr gab es gefühlt keinen Sommer in Deutschland – wir kommen einfach nicht aus den Tiefdruckwirbeln raus – können Sie in einer Kurzversion erklären, warum das dieses Jahr so ist?

Katja Horneffer: Wir haben dieses Jahr eine komplett andere Wetterlage als in den drei Jahren zuvor. Ich würde aber nicht sagen, dass wir gefühlt keinen Sommer haben. Das, was wir in diesem Jahr erleben, ist an sich eher das, was für Mitteleuropa typisch ist. Im mitteleuropäischen Sommer ist eigentlich typisch, dass die Tiefs in rascher Folge über uns hinwegziehen. Das bedeutet, dass es auch mal sehr wechselhaft ist, zwischendurch aber auch ein paar schöne Tage gibt, wie vor allem im Juni aber auch im August war es immer mal wieder am Wochenende schön warm. Es ist also keineswegs so, dass der Sommer komplett ausgefallen ist. Was wir in den vergangenen Jahren hatten, war eine extreme trockene und dürre Wetterlage, die mit einem stabilen Hoch einherging, das sich lange über uns gehalten hat. Das ist eigentlich für uns als Menschen aber auch für die Natur, für Pflanzen und Tiere, viel, viel gefährlicher, weil diese Trockenheit und Dürre nicht das ist, was für unser Klima angemessen ist. Sie erinnern sich vielleicht an letztes Jahr oder die Jahre zuvor, da waren schon im Juli die Bäume braun, einfach weil sie einen so großen Trockenstress hatten. Das beobachten wir in diesem Sommer 2021 nicht, da war Mitte August noch alles schön grün, erst ganz langsam gibt es erste Laubverfärbungen. Für die Natur ist dieser Sommer an sich ein Segen.

Was kommt im Hinblick auf den Klimawandel speziell auf Rheinland-Pfalz in den kommenden Jahren noch zu?

Katja Horneffer: Wir werden uns auf jeden Fall auf extremere Wetterlagen in kürzerer Folge einstellen müssen. Das ist das, was alle Klimamodelle vorhersagen. Ein Extrem war in diesem Sommer dieses schreckliche Hochwasser an der Ahr oder auch in anderen Regionen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – solche Ereignisse werden uns häufiger heimsuchen. Als Faustregel können wir sagen, dass ein Extremereignis kein Jahrhundertereignis mehr sein wird, sondern ein Jahrzehntereignis. Die Wiederkehrzeit, also wie schnell solche extremen Wetterlagen aufeinander folgen, wird immer kürzer. Das ist ganz eindeutig zu erklären durch den Klimawandel. Dadurch, dass es wärmer wird, steht der Atmosphäre mehr Energie zur Verfügung und Energie bedeutet zum einen Wärme, zum anderen auch erhöhte Feuchtigkeit, die die Atmosphäre aufnehmen kann – und diese Feuchtigkeit muss irgendwie raus. Deswegen bekommen wir größere Starkregenereignisse. Wir haben auch vielleicht häufiger mit größeren Hagelkörnern zu tun und insgesamt wird die Dynamik der Atmosphäre angeregt – dadurch, dass wir höhere Temperaturen haben.

Ist der Klimawandel überhaupt noch zu stoppen?

Katja Horneffer: Wir haben noch die Möglichkeit, das Schlimmste abzuwenden. Sie müssen sich vorstellen, dass das, was wir jetzt tun, sich in der Atmosphäre erst in 30 Jahren bemerkbar macht. Auch wenn wir jetzt sofort alle Autos stehen lassen und nur noch E-Autos fahren, wenn wir sofort auf das Fliegen verzichten, wenn wir sofort alle Kohlekraftwerke stilllegen, braucht es 30 Jahre, bis sich das wirklich positiv auswirkt. Wenn wir das aber lassen, dann schaffen wir nicht einmal die zwei Grad oder die 2,5 Grad, sondern dann landen wir vielleicht bei 4 oder 5 Grad globale Temperaturerhöhung. Und was dann mit unserem Klima passiert, weiß kein Mensch. Das heißt, meine Empfehlung wäre immer, so viel wie möglich und so rasch wie möglich tun, damit wir das Schlimmste abwehren können.

Sie moderieren das Wetter u. a. nach den heute-Nachrichten – haben Sie die Wetterentwicklungen kurz nach der Hochwasserkatastrophe intensiver beobachtet?

Katja Horneffer: Wir haben erst einmal sehr stark die Wetterentwicklung davor beobachtet. Fast eine Woche vor dem Ereignis war absehbar, dass etwas ganz Entscheidendes passiert, dass es Regenmengen auf engem Raum geben wird, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht hatten. Unsere Aufgabe ist ja die Vorhersage. Das heißt, wenn ein Ereignis passiert ist, dann ist es die Sache der Nachrichten, darüber zu berichten. Ich verstehe Ihre Frage so, ob wir danach ein stärkeres Augenmerk auf diese Regionen hatten. Bei der Prognose haben wir ganz Deutschland im Blick, bei den betroffenen Regionen war wichtig, vorherzusagen, ob noch neuer Regen kommen wird oder ob sonst ein Wetterereignis die Aufräumarbeiten behindern könnte.

Sie haben die Regenmengen kommen sehen und sie vorhergesagt, dann kam der Regen und hat ganze Dörfer überschwemmt – trotz der Vorhersage, wurde nicht oder zu wenig gehandelt. Was macht das mit einem?

Katja Horneffer: Ich möchte in diesem Zusammenhang den Fokus noch auf andere Ereignisse richten z.B. Stürme. Wenn wir wissen, dass ein großer Wintersturm kommt und er in einem großen Gebiet reihenweise Bäume umlegen wird, dann ist die Bahn inzwischen so weit, dass sie den Fernverkehr einstellt. Wenn der Fernverkehr dann eingestellt ist und alle Menschen ihre Reisepläne verändern, dann passiert natürlich gar nicht so viel. Dann kippen nach wie vor die Bäume um, aber die Bahn hat die Möglichkeit, die Bäume wieder von den Gleisen wegzuräumen und hinterher müssen wir gegebenenfalls Kritik entgegennehmen, es sei doch gar nicht so schlimm gewesen. Und warum war es nicht so schlimm? Weil rechtzeitig gewarnt wurde und weil rechtzeitig reagiert wurde. In dem speziellen Fall, was das Hochwasser angeht, da sind wir Meteorologinnen und Meteorologen nur dafür verantwortlich zu sagen, was an Regen runterkommt. Und da haben wir schon Tage vorher gesagt, dass es bis zu 200 Liter pro Quadratmeter werden.

Was dann ja auch eintraf …

Katja Horneffer; Was dann aber lokal passiert, können wir nicht mehr sagen. Das ist dann die Sache der Hydrologie.  Hydrologinnen und Hydrologen wissen, wo es enge Täler gibt und können einschätzen, was in diesen Tälern passieren könnte, wenn es 200 Liter pro Quadratmeter regnet. Dann hängt das auch davon ab, ob der Boden zu dem Zeitpunkt gesättigt ist oder noch Wasser aufnehmen kann, und wie sehen die Flussläufe aus? Sind die vielleicht begradigt worden, sucht sich der Fluss sein ehemaliges Flussbett zurück oder hat der Fluss schon vor dem Regenereignis einen besonders hohen Wasserstand? Auch die Bodenbeschaffenheit oder die landwirtschaftliche Nutzung um die Täler herum hat Einfluss, genau wie der Bewuchs. All diese Dinge wissen wir Meteorologinnen und Meteorologen nicht. Insofern ist es ein banges Warten und ein banges Blicken darauf, ob alles Nötige getan wird, damit sich die Menschen in Sicherheit bringen können – und nehmen diese die Warnungen, die wir schon eine Woche zuvor ausgesprochen haben, ernst.

Sie haben Meteorologie in Bonn studiert, mit Diplom abgeschlossen und noch promoviert – wollten Sie schon immer Meteorologin werden?

Katja Horneffer: Ja, dazu gibt es eine kuriose Geschichte. Ich habe als Jugendliche mal ein Buch gelesen und in dem Buch ging es um Radiosonden-Aufstiege. Damit werden Wetterparameter in der Atmosphäre gemessen. Und diese Radiosonden-Aufstiege werden mit bunten Luftballons durchgeführt. Als ich das gelesen hatte, dachte ich mir: Mensch, das ist doch eine tolle Sache, in seinem Beruf „nichts weiter“ zu tun zu haben, als Luftballons steigen zu lassen (lacht). Das war natürlich eine recht kindliche Ansicht, aber als ich dann irgendwann mein Abitur hatte und mich fragte, was ich machen sollte, kam ich auf den Gedanken, dass das wirklich etwas für mich sein könnte. Ich war schon immer naturwissenschaftlich interessiert. Als Kind war ich in den Ferien oft in den Alpen und da haben mich Gewitter immer fasziniert und auch Regenbogen fand ich toll. Ich bin aber keine von den Meteorologinnen und Meteorologen, die schon mit fünf Jahren ihre eigene Wetterstation hatten und akribisch das Wetter dokumentiert haben. Mich hat eher diese Luftballon-Laune weitergetragen (lacht).

Wie sind Sie dann zum Fernsehen gekommen?

Katja Horneffer: Da wollte ich eigentlich gar nicht hin. Mich hat u. a. die Laderaum-Klimatologie interessiert. Nehmen wir mal an, Bananen werden von xy nach z verschifft und die sind nun verdorben. Und es muss dann hinterher herausgefunden werden, warum die Früchte verdorben sind – waren die Türen des Laderaums vielleicht nicht richtig dicht – sprich, was ist klimatologisch in diesem Laderaum passiert, dass die Bananen an ihrem Zielort verdorben sind. So etwas fand ich total spannend. Wenn jemand zu mir sagte, du willst wohl zum Fernsehen, da habe ich immer geantwortet: Nein, auf gar keinen Fall will ich zum Fernsehen! Dann ergab es sich aber doch, dass ich neben meiner Promotion beim Fernsehen arbeiten konnte. Das hat mir gut gefallen. Während meiner Promotion habe ich programmiert und daher oft stunden-, ja tagelang nach Programmierfehlern gesucht. Am Ende meiner Promotion habe ich mich gefragt, ob es das ist, was ich mein Leben lang machen möchte – als Forscherin Programmierfehler suchen. Da ich nebenher schon ein bisschen Fernsehen gemacht habe, startete ich den Versuch in der Medien-Meteorologie Fuß zu fassen. Ich stellte fest, dass die Wettervorhersage, die Synoptik, als klitzekleiner Teil der Meteorologie, besonders spannend ist. Ich vergleiche das immer gerne mit einem Kriminalfall: Sie kommen morgens in den Sender und wissen noch gar nichts, weil Sie drei Tage lang freihatten, machen Ihre Vorhersage und am nächsten Tag ziehen Sie Bilanz, Kriminalfall gelöst oder nicht, stimmt meine Prognose oder eben nicht – und das ist wirklich aufregend. Und auch wenn ich mal danebenliege, geht es wieder von vorne los, neuer Tag, neues Glück. Da kommt keine Routine auf.

Welches ist denn Ihr Lieblingswetter?

Katja Horneffer: (Lacht) Ich weiß nicht, ob ich das so sagen darf, aber ich mag es gerne sehr sonnig und sehr warm. Ich fange eigentlich erst an zu leben bei über 30 Grad.