Wartezimmer-Romantik

Mahlzeit! Die Pfalz-Echo-Mittagspausen-Kolumne

Niemand sei gerne im Wartezimmer, meint Elli. (Foto: Freepik)

„Ich bin wieder da!“, flötet Paula gut gelaunt und positioniert sich mit einer beeindruckenden Superhelden-Pose in der Tür der Büro-Küche. „Ach, wie schön“, freut sich Elli, „du scheinst ja wieder richtig fit zu sein! Hast deine Erkältung also inzwischen überwunden? Wie geht’s dir?“

„Sieht man doch“, schaltet sich Günther ein, „sie isst ja schon wieder fleißig wie ein Mähdrescher. Also wieder ganz die Alte. Schmeckt’s?“ „Wunderbar!“, schmatzt Paula glücklich und greift bereits zum dritten Schokoladen-Keks aus der Süßigkeiten-Ecke. „Wenn man gesund ist, schmeckt alles besser. Ich sag’s euch: Krank zuhause sein ist wirklich nicht schön. Ich wäre viel lieber im Büro gewesen, ehrlich! Am schlimmsten finde ich immer den Gang zum Arzt, wenn man im Wartezimmer sitzt und weiß ‚Jetzt ist alles aus und ich bin wirklich krank‘. Es geht einem also schon schlecht und man muss gemeinsam mit anderen Leidenden auf die Begutachtung durch den Mediziner warten.“
„Natürlich ist niemand gerne im Wartezimmer beim Arzt, aber ich finde es noch recht interessant, auf was für Menschen man trifft“, überlegt Elli. „Da gibt es die stillen Leidenden, die versuchen nicht aufzufallen, mucksmäuschenstill ihre Zeitschrift lesen oder aufs Handy schauen und sich wohl unsichtbar machen wollen. Denen wird der Kopf ganz rot, weil sie versuchen ihr husten zu unterdrücken.“

„Stimmt“, fängt Günther an zu lachen, „doch es gibt auch genau das Gegenteil. Menschen, die permanent seufzen, schniefen, stöhnen und ihr Leid unter allen Umständen den Mitwartenden deutlich machen wollen. Ich gehöre wohl auch eher zu dieser Gruppe“, gibt er zu.

„Viele starren einfach nur mit leerem Blick und schniefender Nase vor sich hin und machen wohl gerade ihr Testament im Kopf“, kichert Paula. „Während andere fröhlich in die Gegend schauen, total fit aussehen und es so wirkt, als würden sie hobbymäßig in Wartezimmern sitzen. Die suchen dann häufig noch das Gespräch mit den blickleeren Zombies.“
„Naja“, meint Günther, „egal aus welchem Grund man im Wartezimmer sitzt, am Ende gilt doch immer der gleiche Grundsatz: Wer warten kann, hat viel mehr Zeit!“, will er weise die Diskussion abschließen, bevor er unerwartet das Gesicht verzieht und sein schallendes „Hatschi!“ den Pausenraum erfüllt. „Oh oh…“, stöhnt Günther leise. (stm)