Steckbrief: Dirk Borchardt

  • Geboren am 24. Februar 1969 in Berlin
  • Deutscher Schauspieler
  • Schauspielstudium an der Schule für Darstellende Künste Die Etage in Berlin
  • Arbeitete zunächst an verschiedenen Theatern
  • 1999 erster Kinoerfolg an der Seite von Hilmar Thate in „Wege in die Nacht“
  • Steht sowohl für Kino- als auch Fernsehproduktionen vor der Kamera
  • Mitglied des Kampfchoreographen-Teams „Nervous Service“

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Dirk Borchardt kämpft als Hauptkommissar Jochen Montag im Film „Die Jägerin – Nach eigenem Gesetz“ zusammen mit der engagierten Staatsanwältin Judith Schrader (Nadja Uhl) in Berlin gegen die organisierte Kriminalität. Nicht nur gegen eine Rockergang, sondern auch gegen Selbstjustiz in den Reihen der Polizei. Dem Stoff liegt – wie schon im Vorgängerfilm „Gegen die Angst“ (2019) – eine fundierte Recherche des Autors Robert Hummel zugrunde. Zu sehen ist der Film am Montag, 13. September, um 20.15 Uhr, im ZDF.

Sie spielen im Film „Die Jägerin – Nach eigenem Gesetz“ einen Kommissar. In der Rolle des Bösen gefallen Sie mir immer ein bisschen besser (lacht). Das Böse und Verschlagene nehme ich Ihnen zu 100 Prozent ab. Ist die Rolle des Kommissars eine Umstellung für Sie?

Dirk Borchardt: Nein, für mich ist das keine Umstellung, da ich die Figuren immer so bearbeite, wie ihr Bedürfnis ist. Entweder sie sind kriminell oder haben den Hang zur Gerechtigkeit. Das sind beides emotionale Vorgänge, die man durchaus spielen kann. Es ist also keine Umstellung. Sicherlich habe ich oft Bösewichte gespielt aber auch schon des öfteren Kommissare. Ich bin eigentlich auf beiden Seiten zuhause.

Nach dem Überfall auf einen Geldtransporter und der Geiselnahme einer jungen Frau müssen Judith (Nadja Uhl) und Jochen (Dirk Borchhardt) den Tatort besichtigen und die Fakten sortieren. (Foto: ZDF/Christoph Assmann)

Sie sind eben ein super „Bösewicht“. Das Böse nehme ich Ihnen absolut ab und es schaffen nicht so viele Schauspieler, diese Rollen so authentisch rüberzubringen.

Dirk Borchardt: Danke, das freut mich.

Schauen Sie sich die Produktionen im Nachgang nochmal an?

Dirk Borchardt: Ja, ich schaue sie mir schon an. Ganz selten kommt es mal vor, dass ich es nicht schaffe, sie anzuschauen. Ich muss doch sehen, ob es gut war, was ich da so gemacht habe. Und wenn nicht, werde ich versuchen, es beim nächsten Mal besser zu machen (lacht).

Ich habe auch schon ab und zu von Schauspielern gehört, dass es dem ein oder anderen schwer fällt, sich selbst zu sehen.

Dirk Borchhardt: Ja, das ist bei mir schon auch so. Es kommt immer darauf an, wie lang die Produktion her ist. Je länger, desto besser. Neulich habe ich zum Beispiel den Film „Wege in die Nacht“ von 1999 gesehen. Da war ich noch ganz jung. Das war nicht ich, das war irgend jemand anders (lacht). Je aktueller das Ganze ist, desto komischer ist es auf alle Fälle.

Sie haben auch bereits Regieerfahrung gemacht.

Dirk Borchhardt: Ja, in Kurzfilmformaten.

Ist es für Sie auch ein Thema, in dem Bereich der Regie eventuell mehr Fuß zu fassen?

Dirk Borchhardt: Im Moment habe ich nicht wirklich den Drang dazu. Derzeit habe ich keine großen Ambitionen, Regisseur zu werden.

Ist ein Schauspieler selbst nicht auch ein bisschen Regisseur bei einem Dreh?

Dirk Borchhardt: Das würde ich nicht sagen. Als Schauspieler arbeitet man ja mit dem Regisseur zusammen und aus der Meinung a und der Meinung b entsteht dann die Meinung c, das ist das, was wir dann spielen. Ich mache keine Regie, ich gebe mich hin (lacht). Ich stelle mich zur Verfügung, sage ich immer.

Wie gehen Sie dann damit um, wenn Sie das neu vorgelegte Drehbuch gut finden, außer einer Passage, bei der Sie Stehhaare bekommen. Sagen Sie da dann schon Ihre Meinung?

Dirk Borchhardt: Ja, das mache ich schon. Im Vorfeld bin ich da sehr kritisch und genau. Aber das geschieht im Vorfeld und nicht am Set, weil wir da zu wenig Zeit haben. Ich bin niemand, der am Set diskutiert. Ich möchte machen und vorab alles klären. So telefoniere ich vorher mit den Regisseuren und sage dann, was ich von dem Drehbuch halte und was meiner Meinung nach geändert werden muss. Meistens treffen wir uns vorher auch. Man kennt natürlich auch viele Regisseure und hat auch seine Stammregisseure, mit denen man oft arbeitet, die man sehr gut kennt – teilweise auch privat. Wir telefonieren dann auch ab und zu privat und tauschen uns aus, was wir überhaupt in dem Film wollen und uns so vorstellen.

Was ich auch sehr interessant finde, Sie machen auch Stuntkoordination.  

Dirk Borchhardt: Ja, das habe ich viel gemacht. Im Moment nicht mehr, eigentlich schon ein paar Jahre nicht mehr. Ich hatte mit einem Freund eine Stuntfirma, aber das ist schon länger her.

Machen Sie Stunts selbst?

Dirk Borchhardt: Ich habe früher viel selbst gemacht.

Und Ihre Knochen sind heil geblieben?

Dirk Borchhardt: Das ist ja das Ziel. Sich nicht selbst zu verletzen und trotzdem die Dinge zu tun – möglichst wenig Risiko mit möglichst viel Effekt. Natürlich muss man das trainieren und immer üben. Üben, üben, üben ist wie überall das „A und O“.

Jetzt muss ich Sie aus der Schublade des Bösewichts mal rausholen. So habe ich Sie zumindest bisher immer gesehen. Bei meiner Recherche habe ich entdeckt, dass Sie schon ganz viele andere Dinge gemacht haben, sei es Gesangsausbildung, Kampfchoreografie, Akrobatik und so weiter. Sie sind ja wahnsinnig vielseitig.

Dirk Borchhardt: Ich komme ja aus dem Theater und meine Idee war es, möglichst viele unterschiedliche Sachen zu machen. Darauf habe ich mit meiner Agentur zusammen ziemlich geachtet und hatte somit das große Glück, dass ich eigentlich schon fast alles spielen durfte.

Machen Sie auch noch Theater?

Dirk Borchhardt: Im Moment nicht.

War es für Sie ein großer Schritt vom Theater zum Film?

Dirk Borchhardt: Naja, irgendwie schon. Ich bin vom Theater weggegangen, weil ich einige Filmangebote hatte. Eine lange Zeit hatte ich aber noch Nebenjobs, um leben zu können. Das ging bestimmt so ca. sieben, acht Jahre, bis ich dann so viel gedreht habe, dass ich davon leben konnte. Insofern war es für mich ein großer Sprung, der aber Sinn gemacht hat und mir auch in dieser Zeit viel Spaß bereitet hat. Ich habe damals viel nachts in der Gastronomie gearbeitet.

Seit der Zeit der Pandemie ist die Auftragslage vermutlich auch reduzierter.

Dirk Borchhardt: Ich hatte das Glück, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen weiter arbeiten durfte. Meine Produktionen sind nur um ungefähr einen Monat verschoben worden und wir haben Pandemie-Dreh gemacht. Wir hatten extreme Auflagen, wurden jeden zweiten Tag getestet und es wurden vertraglich Kontaktsperren festgesetzt – ob man ausgehen darf und mit wem man sich treffen darf. Ich durfte fast alle Produktionen machen, die vertraglich bereits festgelegt waren. Ich konnte alles wahrnehmen und insofern war die Pandemie zumindest beruflich für mich nicht so ein großes Problem.

Die Art zudrehen ist dann doch anders, oder?

Dirk Borchhardt: Das kommt auf die Produktion an. Ich hatte eine Produktion, da hat immer jemand gemessen, ob auch wirklich der Mindestabstand von 1,5 Meter gegeben war. Das Team hatte aber auch im Vorfeld große Schwierigkeiten mit Corona. Es waren zwölf Personen des Teams positiv und somit nahmen sie alles natürlich sehr genau. Bei anderen Produktionen durften wir auch Liebesszenen oder sehr nahe Szenen drehen, wenn wir getestet waren. Dafür wurden auch PCR-Tests gemacht und dann haben wir die Szenen gedreht. Die Proben fanden mit Mundschutz statt, beim Dreh dann natürlich ohne (lacht). Wir hatten auch immer Corona-Beauftragte dabei und ich fühlte mich sehr sicher.

War der Wunsch, Schauspieler zu werden, bei Ihnen schon immer präsent?

Dirk Borchhardt: Ja, ich habe auch sehr früh mit dem Spielen angefangen. Mit 14 habe ich schon angefangen Theater zu spielen. Im Jugendheim Berlin Kreuzberg gab es damals eine Inszenierung, die hat das Jugendtheater Festival der Bundesrepublik Deutschland gewonnen. Wir durften dann auf der großen Bühne in Bochum spielen und seitdem hatte ich den Wunsch, Schauspieler zu werden.

Gab es auch einen Schauspieler, der Sie besonders inspiriert oder berührt hat?

Dirk Borchhardt: Ja, das waren lustigerweise eher weibliche Schauspielerinnen – Jodie Foster zum Beispiel. Die großen Helden der 80er und 90er wie Harvey Keitel. Aber auch Leute wie Charlie Chaplin und Buster Keaton, die immer große Slapstick-Nummern hatten. Das finde ich toll! Das ist großes Handwerk!

Über Buster Keaton habe ich in einer Biographie mal gelesen, was er damals alles auf sich genommen hat. Das ist schon Wahnsinn.

Dirk Borchhardt: Ja, oder auch Anthony Quinn. In seinem Film „Der Glöckner von Notre Dame“ hat er alle Stunts selbst gemacht. Er war ja eigentlich Zirkuskünstler. Das finde ich sehr beeindruckend.

Aber Sie machen ja auch selbst Stunts, was ich sehr mutig finde. Man muss sich dazu doch von der Wohlfühloase lösen.

Dirk Borchhardt: Ich finde Bewegung gehöht zum Beruf dazu. Gerade auch wenn man vom Theater kommt ist das doch toll. Tanztheater fand ich auch immer super.

Und Ihre Gesangsausbildung? Spielen Sie in einer Band oder singen Sie irgendwo?

Dirk Borchhardt: Ich singe in einem Chor – dem Kreuzberger Männerchor. Wir sind momentan 15 Männer und singen Lieder von Hoffnung, Widerstand und gegen das Vergessen.

Singen ist einfach schön, es befreit und tut gut.

Dirk Borchhardt: Das stimmt. Es macht sehr, sehr glücklich.